Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
  
  
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beide Fälle stehen praktisch einander völlig gleich; 
der Entwurf 1908/1910 behandelt sie auch gleich; 
es ist allgemein anerkannt, daß die StPO in 
ihren Ausdrücken und ihrer Regelung unklar ist 
(s. John I, 744 ff, Löwe zu §35 94, 98). Einerlei, 
ob die B. richterlich befohlen ist oder nicht. Es 
gibt drei Arten der B.: zur Sicherung von Beweis- 
stücken und Einziehungsstücken, — gegen Ab- 
wesende, einmal als Zwang zum Erscheinen und 
sodann zur Sicherung von Geldstrafe und Kosten, 
— endlich gegen Hoch= und Landesverräter. — 
Die Regelung treffen St PO, SteB, MSte. 
Der Entwurf einer neuen St PO 1908/1910 
hat wenig geändert. — Strafprozessuale B., die 
nicht von St PO erlaubt sind, sind nur zulässig, 
soweit neben St PO eigenes Verfahrensrecht be- 
stehen darf, so z. B. im Forst= und Feldrügever- 
fahren (ReSt 11 Nr. 94), im Verwaltungsstraf- 
verfahren bei Zoll= und Steuerdelikten (RösSt 
21 Nr. 18). Polizeiliche B. sind von St PO 
unberührt geblieben (RSt 13 Nr. 16). 
#s 4. Die Beschlagnahme nach St # # 94ff, 
MtG 229 ff. I. Betroffene Gegen- 
stände und Personen. — Ocjekte sind 
körperliche Gegenstände jeder Art, auch Immo- 
bilien (nicht Körperteile eines Menschen), die nach 
Auffassung der Behörde als Beweismittel (Ur- 
kunden, Augenscheinsobjekte) in einer begonnenen 
Untersuchung von Bedeutung sein können — so- 
wie die Sachen, die nach Ansicht des anordnen- 
den Organs der Einziehung, Unbrauchbarma- 
chung oder Vernichtung unterliegen (diese Fälle 
sind von den Strafgesetzen vielfach genannt; siehe 
Haupt-Sachregister zum Rl 1867—1906 unter 
„Einziehung“, „Konfiskation“, „Vernichtung"). — 
Betroffen werden alle Gewahrsamsinhaber, der 
Eigentümer und alle sonst an der Sache Berech- 
tigten, auch der Beschuldigte selbst. Jedoch gibt 
es persönliche und sachliche Ausnahmen; persön- 
lich sind nur die Exterritorialen [IN) ganz befreit; 
für die Landesherren [JI, die Mitglieder der 
landesherrlichen Familien, der Fürstlichen Fa- 
milie Hohenzollern, des vormaligen Hannover= 
schen Königshauses, des vormaligen Kurhessischen 
und des vormaligen Herzoglich Nassauischen Für- 
stenhauses gelten die Hausverfassungen oder 
Landesgesetze, nur subsidiär St PO (GVG F 18, 
Ech St PO 5F 4). Sachlich sind ausgenommen: 
1. Alle in amtlicher Verwahrung von Behörden 
oder öffentlichen Beamten befindlichen Akten oder 
anderen Schriftstücke (nach Entw St PO *# 92 
auch andere Sachen), sobald die oberste Dienst- 
behörde der betreffenden Verwahrungsstelle er- 
klärt, daß das Bekanntwerden des Inhalts dieser 
Schriftstücke dem Wohle des Reichs oder eines 
Bundesstaats Nachteil bereiten würde. Im Mili- 
tärstrafverfahren sind auch andere amtlich ver- 
wahrte Sachen und die von Personen des Sol- 
datenstandes verwahrten Gegenstände ausgenom- 
men; dies muß auch für bürgerliche Strafprozesse 
gelten (MStGO 2231). Vor der behördlichen Er- 
klärung wäre B. an sich zulässig, sie ist aber zu 
vermeiden. Sind die Gegenstände Teile des Cor- 
pus delicti, dann darf ihre B. nicht verweigert 
werden. St PO „19P6. — 2. Die zwischen dem Be- 
schuldigten und seinen zur Zeugnisverweigerung 
berechtigten Verwandten, Verlobten, Ehegatten, 
Seelsorgern, Berteidigern, Rechtsanwälten, Aerz- 
ten ausgetauschten schriftlichen Erklärungen (also 
  
