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Bernsteinregal — Berufs- und Betriebszählung
wie am ostpreußischen Ostseestrand, das Recht,
Bernstein zu gewinnen, dem Staate vorbehalten.
Im Gebiete des westpreußischen Provinzialrechts
v. 19. 4. 44 (GS 103), das seit G v. 16.2.57 (GS8#7)
auch für die Stadt Danzig und deren Gebiet, des-
gleichen in den Pommerschen Kreisen Lauenburg,
Bütow und den früher zu Westpreußen gehörigen.
Ortschaften der pommerschen Kreise Belgard,
Donnburg und Neustettin (G v.“4. 8. 65 GS 873)
gilt, gehört Bernstein zum Grundeigentum. Doch
hat der Staat das ausschließliche Recht, Bernstein
in der Ostsee und am Strande derselben zu gewin-
nen. Dieses Recht läßt sich aus dem Eigentum des
Staates am Meere und am Meeresufer konstru-
ieren. Eine Ausnahme vom gemeinen Recht, d. h.
von dem Satze, daß der Bernstein lediglich pars
kundi ist, besteht noch für die Küstenstrecke von
Weichselmünde bis Polsk. Hier steht der Stadt
Danzig das ausschließliche Recht zum Fischen und
Sammeln des Bernsteins am Ostseestrande zu
(Gbetr. die Einführung des westpreuß. Provinzial-
rechts in der Stadt Danzig und deren Gebiet v.
16. 2. 67 à XII 4 8S7).
Besondere Vorschriften. Das G betr.
die Bestrafung der unbefugten Aneignung von
Bernstein usw. v. 22. 2. 1867 (GS 272), aufrecht
erhalten durch a 62 Es z. BSGB — RSt 39, 179
— bedroht die unbefugte, d. h. ohne Erlaubnis
des Staates erfolgende Gewinnung des Bern-
steins in der Absicht, sich solchen rechtswidrig zu-
zueignen, mit Geld- bezw. Gefängnisstrafe die
rechtswidrige Zueignung schon gewonnenen Bern-
steins gilt als Diebstahl oder Unterschlagung. Wer,
ohne zum Bernsteinsammeln befugt zu sein, solchen
zufällig auffischt, findet oder gräbt, auch der Grund-
eigentümer, hat nach dem genannten Gesetze die
Rechte und Pflichten eines Finders. Besondere
Pol Verordnungen verpflichten zur Ablieferung des
bei der Fischerei oder sonst gefundenen Bernsteins
an den Berechtigten.
83. Verwaltung. Die Ausübung der Verw
des B. gehört jetzt zur Zuständigkeit des Min für
Handel und Gewerbe. Das lange der Firma
Stantien u. Becker (zuletzt jährlich für 800 000 M.)
vom Staate verpachtete Recht zur ausschließlichen
Gewinnung des Bernsteins in einem Teile des
B. ist für etwa 10 Mill. Mk. abgelöst. In deren
Rechte und Betriebsanlagen (namentlich des
Bernsteinwerks Palmnicken, wo der Bernstein
unterirdisch gewonnen wird) ist der Fiskus einge-
treten (seit 1899). Die Verw steht den fiskalischen
Bernsteinwerken in Königsberg unter Aufsicht des
Handels Min zu. An einzelnen Stellen des Stran-
des ist das Recht zur Bernsteingewinnung — durch
Lesen, Schöpfen und Stechen, nicht zum Baggern
und Graben — vom Staat an Strandbewohner
verpachtet.
Literatur: Hagen, Geschichte der Verw des
Bernsteins in Preußen (Beiträge zur Kunde Preußens
Bd. 6); J. F. Elditt, Das B. in Preußen (Altpreuß.
Monatsschrift Bd. 5, 6 u. 7); W. v. Brünneck, Das Recht
auf Zueignung der von der See ausgeworsenen oder an-
gespülten Meerprodukte und das B., 1874; Bek des Ober-
präsidenten der Provinz Cstpreußen v. 30. 8. 01 in den
Regierungsamtsblättern und bei Eilsberger, Polizei-
vorschriften des Reg Bezirkes Königsberg? 128.
Arndt.
B
richereten
Berufs= und Betriebszählung
5 1 Allgemeines.
5#. Allgemeines; Wirtschaftspolitische Bedürf-
wisse und gesetzliche Maßnahmen.
I. Bei den „Volkszählungen“, die im Deutschen
Reich von fünf zu fünf Jahren vorgenommen wer-
denls Volkszählung ), findet sich unter den
für jede gezählte Person auszuweisenden Indivi-
dualangaben auch eine solche über den Beruf. Zu
einer allgemeinen statistischen Ausbeutung der Be-
rufsangaben der Volkszählung ist es aber niemals
gekommen. Ob und inwieweit überhaupt diese
Angabe statistisch verwertet werden wollte, blieb
ganz und gar den Landesregierungen überlassen.
Die bundesrätlichen Anordnungen über die für
reichsstatistische Zwecke zu liefernden tabellarischen
Ausweise der Volkszählungsergebnisse haoben die
berufsstatistische Bearbeitung des Urmaterials der
Vollszählung ganz bei Seite gelassen. Tatsächlich
sind auch in den einzelnen Staaten nur ganz ver-
einzelt aus den Ermittlungen über den Beruf der
Gezählten bei der Volkszählung berufsstatistische
Ausweise abgeleitet worden. In der Hauptsache
diente bisher bei allen Volkszählungen im Deut-
schen Reich die Individualangabe über den Beruf
nur als Identifizierungs= und Kontrollangabe,
nicht aber als Urmaterial für Gewinnung des sta-
tistischen Ausweises über die berufliche Gliederung
der Bevölkerung.
Ein gründlicher statistischer Einblick in die beruf-
liche Gliederung der Bevölkerung mit sorgsamer
Unterscheidung der wirtschaftlichen und sozialen
Stellung der Berufszugehörigen in allen einzelnen
technisch als verschiedenartig sich darstellenden Be-
rufsarten stellte sich in Deutschland als dringliches
Bedürfnis heraus im besonderen zu der Zeit, als
man anfing der Ausgestaltung der Sozialpolitik
des Reichs, insbesondere auf dem Gebiet der
Sozialversicherung, nahe zu treten. Um das Wir-
kungsgebiet der in Aussicht genommenen neuen
Gesetzgebung einigermaßen übersehen zu können,
bedurfte man vor allem einer statistischen Ueber-
schau der Beru'sgliederung des deutschen Volks
mit Unterscheidung der wirtschaftlichen und sozialen
Stellung der den einzelnen Berufsarten zugehöri-
gen Bevölkerungsbestandteile. Bei diesem zu An-
fang der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts
zur Konsolidation gelangten Bedürfnisse der deut-
schen Verwaltungspolitik erschien eine nachträgliche
Verwendung der bei der Volkszählung von 1880
gewonnenen Berufsangaben weder durchführbar
noch — die Durchführbarkeit nachträglicher Nutz-
barmachung der bezüglichen Angaben vorausge-
setzt — dem bestehenden Bedürfnisse genügend,
weil einerseits die Erfragung der Beruflichkeit der
Bevölkerung nicht in der für eine sorgsam ausge-
gliederte Berufsstatistik erforderlichen Genauigkeit
erfolgt war und andererseits die aus dem Rahmen
der subjektiven Beruflichkeit der einzelnen Elemente
der Bevölkerung vollkommen heraustretende ob-
jektive Gestaltung der wirtschaftlichen Betriebe bei
allen deutschen Volkszählungen (abgesehen von
12 Reichsgesetz v. 25. B. 1907.