Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
Bistum und Bischoftum 
  
491 
  
II. Die rechtliche Ordnung des vischoftums 
5s 6. Begriff nud Gliederung des Spiskopats. 
Die-Bischöfe (episcopi) sind diejenigen Glie- 
der der Hierarchie, welche als Nachfolger der Apo- 
stel, also als durch göttliche Anordnung eingesetzte 
Kirchenbeamte, in Unterordnung unter dem Papste 
und in Verbindung mit ihm zur Leitung der Kirche 
berufen sind und in der Regel noch die kirchliche 
Regierung und Verwaltung eines bestimmten 
Sprengels in einziger ordentlicher und voller In- 
stanz unter dem Papste (als sog. Diözesan-Bischöfe) 
führen. Kraft seines Amtes hat der Bischof 
in seiner Diözese die aus der bischöfli- 
chen Weihe (dem ordo episcopalis) herfließen- 
den Sakramente und die sonstigen heiligen Hand- 
lungen (namentlich diejenigen, welche notwendig 
die bischöfliche Weihe voraussetzen, die Erteilung 
der Weihen, die Firmung, die Konsekration der 
Kirchen und Altäre, sowie die Degradation) zu ver- 
walten. Kraft seines Anteils an der Lehrvoll- 
macht und Lehrgewalt liegt dem Bischof die 
Ausübung des Lehramts, die Wahrnehmung der 
Predigt, der Katechese und die Lehre der Thceologie, 
sowie die Beauftragung anderer geeigneter Perso- 
nen mit diesen Funktionen (die Erteilung der sog. 
missio canonica an diese) ob. Endlich besitzt er die 
Regierungsgewal t (jurisdictio) für seinen 
Sprengel in allen in Frage kommenden Beziehun- 
gen. Ihm steht daher ein Anordnungs-(Gesetzge- 
bungs-)MRecht für dieselbe, ferner das Recht zur 
Aufnahme in den Klerus, zur Leitung der Erzie- 
hung und Ausbildung desselben, zur Besetzung der 
Diözesanämter, zur Errichtung, Veränderung und 
Aufhebung der letzteren, zu Anordnungen, welche 
die Verwaltung der Weihe= und Lehrgewalt be- 
treffen (wie zur Approbation der Beichtväter und 
der Religionslehrer), die Handhabung der Straf- 
und Disziplinargewalt und der streitigen Gerichts- 
barkeit in erster Instanz, das Recht zur Besteuerung 
der Untergebenen, zur obersten Leitung der 
Vermögensverwaltung und endlich zur Ausfsicht 
und Visitation hinsichtlich der ihm unterstellten 
kirchlichen Beamten und ihrer Amtstätigkeit, der 
geistlichen (nicht exemten) Institute und Genossen- 
schaften, sowie auch der einzelnen Gläubigen und 
ihres religiösen und kirchlichen Verhaltens zu. 
Die Erzbischöfe (archiepiscopi, metro- 
politani) sind Bischöfe, welche außer ihrer Stellung 
als Diözesanbischöfe noch in einem ihnen zugewie- 
senen größeren, aus den Sprengeln mehrerer an- 
derer Bischöfe (ihrer sog. Suffraganbischöfe) be- 
stehenden Bezirk, der erzbischöflichen 
Provinz, einzelne bestimmte höhere Reg- 
Rechte auszuüben haben, keineswegs aber die Stel- 
lung einer Mittelinstanz für die gesamte kirchliche 
Verwaltung zwischen den Bischöfen und dem 
Papst einnehmen. Sie bilden nur eine zweite 
Instanz über die bischöflichen Gerichte inbetreff 
der kirchlichen Straf= und Disziplinarstrafsachen, 
sowie für die Gerichtsbarkeit in streitigen kirchlichen 
Rechtsangelegenheiten. Im übrigen kommt ihnen 
noch die Aufsicht über die Beobachtung der Resi- 
denzpflicht seitens der Suffraganbischöfe, sowie 
über die Errichtung, die Forterhaltung und Leitung 
der kirchlichen Seminarien innerhalb ihrer Pro- 
vinz, ferner das Devolutionsrecht (d. h. das Recht, 
Nachlässigkeiten der Suffraganbischöfe bei der Be- 
setzung der kirchlichen Aemter und bei der Verwal- 
  
