Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
Beschlußverfahren — Beschwerde 
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oder zu dessen Vollzug offene Anstalten getroffen 
worden sind (§ 41 d. V). 
#5. Vollstreckung. Vorangeschickt sei der § 53 
LB, wonach die Anbringung der Beschwer- 
de, sofern nicht die Gesetze anders vorschreiben, 
ausschiebende Wirkung hat. Verfügungen, Be- 
scheide und Beschlüsse können jedoch, auch wenn 
sie mit der Beschwerde angefochten sind, zur Aus- 
führung gebracht werden, sofern letztere nach dem 
Ermessen der Behörde ohne Nachteil für das Ge- 
meinwesen nicht ausgesetzt bleiben kann, vorbe- 
haltlich der Haftstrafe (5 133 Abs 3 LVG). Die 
vorläusige Vollstreckung des mit der Beschwerde 
angefochtenen Beschlusses ist in gewissen Fällen 
(* 123 Abs 6) ausgeschlossen. Im übrigen gilt der 
Grundsatz, daß die Vollstreckung im B. im Wege des 
Verw Zwangsverfahrens erfolgt. Die Vollstreckung 
wird verfügt namens der Behörde, welche in der 
ersten Instanz entschieden bezw. beschlossen hat, 
von dem Vorsitzenden. Ueber Beschwerden gegen 
die Verfügungen des Vorsitzenden entscheidet die 
Behörde. Gegen die Entscheidung der Behörde 
findet innerhalb 2 Wochen die Beschwerde an die im 
Instanzenzuge zunächst höhere Behörde statt. 
Die Entscheidung der letzteren ist endgültig (§ 60 
LV#und V betr. das VerwzZwangsversahren 
v. 15. 11. 99, GS 545, ergänzt durch V v. 18. 3. 
04, nebst Ausf. Anw v. 28. 11. 99). Die 
Zwangsvollstreckung gegen den Fiskus, sowie ge- 
gen die unter Staatsaufsicht stehenden juristischen 
Personen, Gemeinden usw. hat im allgemeinen 
durch Vermittelung der der zunächst beteiligten 
unteren fiskalischen Station vorgesetzten Finanz- 
behörde, bezw. der Staatsaussichtsbehörde zu er- 
folgen. 
Im badischen Rechte hat die Einlegung 
des Rekurses aufschiebende Wirkung. Aus be- 
sonderen dringenden Gründen kann jedoch der 
Vollzug, falls hierdurch kein unwiederbringlicher 
Nachteil für einen Betceiligten entsteht, gestattet 
oder befohlen werden. Der Vollzug der in Ver- 
waltungssachen ergangenen Entscheidungen ge- 
schieht durch die Bezirksämter, soweit nicht für 
einzelne Gegenstände der Vollzug durch Gesetze 
oder Verordnungen andern Behörden übertragen 
ist. Ueber Beschwerden gegen den Vollzug von 
VerwEntscheidungen und Verfügungen, sofern sie 
darin bestehen, daß der Vollzug nicht mit dem 
Inhalt der ergangenen Entscheidung oder Ver- 
fügung übereinstimme, entscheidet die Stelle, 
welche sie erlassen hat (§§ 13, 14 d. V). 
Literatur lBeschwerde. Stier-Tomlo. 
Beschwerde 
## 1. Begriff. s 2. Die verfassungsmäßige Beschwerde. 
1 3. Die Verwaltungs-Beschwerde: a) allgemeine Verwal- 
tungsbeschwerde; b) formlose Beschwerde in Kommunal= 
angelegenheiten. §s 4. Die Rechtsbeschwerde: 1. nach Reichs- 
recht; 2. in Preußen: a) gegen prozeßleitende Verfügungen; 
b) sonstige Rechtsbeschwerden; c) Steuersachen; 3. Bayern; 
