Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
Beschälwesen — Beschlagnahme 423 
  
# 6. Verhältnuis der staatlichen Körung zu 
derjenigen der Züchtervereinigungen. Es ist 
zwar neben dem Vater= auch das Muttertier auf 
Körperform und Leistung des Jungen von Ein- 
fluß, weil aber das Vatertier im Jahre einer gro- 
hen Zahl von Tieren seine Eigenschaften vererbt, 
erscheint es zunächst erforderlich, der Auswahl des 
Vatertieres durch staatliche Vorschriften besondere 
Sorgfalt zu sichern. Die Einflußnahme auf die 
Auswahl der weiblichen Tiere wird durch die 
Züchtervereinigungen verfolgt, indem bei diesen 
sich die Mitglieder zur Körung durch die von der 
Vereinigung eingesetzte Kommission verpflichten 
müssen. Bei der Körung der männlichen Tiere 
aber geht die Züchtervereinigung besonders streng 
vor. Diese Körung ist daher regelmäßig höher zu 
bewerten als die staatliche (amtliche) Körung. 
Besteht nun in dem Bezirk der letzteren eine solche 
Züchtervereinigung, so ergeben sich nicht selten 
Unzufriedenheiten und Reibereien, weil die staat- 
liche Kommission geringere oder andere Anfor- 
derungen stellt als diejenige der Züchtervereini- 
gung. Man hat daher in der neuesten Zeit Ver- 
ordnungen dahin abgeändert, daß die von solchen 
Züchtervereinigungen, welche von der Landwirt- 
schaftskammer anerkannt sind, angekörten männ- 
lichen Tiere auch als angekört im Sinne der Ver- 
ordnung gelten. Hierin liegt dann gleichzeitig 
eine Förderung des Züchtervereinswesens, denn 
ihre Bedeutung wird öffentlich anerkannt und der 
Beitritt der Halter von männlichen Zuchttieren 
zu der Züchtervereinigung wird begünstigt, weil 
die Kommission der Züchtervereinigung die An- 
körung auf dem Hofe des Züchters vorzunehmen 
pflegt, während bei der staatlichen Körung die 
Tiere nach bestimmten Orten gebracht werden 
müssen. 
§ 7. Schutzgebiete 1). Die Verhältnisse sind 
in den meisten Schutzgebieten noch nicht so weit 
entwickelt, daß ein Bedürfnis zur Regelung des 
B. hervorgetreten wäre. Eine staatliche Gestüts- 
verwaltung findet sich z. Zt. nur im Schutzgebiete 
Deutsch-Südwestafrika. Sie hat ihren Sitz in 
Nauchas. In jenem Schutzgebiete ist die Pfer- 
dezucht hauptsächlich im Süden, wo die sog. 
Pferdesterbe nur in geringem Maße auftritt, 
aber auch an vielen Plätzen in der Mitte des 
Schutzgebiets, die wegen ihrer hohen Lage sterbe- 
frei sind, möglich. Als geeignetes Stutenmaterial 
dient das südafrikanische. Es wird Beseitigung 
seiner Fehler durch rationelle Zucht angestrebt, 
wobei auf tunlichste Erhaltung der Vorzüge Be- 
dacht genommen wird. Absicht ist, ein nicht zu 
großes, genügsames Pferd zu erzielen. Das Ge- 
stüt Nauchas dient in der Hauptsache der Zucht 
guter Landbeschäler, die zu günstigen Bedingungen 
Privatzüchtern zur Verfügung gestellt werden. 
Zwecks Ausschaltung fehlerhafter Hengste — 
bis jetzt sind mit der Einfuhr von Vollbluthengsten 
gute Resultate erzielt — ist auch der Erlaß einer 
Art von Körordnung geplant. Man will in der 
Weise vorgehen, daß privaten Pferdezüchtern, die 
sich den Bestimmungen der Körordnung unter- 
werfen, eine größere Anzahl von Vorteilen ge- 
währt werden sollen, wie z. B. Unterstützung bei 
der Einfuhr von Zuchtmaterial, unentgeltliche Ab- 
gabe von Landbeschälern und dergl. mehr. 
1) Beorbeitet von Gerstmeyer. 
  
