Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
416 
Bernsteinregal — Berufs- und Betriebszählung 
  
wie am ostpreußischen Ostseestrand, das Recht, 
Bernstein zu gewinnen, dem Staate vorbehalten. 
Im Gebiete des westpreußischen Provinzialrechts 
v. 19. 4. 44 (GS 103), das seit G v. 16.2.57 (GS8#7) 
auch für die Stadt Danzig und deren Gebiet, des- 
gleichen in den Pommerschen Kreisen Lauenburg, 
Bütow und den früher zu Westpreußen gehörigen. 
Ortschaften der pommerschen Kreise Belgard, 
Donnburg und Neustettin (G v.“4. 8. 65 GS 873) 
gilt, gehört Bernstein zum Grundeigentum. Doch 
hat der Staat das ausschließliche Recht, Bernstein 
in der Ostsee und am Strande derselben zu gewin- 
nen. Dieses Recht läßt sich aus dem Eigentum des 
Staates am Meere und am Meeresufer konstru- 
ieren. Eine Ausnahme vom gemeinen Recht, d. h. 
von dem Satze, daß der Bernstein lediglich pars 
kundi ist, besteht noch für die Küstenstrecke von 
Weichselmünde bis Polsk. Hier steht der Stadt 
Danzig das ausschließliche Recht zum Fischen und 
Sammeln des Bernsteins am Ostseestrande zu 
(Gbetr. die Einführung des westpreuß. Provinzial- 
rechts in der Stadt Danzig und deren Gebiet v. 
16. 2. 67 à XII 4 8S7). 
Besondere Vorschriften. Das G betr. 
die Bestrafung der unbefugten Aneignung von 
Bernstein usw. v. 22. 2. 1867 (GS 272), aufrecht 
erhalten durch a 62 Es z. BSGB — RSt 39, 179 
— bedroht die unbefugte, d. h. ohne Erlaubnis 
des Staates erfolgende Gewinnung des Bern- 
steins in der Absicht, sich solchen rechtswidrig zu- 
zueignen, mit Geld- bezw. Gefängnisstrafe die 
rechtswidrige Zueignung schon gewonnenen Bern- 
steins gilt als Diebstahl oder Unterschlagung. Wer, 
ohne zum Bernsteinsammeln befugt zu sein, solchen 
zufällig auffischt, findet oder gräbt, auch der Grund- 
eigentümer, hat nach dem genannten Gesetze die 
Rechte und Pflichten eines Finders. Besondere 
Pol Verordnungen verpflichten zur Ablieferung des 
bei der Fischerei oder sonst gefundenen Bernsteins 
an den Berechtigten. 
83. Verwaltung. Die Ausübung der Verw 
des B. gehört jetzt zur Zuständigkeit des Min für 
Handel und Gewerbe. Das lange der Firma 
Stantien u. Becker (zuletzt jährlich für 800 000 M.) 
vom Staate verpachtete Recht zur ausschließlichen 
Gewinnung des Bernsteins in einem Teile des 
B. ist für etwa 10 Mill. Mk. abgelöst. In deren 
Rechte und Betriebsanlagen (namentlich des 
Bernsteinwerks Palmnicken, wo der Bernstein 
unterirdisch gewonnen wird) ist der Fiskus einge- 
treten (seit 1899). Die Verw steht den fiskalischen 
Bernsteinwerken in Königsberg unter Aufsicht des 
Handels Min zu. An einzelnen Stellen des Stran- 
des ist das Recht zur Bernsteingewinnung — durch 
Lesen, Schöpfen und Stechen, nicht zum Baggern 
und Graben — vom Staat an Strandbewohner 
verpachtet. 
Literatur: Hagen, Geschichte der Verw des 
Bernsteins in Preußen (Beiträge zur Kunde Preußens 
Bd. 6); J. F. Elditt, Das B. in Preußen (Altpreuß. 