4. Sachsen; 5. Württemberg; 6. Baden. 
#+#1. Begriff. Die „Beschwerde“ wird in dem 
Rechtssystem in mannigfaltigster Weise verwendet, 
sodaß eine einheitliche Begriffsbestimmung, die 
  
alle Fälle zu decken imstande wäre, kaum gefunden 
werden kann. Man kann weder mit v. Stengel 
sie generell bezeichnen als einen Antrag, welcher 
die Aufhebung oder Abänderung einer von einer 
Verw= oder Gerichtsbehörde ausgegangenen Ver- 
fügung oder Entscheidung bezweckt, durch welche 
sich der Antragsteller in seinen Rechten oder Inter- 
essen verletzt erachtet, noch auch sie durchweg als 
ein Rechtsmittel im tochnischen Sinne bezeichnen, 
da, wie zu zeigen sein wird, dies keineswegs auf 
alle Fälle der B. zutrifft. Richtig ist nur, daß die 
den B. Führer angeblich beschwerende Maßregel 
der Vergangenheit angehören muß, da man sich 
nur über ein Vorkommnis beschweren kann, nicht 
aber im voraus mit der B. eine schädigende Ver- 
fügung abzuwehren in der Lage ist. Man kann 
generell als B. diejenige auf dem Gebiete der Ver- 
fassung, Verwaltung und der verschiedenen Pro- 
zeßverfahren zugelassene Maßnahme bezeichnen, 
in deren Form oder mit der die Entschließung 
einer übergeordneten Behörde herausgefordert 
wird und nach geltendem Rechte herausgefordert 
werden darf. Wo der B.Weg nicht von vornher- 
ein, sei es durch generelle Regel, sei es durch 
Spezialanordnung zulässig ist, kann von einer B. 
im rechtlichen Sinne nicht die Rede sein. 
Arten der Beschwerde. Ze nachdem sich 
die B. an die gesetzgebenden Faktoren oder an an- 
dere Organe des Staates wenden, kann man sie in 
Verfassungs= und VerwB. einteilen. Nach der 
materiellen Seite sind allerdings beide Arten von 
B. verwaltungsrechtliche, da auch die B.führung 
bei den Kammern in der Regel nur deren Einwir- 
kung auf das Gebict der Verw herbeiführen kann. 
#§# 2. Die verfassungsmäßige Beschwerde. In 
der Gewährleistung des Petitionsrechts liegt 
auch die Besugnis, sich mit B. über die Be- 
hörden wegen wirklicher oder vermeintlicher 
Rechtsverletzung an die Kammern zu wenden. 
Diese in den meisten Versassungsurkunden der 
Gegenwart, auch in Deutschland, anerkannte 
Befugnis hat im einzelnen Beschränkungen er- 
fahren, wie in Preußen dadurch, daß B. unter 
einem Gesamtnamen nur von Behörden und Kor- 
porationen angebracht werden können, und daß 
niemand den Kammern eine Bittschrift in Person 
überreichen darf (a 32, 81 Abs 2 Preuß. VU). Viele 
deutsche Verfassungsurkunden verlangen den Nach- 
weis, daß der B. Führer bereits den gesetzlichen 
Instanzenzug der Staatsbehörden erschöpft und 
vergeblich selbst bei der obersten Reg Behörde um 
Abhilfe nachgesucht hat. Eine entsprechende Vor- 
schrift findet sich aber nicht überall; sie fehlt z. B. 
in der Preuß. VlU. Da die Kammern sich in schwe- 
bende Justizprozesse nicht einmischen dürfen, so 
kann die Tätigkeit der Kammern inbezug auf er- 
hobene B. nur für das Gebiet der Verw bedeut- 
sam werden. Im Reichsrecht kommt der a 77 RV 
in Betracht, der B. wegen Justizverweigerung be- 
trifft. Die Formen, in denen die B. innerhalb der 
Kammern verhandelt, und in denen eine Abhilfe 
seitens des Min gefordert wird, ist je nach dem ein- 
zelnen Staate verschieden (vgl. z. B. a 81 Abs 3, 
82 Preuß. VU). — Eine quasi-verfassungsmäßige 
B., wie sie genannt werden mag, ist in Preußen 
bei den Provinziallandtagen anzubringen. Sie 
können diese Bitten und B. an die Behörden oder 
an den König unmittelbar verweisen. Alle bei den 
Landtagen eingehenden Anträge mühssen schriftlich
	        
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