Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
Bezirk (Baden) 
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stellen. 54. Sachliche Zuständigkeit der Bezirksämter. 35. behaltenen Geschäfte, und gibt, auch wo das B. Amt 
Verfahren und Zwangsbesugnisse. & 6. Der Bezirksrat. 17. 
Die Bezirksverbände. 
§# 1. Geschichte und Bedeutung der Bezirks- 
einteilung. Die Einteilung des Staatsgebietes 
in AmtsB. war schon den meisten Landesteilen 
eigentümlich, aus denen im Anfang des 19. Jahr- 
hunderts das Großherzogtum Baden gebildet 
wurde, namentlich dem Kerne des neuen Staats- 
wesens, der Markgrafschaft Baden. Die B.Aemter 
jener Zeit hatten räumlich einen kleinen Umfang 
und sachlich weit gedehnte Aufgaben; neben den 
Aufgaben der Verw war ihnen auch die bürgerliche 
Rechtspflege und ein großer Teil der Straf= und 
der freiwilligen Gerichtsbarkeit in erster Instanz 
übertragen; bei einer Einwohnerzahl von etwa 
930 000 war im Jahr 1810 die Zahl der Aemter 
120, so daß auf das Amt durchschnittlich 7700 Ein- 
wohner kamen. Im Verlauf der ziemlich zahl- 
reichen Organisationen wurde die Zahl der Amts B. 
allmählich vermindert, auch ihre Geschäftsaufgabe 
durch die 1857 erfolgte Trennung von Justiz und 
Verw auf die Verw eingeschränkt. Im Jahr 1910 
gibt es 53 B. Aemter, durchschnittlich umfaßt der 
AmtsB. 284 qkm und etwa 38 000 Einwohner 
bei einer Gesamtbevölkerung von rund 2,028 Mil- 
ionen Einwohnern), die kleinsten B. Aemter St. 
Blasien und Pfullendorf 9976 und 10332, die größ- 
ten Mannheim und Karlsruhe 195 723 und 151 222 
ortsanwesende Einwohner. Von dem preußi- 
schen Kreis, dem der badische Amts B. im übrigen 
als die unterste Einteilung des Staatsgebiets zum 
Zwecke des unmittelbaren Vollzugs der staatlichen 
Verwufgaben gleichsteht, unterscheidet sich der 
B. in Baden insbesondere durch den wesentlich ge- 
ringeren Umfang, sodann aber auch sowohl von dem 
preußischen Kreis wie von dem Oberamts B. des 
benachbarten Württemberg dadurch, daß in Baden 
der Amts B. nicht zu einem mit allgemeinen Zu- 
ständigkeiten ausgerüsteten weiteren Kommunal- 
verband ausgestaltet ist. Die Bildung neuer sowie 
die Aufhebung und Abänderung bestehender Amts- 
B. erfolgt durch landesherrliche Entschließung; 
eine Mitwirkung der Landstände ist nur insoweit 
geboten, als zu solchen organisatorischen Maßnah-= 
geln budgetmäßige Mittel erfordert werden. Das 
für jeden Amts B. bestellte B.Amt ist die mit der 
unmittelbaren örtlichen Leitung und Ausführung 
aller Verw Aufgaben, die nicht besonderen Behör- 
den übertragen sind, betraute Staatsstelle. Die 
sachliche Zuständigkeit und die Selbständigkeit der 
Entschließung ist für die B. Aemter seit der im 
Jahre 1864 erfolgten Aufhebung der Verw Mittel- 
behörden (Kreis Reg) sehr gemehrt worden. Alle 
Gemeinden und abgesonderten Gemarkungen des 
Landes sind einem B.Amte zugewiesen; die Tätig- 
keit der B.Aemter erstreckt sich insbesondere auch 
auf die großen Städte. 
§#2. Die Besetzung des Bezirksamts. 