Monatsschrift Bd. 5, 6 u. 7); W. v. Brünneck, Das Recht 
auf Zueignung der von der See ausgeworsenen oder an- 
gespülten Meerprodukte und das B., 1874; Bek des Ober- 
präsidenten der Provinz Cstpreußen v. 30. 8. 01 in den 
Regierungsamtsblättern und bei Eilsberger, Polizei- 
vorschriften des Reg Bezirkes Königsberg? 128. 
Arndt. 
  
B 
richereten 
Berufs= und Betriebszählung 
5 1 Allgemeines. 
5#. Allgemeines; Wirtschaftspolitische Bedürf- 
wisse und gesetzliche Maßnahmen. 
I. Bei den „Volkszählungen“, die im Deutschen 
Reich von fünf zu fünf Jahren vorgenommen wer- 
denls Volkszählung ), findet sich unter den 
für jede gezählte Person auszuweisenden Indivi- 
dualangaben auch eine solche über den Beruf. Zu 
einer allgemeinen statistischen Ausbeutung der Be- 
rufsangaben der Volkszählung ist es aber niemals 
gekommen. Ob und inwieweit überhaupt diese 
Angabe statistisch verwertet werden wollte, blieb 
ganz und gar den Landesregierungen überlassen. 
Die bundesrätlichen Anordnungen über die für 
reichsstatistische Zwecke zu liefernden tabellarischen 
Ausweise der Volkszählungsergebnisse haoben die 
berufsstatistische Bearbeitung des Urmaterials der 
Vollszählung ganz bei Seite gelassen. Tatsächlich 
sind auch in den einzelnen Staaten nur ganz ver- 
einzelt aus den Ermittlungen über den Beruf der 
Gezählten bei der Volkszählung berufsstatistische 
Ausweise abgeleitet worden. In der Hauptsache 
diente bisher bei allen Volkszählungen im Deut- 
schen Reich die Individualangabe über den Beruf 
nur als Identifizierungs= und Kontrollangabe, 
nicht aber als Urmaterial für Gewinnung des sta- 
tistischen Ausweises über die berufliche Gliederung 
der Bevölkerung. 
Ein gründlicher statistischer Einblick in die beruf- 
liche Gliederung der Bevölkerung mit sorgsamer 
Unterscheidung der wirtschaftlichen und sozialen 
Stellung der Berufszugehörigen in allen einzelnen 
technisch als verschiedenartig sich darstellenden Be- 
rufsarten stellte sich in Deutschland als dringliches 
Bedürfnis heraus im besonderen zu der Zeit, als 
man anfing der Ausgestaltung der Sozialpolitik 
des Reichs, insbesondere auf dem Gebiet der 
Sozialversicherung, nahe zu treten. Um das Wir- 
kungsgebiet der in Aussicht genommenen neuen 
Gesetzgebung einigermaßen übersehen zu können, 
bedurfte man vor allem einer statistischen Ueber- 
schau der Beru'sgliederung des deutschen Volks 
mit Unterscheidung der wirtschaftlichen und sozialen 
Stellung der den einzelnen Berufsarten zugehöri- 
gen Bevölkerungsbestandteile. Bei diesem zu An- 
fang der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts 
zur Konsolidation gelangten Bedürfnisse der deut- 
schen Verwaltungspolitik erschien eine nachträgliche 
Verwendung der bei der Volkszählung von 1880 
gewonnenen Berufsangaben weder durchführbar 
noch — die Durchführbarkeit nachträglicher Nutz- 
barmachung der bezüglichen Angaben vorausge- 
setzt — dem bestehenden Bedürfnisse genügend, 
weil einerseits die Erfragung der Beruflichkeit der 
Bevölkerung nicht in der für eine sorgsam ausge- 
gliederte Berufsstatistik erforderlichen Genauigkeit 
erfolgt war und andererseits die aus dem Rahmen 
der subjektiven Beruflichkeit der einzelnen Elemente 
der Bevölkerung vollkommen heraustretende ob- 
jektive Gestaltung der wirtschaftlichen Betriebe bei 
allen deutschen Volkszählungen (abgesehen von 
12 Reichsgesetz v. 25. B. 1907.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.