tung der Gerichtsbarkeit zu ergänzen, also für die- 
selben und anstatt derselben die betreffenden Akte, 
z. B. die Besetzung der Aemter, vorzunehmen) zu. 
Endlich sind sie befugt, die Suffraganbischöfe zu 
sog. Provinzialsynoden zu berufen und auf diesen 
den Vorsitz zu führen, sowie mit Zustimmung der- 
selben Visitationen der Suffraganbistümer abzu- 
halten und in leichteren Fällen über die Suffragan- 
bischöfe unter Mitwirkung der Synoden die Straf- 
gewalt zu handhaben. In Deutschland werden 
aber die zuletzt gedachten Rechte nicht geübt, weil 
gier die Provinzialsynoden kein praktisches Institut 
ind. 
87. Staatsrechtliche Stellung der Bischöfe und 
Erzbischöfe in Deutschland. Die Bischofsver- 
fassung ist, wie schon in § 2 bemerkt, diejenige Ver- 
fassungsform, in welcher die katholische Kirche 
in den deutschen Staaten, abgesehen von einzelnen 
Ausnahmen, organisiert ist. Da dieselbe in den 
meisten deutschen Staaten (so namentlich in 
Preußen, Bayern, Württemberg, 
Baden, Hessen) die Stellung einer privile- 
gierten Anstalt oder Korporation des öffentlichen 
Rechts hat ([JKatholische Kirchel, so 
haben die Bischöfe und Erzbischöfe in denselben 
die Qualität von öffentlichen (tallerdings 
nicht Staats-) Beamten. Entsprechend der 
hervorragenden Bedeutung ihres Amtes ist ihnen 
auch staatlicherseits ein besonders ausgezeichneter 
Rang beigelegt worden; so rangieren die Erz- 
bischöfe und Fürstbischöfe in Preu- 
ßen mit den Generalleutnants und wirklichen 
Geheimen Räten, in Bayern und in Baden 
nach den Staatsministern, bezw. Feldmarschällen, 
und führen in den beiden letztgedachten Staaten 
auch das Prädikat Exzellenz. Die Bischöfe 
stehen dagegen in Preußen mit den General- 
majoren und Räten erster Klasse auf derselben 
Stufe, in Bayern folgen sie unmittelbar hin- 
ter den Reg Präsidenten, in Württemberg 
hinter den Generalmajoren in der dritten Rang- 
stufe und in Hessen in der zweiten nach dem 
Präsidenten der ersten Kammer und den Präsi- 
denten der Ministerien. Politische Rechte 
fehlen dagegen den Erzbischöfen und Bischöfen 
in Preußen, während in Bayern die Erz- 
bischöfe Mitglieder der Kammern der Reichs- 
räte sind, in Baden der Erzbischof Mitglied 
der ersten Kammer ist, in Hessen der Bischof 
Sitz und Stimme in der ersten, in Württem- 
berg in der ersten Kammer hat, und endlich 
in Bayern einer der Suffraganbischöfe vom 
König zum Mitglied der Kammer der Reichsräte 
ernannt wird. 
In Preußen haben alle Bischöfe und Erz- 
bischöfe, sofern ihnen diese Verpflichtung nicht 
durch den König erlassen wird, demselben einen 
Treu= und Gehorsamseid zu schwören (V v. 13. 2. 
87) und erhalten erst nach Ableistung desselben 
die Kgl Anerkennungsurkunde ausgehändigt. Da- 
gegen müssen sie sowohl in Bayern,, wie auch 
in Württemberg einen solchen Eid vor 
ihrer Konsekration ableisten. Auch das franzö- 
sische Konkordat von 1801 a 6 schrieb einen 
derartigen Eid vor, indessen ist ein solcher seit der 
Annexion von Elsaß-Lothringen nicht 
mehr gefordert worden. In Baden wird da- 
gegen ein Eid, welcher zugleich auf den Gehorsam 
gegen die Gesetze erstreckt ist, verlangt, während
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.