1. Amtsvorstand und akademisch 
gebildete Hilfsbeamte. Die Leitung 
der bezirksamtlichen Geschäfte ist einem auf 
Lebenszeit landesherrlich ernannten, akademisch 
gebildeten Beamten übertragen, dem Ober- 
amtmann, dem in der Regel bei höherem 
Dienstalter der Titel Geh. Regierungsrat ver- 
liehen wird. Der Amtsvorstand führt die Aufsicht 
über den ganzen Dienstbetrieb, erledigt die ihm vor- 
  
mit mehreren akademisch gebildeten Beamten be- 
setzt ist, selbständig die endgültige Entscheidung und 
Entschließung, vorbehaltlich der Mitwirkung des 
B. Rats in den gesetzlich bestimmten Fällen. Unter 
der Oberaufsicht des Amtsvorstands ist bei den B.= 
Aemtern Karlsruhe und Mannheim die Verwal- 
tung der Sicherheitspolizei und einiger anderer 
polizeilicher Angelegenheiten einem Polizei- 
direktor übertragen. Je nach dem Umfang 
des B. und der Geschäfte sind den größeren B.= 
Aemtern noch weitere akademisch gebildete, vom 
Landesherrn auf Lebenszeit ernannte Beamte 
beigegeben, die Amtmänner, die nach 
einer mehrjährigen Dienstzeit den Titel Oberamt- 
mann erhalten; die Zahl dieser weiteren Beamten 
beträgt im ganzen, einschließlich der beiden Polizei- 
direktoren, 40. Endlich sind den B. Aemtern 24 
Regierungsassessoren, z. Teil auch Rechtsprak- 
tikanten, als Amtsgehilfen zugeteilt. Die 
akademisch gebildeten Beamten der B.Aemter 
haben die gleiche Vorbildung wie die richterlichen 
Beamten nachzuweisen; die beiden juristischen 
Prüfungen, die auf Kenntnisse in Volkswirtschaft 
und Finanzwirtschaft, Verfassungs= und VerwRecht 
besonderen Wert legen, sind gleichmäßig für die 
Anwärter der Justiz und der Verw bestimmt. 
Nach der Gehaltsordnung von 1908 beträgt der 
Gehalt (Anfangs-bis Höchst-Gehalt) der Vorstände 
der B. Acmter für ½ der Stellen (Gehaltsklasse I) 
4000—6800, für ½ (Gehaltsklasse II) 3500—6400 
und für /8 (Gchaltsklasse III) 3000—5800 Mk., 
die zweiten Beamten beziehen an Gehalt bei den 
größeren B. Aemtern 3000—5800, im übrigen von 
2500—5400 Mk. Dazu kommt noch ein Wohnungs- 
geld, das für die Amtsvorstände 1050, für die Amt- 
männer 900 Mk. in der ersten Ortsklasse beträgt; 
in der Regel hat der Amtsvorstand eine Dienstwoh- 
nung, für welchen Fall das Wohnungsgeld als 
Mietvergütung einbehalten wird. Die zweijähri- 
gen Zulagen betragen für die Amtsvorstände 400 
(I. Gehaltsklasse) und 375 Mk. (II. und III. Gehalts- 
klasse), für die zweiten Beamten 375 und 350 Mk. 
2. Die übrigen Beamten des Bezirs- 
amts. Zur Unterstützung des Amtsvorstandcs bei 
den auf das Rechnungs= und Kassenwesen bezüg- 
lichen Angelegenheiten sind den B. Aemtern beson- 
dere Rechnungsbeamte beigegeben, minde- 
stens einer, den größeren B. Aemtern dauernd oder 
vorübergehend auch zwei und mehr. Diese Rech- 
nungsbeamten (Revidenten, Revisoren, Oberre- 
visoren) werden den Anwärtern entnommen, die 
nach erfolgreichem Besuch des 6. Jahreskurses 
einer Mittelschule zuerst die Prüfung als Verw- 
Aktuar und dann nach zweijähriger praktischer Be- 
schäftigung die Amtsrevidentenprüfung abgelegt 
haben. Ende 1907 waren es 34 Revisoren und 
Oberrevisoren (landesherrlich angestellt) und 53 
Revidenten. Ihre Aufgabe besteht insbesondere 
in der Prüfung der Rechnungen und Kassen der 
Gemeinden, Stiftungen, Sparkassen, Kranken- 
kassen u. dgl. Zur Besorgung der Registratur-, 
Expeditions= und Kanzleigeschäfte ist den B. Aem- 
tern die dem Geschäftsumfamg entsprechende Zahl 
von Kanzleibeamten zugeteilt, Registra- 
toren, Aktuare, sowie eine größere Zahl nicht etat- 
mäßiger Kanzleigehilfen. Endlich befindet sich 
bei jedem Bezirksamt mindestens ein Amts- 
iener.
	        
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