Neben dem Pferd ist für Deutsch-Südwestafrika- 
das Maultier wegen der Genügsamkeit und Wider- 
standsfähigkeit als Gebrauchstier von besonderem 
Wert. Man wird daher der Zucht dieser Tiere 
im Lande selbst, die allerdings zurzeit noch nicht 
betrieben wird, größte Aufmerksamkeit schenken 
müssen. Sie verspricht umso mehr Erfolg, als 
man mit der Immunisierung des Maultiers gegen 
die sog. Sterbe befriedigendere Resultate erzielt 
hat als bei Pferden. 
Lüteratur: Die Verbreitung der Pferdeschläge in 
Deutschland nach dem Stande vom Jahre 1898, Heft 49 
der Arbeiten der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft 1900. 
Die öffentlichen Maßnahmen zur Förderung der Rind- 
viehzucht nach dem Stande vom Jahre 1904, Heft 108 der 
Arbeiten der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft, 1906; 
Holdefleiß, Die öffentliche Förderung der Tierzucht 
in Deutschland, 1906. 
Dammann und Steiger. 
Beschlagnahme 
5# 1. Begriff (Fällc). 1 2. Beschlagnahme im Zivilprozeß 
und Konkurs. 5 3. Im Strafverfahren allgemein. 1 4. 
Beschlagnahme nach StsO 94 ff, MStGO 1 229 ff 
(I. Betroffene Gegenstände und Personen; II. Voraus- 
setzungen; III. Organe; IV. Verfahren; V. Wirkung; VI. 
Beendigung.) 5 5. Besonderheiten: I. Postsendungen und 
Telegramme; II. Druckschriften; III. Finanzstrafverfahren; 
IV. Sonstige Bestimmungen außerhalb der Strafprozeß- 
ordnung. 14 6. Gegen Abwesende sowie nach 4 93, 
140 St GB. 
8 1. Begriff. I. B. ist ganz allgemein eine 
durch staatlichen Befehl im Einzelfall angeordnete 
Ingewaltnahme bestimmter Sachen und Rechte. 
Diesen Begriff verwertet die Theorie vielfach, 
wo ihn die technische Gesetzessprache nicht kennt, 
z. B. bei der zivilprozessualen Pfändung und der 
Konkurseröffnung. Aber abgesehen von dem 
allgemeinen Grundgedanken sind die einzelnen 
Fälle entsprechend ihren verschiedenen Zwecken 
ganz verschieden gestaltet. Selbst die gesetzes- 
technisch B. genannten Fälle haben miteinander 
kaum etwas gemein. Eine eingehende einheitliche 
Betrachtung aller theoretisch zusammengefaßten 
Fälle ist weder praktisch, noch systematisch förder- 
lich; auch die gleichartige Wirkung des strafrecht- 
lichen Schutzes (St GB #5137, Verstrickungsbruch) 
ist ohne Bedeutung. So wirken die Zwangs- 
pfändung von Fahrhabe und Rechten nach ZP, 
die B. von Immobilien und Schiffen nach ZVG 
und die Konkurseröffnung wie privatrechtliche 
Institute (ausdrücklich 8PO s 804 z. B.). Die 
B. im Strafprozeß wirkt rein öffentlichrechtlich; 
sie wird von ganz anderen Organen ausgeübt. 
Ebenso sind alle anderen Fälle selbständig gestal- 
tet. — Bei der B. greift der Staat wie vielfach 
sonst in Privatrechte ein, um bestimmten In- 
teressen zu dienen. Ihre systematische Besonder- 
heit liegt darin, daß sie nur die Gewalterlangung 
darstellt, die verschiedenen weiteren Zwecken 
(Geldbefriedigung, Rechtsübertragung, Strafvoll- 
streckung, Unbrauchbarmachung u. a. m.) dient, 
daß sie aber auch Privatrechte beschränkt, nicht 
lediglich amtlicher Verwahrung dient. Sie ist
	        
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