418
Berufs- und Betriebszählung
—die Ausbeutung des Urmaterials zuübernehmen.)
Der Tag der Aufnahme war im Gesetz nicht be-
stimmt, sondern war vom BR, der auch die zur
Ausführung des Gesetzes erforderlichen Vorschrif-
ten zu erlassen hatte, zu bestimmen (gewählt wurde
als Erhebungstag der 12. 6.)(X4). Als Strafsanl-
tion setzte der § 5 des G fest, daß mit einer Geld-
strafe bis zu 30 Mk. bestraft wird, „wer die auf
Grund dieses Gesetzes an ihn gerichteten Fragen
wissentlich wahrheitswidrig beantwortet oder die-
jenigen Angaben zu machen verweigert, welche
ihm nach diesem Gesetz und den zur Ausführung
desselben erlassenen und bekannt gemachten Vor-
schriften obliegen“. (Diese Strafandrohung wird
nach einem Bericht des Präsidenten des Kais. Sta-
tistischen Amtes „indes ganz selten praktisch“.)
Die lnappen Bestimmungen des Gesetzes konn-
ten kein vollständiges Bild der tatsächlichen Ausge-
staltung der berufs= und betriebsstatistischen Er-
hebung geben; über die schließliche aus der Aus-
beutung des Urmaterials der Erhebung sich erge-
bende Gestaltung der verschiedenen statistischen
Ausweise aber war dem Gesetz bezw. dem Gesetz-
entwurf gar nichts zu entnehmen. Sachlich schien
es wohl gerechtfertigt, derartiges Detail nicht in
das Gesetz selbst aufzunehmen, sondern dessen Fest-
legung den Ausführungsbestimmungen des BR
zu überlassen. Es zeigte sich aber alsbald bei der
ersten Beratung des Gesetzentwurfs im RT, daß
dieser auf eine Kenntnisnahme des Erhebungs-
und Ausbentungsdetails zu verzichten nicht geneigt
war. Es gelangten deshalb alsbald einer sofortigen
Zusage des Staatssekretärs des Innern entspre-
chend die Entwürfe der Erhebungs= und Ausbeu-
tungsformulare offiziös zur Kenntnisnahme des
RT durch „Niederlegung auf dem Bureau des
Hauses“. Gegenstand der Beschlußfassung des
R waren diese Drucksachen allerdings nicht, doch
erstreckte sich die Debatte auf dieselben und auch
in den Resolutionen sanden solche Berücksichtigung.
Die einzige sachlich bedeutsame Aenderung, die
durch die Beratung im R zustande kam, ist die
Aufnahme der „Religion“ unter die Individualan-
gaben der Berufszählung entgegen dem Regie-
rungsvorschlag, der diesmal auf diese Ermittlung
verzichten wollte. (Deimgemäß war auch eine Er.-
weiterung des aus der Bearbeitung des Urmaterials
sich ergebenden Quellenwerkes geboten).
II. Die Ausführungsbestimmungen
des Bundesrats sind als „Bestimmungen
betr. die Vornahme einer Berufs= und Betriebs-
zählung auf Grund des R v. 25.3.07“ mittelst
Bek des RK v. 4. 4. 07 im RZBl (1907, Nr. 17)
veröffentlicht.
Abgesehen von der bereits erwähnten Festsetzung
des Erhebungstermins regeln die Bestimmungen
insbesondere: 1. Die Erhebung selbst (Technik und
Sicherstellung derselben). 2. Die Bearbeitung des
Zählungsmaterials, d. h. die Ausbeutung des durch
die Erhebung gewonnenen Urmaterials (auch hier
Technik und Sicherstellung der Ausbentung).
3. Die besonderen Beziehungen, die aus dem In-
einandergreifen der reichs= und landesstatistischen
Verwaltung sich ergeben. 4. Die Zusammenfassung
und Veröffentlichung der Ergebnisse der Erhebung.