Beschlagnahme 
  
  
nicht z. B. Tagebücher, Aufzeichnungen), die sich 
in den Händen einer der letzteren Personen befin- 
den (selbst wenn diese nicht der Adressat oder 
Schreiber ist — sehr bestritten, Ro# St 28, Nr. 89), 
dürfen nur beschlagnahmt werden, wenn diese 
der Teilnahme, Begünstigung oder Hehlerei ver- 
dächtig sind. Die Eigenschaft dieser Stücke muß 
eine Durchsicht des Richters ergeben, der sie evtl. 
unbenützt zurückgeben muß. (Diese viel zu 
enge Bestimmung St PO 5 97, MStO 232 
dehnt Entwurf St PO auf Aufzeichnungen über 
Mitteilungen des Verdächtigen, die Reichsjustiz- 
kommission auch auf die den Verdächtigen bezüg- 
lichen Aufzeichnungen der Rechtsanwälte und 
Aerzte sowie ihrer Angestellten aus.] Mitteilungen 
des Verteidigers an den Beschuldigten unterlicgen 
auch in den Händen des zweiten nicht der B., StPO 
*148, Mt GO #345, noch deutlicher nach Entwurf 
St PO 4148. — 3. Als gemeines Völkerrecht, 
wenn auch nicht in allen Verträgen erwähnt und 
z. B. von England nicht völlig anerkannt, darf 
gelten, daß die Konsulatsarchive als solche sowie 
die als amtliche erkennbaren Konsulatspapiere 
der B. nicht unterliegen (Ullmann, Völkerrecht, 
1908, 223). — Sachen von Abgcordneten und in 
Parlamentsgebäuden sind nicht von der B. be- 
freit. [Der Entwurf § 92 will aber alle in Ver- 
wahrung einer gesetzgebenden Versammlung be- 
findlichen Sachen befreien, wenn der Vorsitzende 
der Versammlung erklärt, daß die B. dem Wohle 
des Reiches oder eines Bundesstaates Nachteil 
bereiten würde. Dazu bestimmte die RIn im 
Mai 1910, daß B. in Diensträumen einer gesetz- 
gebenden Versammlung nur mit Genehmigung 
des Vorsitzenden der Versammlung stattfinden 
dürften (5§ 106 a) — gegen den Widerspruch der 
Regierung.] · 
I. Voraussetzungen. Eine deutsche 
Strafuntersuchung in irgend einer Sache, vor 
irgend einem Strafgericht in jeder Verfahrens- 
art, also auch in Privatklagsachen, bei Strafver- 
fügung, Strafbescheid, objektivem Verfahren, 
vom ersten Verdacht an, auch wenn ein Beschul- 
digter noch unbekannt, — bis zur Rechtskraft des 
Urteils, auch im Wiederaufnahmeverfahren, bei 
Einziehungen bis zu ihrem Vollzug. Ein Straf- 
antrag braucht noch nicht gestellt zu sein, so aus- 
drücklich MSt GO # 234 und Entwurf, auch Rest 
33 Nr. 121. — Die Pflicht zur Duldung der B. 
geht über die Editionspflicht hinaus und ist, ab- 
gesehen von jedem Editionszwang sowie neben 
diesem zulässig; vorherige Editionsaufforderung 
ist unnötig. — Vor einem bestimmten Verdachte 
ist einstweilige B. durch jeden Beamten nach 
St POs 108, MSt GO –t 240 zulässig. 
III. Organe der Beschlagnahme. 
Zur Anordnung ist grundsätzlich der Richter be- 
fugt, und zwar der zur Zeit mit der Sache befaßte, 
nie der Vorsitzende als solcher. Bei örtlicher Un- 
zuständigkeit gilt StpO 5 21. JZedoch geben 
Sondergesetze auch anderen Behörden das Recht, 
so Kaiser-Wilhelm-Kanal G v. 20. 6. 99 8 11 dem 
Vorsteher des Kanalamtes und anderen Beamten. 
— Zur vorläufigen Anordnung sind bei Gefahr 
im Verzug (die regelmäßig vorliegt und vom 
Richter nicht nachgeprüft werden kann, Röst 
23, 334) auch Staatsanwaltschaft und die ihr als 
Hilfsbeamte untergebenen Polizei= und Sicher- 
heitsbeamten befugt. Diese müssen nach öffent-
	        
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