1. Erhebung. Was zunächst deren (in § 4
der Bestimmungen geregelte) Technik anlangt, so
ist die Berufszählung und die Betriebszählung zu
unterscheiden.
a) Für die Berufszählung ist die Aus-
gestaltung der Befragung aus der als Muster
beigefügten „Haushaltungsliste“ ersichtlich (dieses
— wie alle übrigen noch zu erwähnenden — Muster
waren für die Ausführung der Zählung hinsicht-
lich des Inhalts maßgebend, während Aenderungen
der Fassung und Raumverteilung, „die das Ziel
der Fragestellung nicht verändern und die Errei-
chung dieses Zieles nicht gefährden“, sowie die Auf-
nahme von Zusatzfragen seitens der Landesregie-
rungen zulässig waren). Von den Fragen der Haus-
haltungsliste beziehen sich 4 auf die Identifizierung
der Personen und die Haushaltsbildung, weitere
5 auf allgemeine demographische Verhältnisse
(Alter, Geschlecht, Geburtsort, Familienstand, Re-
ligion) und sodann 4 auf die Berufsverhältnisse
im besonderen (Hauptberuf, Stellung im Haupt-
beruf, Nebenberuf, Stellung im Nebenberuf).
Daran reihen sich 9 speziell auf die Sozialversiche-
rung bezügliche Fragen.
b) Bei der Betriebszählung ist hinsicht-
lich der Technik weiter zu unterscheiden die land-
und forstwirtschaftliche Betricbszählung und die
gewerbliche Betriebszählung.
Die Technik der land= und forstwirt-
schaftlichen Betriebszählung ist aus dem
Muster der „Land= und Forstwirtschafts-Karte"“
ersichtlich; zur Sicherstellung der Zuweisung einer
solchen Karte für den Fall einer wenn auch im
kleinsten Umfang stattfindenden land-oder forstwirt-
schaftlichen Nutzung einer Bodenfläche diente eine
in der Haushaltungsliste der Berufszählung ent-
haltene Sonderfrage an die gesamte Bevölkerung.
Außer den persönlichen Verhältnissen des Betriebs-
inhabers sind in der Land= und Forstwirtschafts-
Karte erfragt: Fläche und Besitzverhältnisse, Boden-
benutzung, Personal (dies bei der Erhebung von
1907 zum ersten mal!), Viehstand, Maschinen, Ne-
bengewerbe.
Die Technik der Befragung bei der gewerb-
lichen Betriebszählung,,n die sich so-
wohl auf die Urproduktion außer Land= und Forst-
wirtschaft als auch auf Industric, Handwerk, Han-
del und Verkehr zu erstrecken hatte, ist verschieden
eingerichtet. Für die kleineren Betriebe (höch-
stens 3 Personen beschäftigt, keine Umtriebsma=
schine u. dgl.) kam ein abgekürztes Erhebungsfor-
mular, das „Gewerbeformular“ zur Verwendung,
für alle übrigen Betriebe der ausführliche „Gewer-
bebogen" zur Anwendung. Die zahlreichen Fragen
der Erhebungspapiere, insbesondere des Gewerbe-
bogens, beziehen sich namentlich auf folgende Grup-
pen von Angaben über die Gewerbebetriebe: 1.
Persönliche und Rechtsverhältnisse der Betriebs-
inhaber, 2. Art des Gewerbebetriebs, 3. Personal
innerhalb und außerhalb der Betriebsstätte, 4. Mo-
tore und Arbeitsmaschinen, 5. Gesamtbetriebe und
Betriebsvereinigungen.
Tc) Was die Sicherstellung der Erhebung anlangt,
so sind zu unterscheiden die Vorschriften, welche
das regelrechte Funktionieren der im Vorstehenden
dargelegten Befragung im einzelnen bezwecken
und die Anordnungen, welche im allgemeinen gute
Grundlagen für die Durchführung der Erhebung
im ganzen und zwar in positiver und negativer Art
zu schaffen suchen. Die Einzel-Sicherstellung der
richtigen Anwendung der Erhebungsformulare
und der geordneten Materialsammlung ist enthal-
ten in den (gleichfalls in § 4 aufgeführten) Druck-