Bistum und Bischoftum
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II. Die rechtliche Ordnung des vischoftums
5s 6. Begriff nud Gliederung des Spiskopats.
Die-Bischöfe (episcopi) sind diejenigen Glie-
der der Hierarchie, welche als Nachfolger der Apo-
stel, also als durch göttliche Anordnung eingesetzte
Kirchenbeamte, in Unterordnung unter dem Papste
und in Verbindung mit ihm zur Leitung der Kirche
berufen sind und in der Regel noch die kirchliche
Regierung und Verwaltung eines bestimmten
Sprengels in einziger ordentlicher und voller In-
stanz unter dem Papste (als sog. Diözesan-Bischöfe)
führen. Kraft seines Amtes hat der Bischof
in seiner Diözese die aus der bischöfli-
chen Weihe (dem ordo episcopalis) herfließen-
den Sakramente und die sonstigen heiligen Hand-
lungen (namentlich diejenigen, welche notwendig
die bischöfliche Weihe voraussetzen, die Erteilung
der Weihen, die Firmung, die Konsekration der
Kirchen und Altäre, sowie die Degradation) zu ver-
walten. Kraft seines Anteils an der Lehrvoll-
macht und Lehrgewalt liegt dem Bischof die
Ausübung des Lehramts, die Wahrnehmung der
Predigt, der Katechese und die Lehre der Thceologie,
sowie die Beauftragung anderer geeigneter Perso-
nen mit diesen Funktionen (die Erteilung der sog.
missio canonica an diese) ob. Endlich besitzt er die
Regierungsgewal t (jurisdictio) für seinen
Sprengel in allen in Frage kommenden Beziehun-
gen. Ihm steht daher ein Anordnungs-(Gesetzge-
bungs-)MRecht für dieselbe, ferner das Recht zur
Aufnahme in den Klerus, zur Leitung der Erzie-
hung und Ausbildung desselben, zur Besetzung der
Diözesanämter, zur Errichtung, Veränderung und
Aufhebung der letzteren, zu Anordnungen, welche
die Verwaltung der Weihe= und Lehrgewalt be-
treffen (wie zur Approbation der Beichtväter und
der Religionslehrer), die Handhabung der Straf-
und Disziplinargewalt und der streitigen Gerichts-
barkeit in erster Instanz, das Recht zur Besteuerung
der Untergebenen, zur obersten Leitung der
Vermögensverwaltung und endlich zur Ausfsicht
und Visitation hinsichtlich der ihm unterstellten
kirchlichen Beamten und ihrer Amtstätigkeit, der
geistlichen (nicht exemten) Institute und Genossen-
schaften, sowie auch der einzelnen Gläubigen und
ihres religiösen und kirchlichen Verhaltens zu.
Die Erzbischöfe (archiepiscopi, metro-
politani) sind Bischöfe, welche außer ihrer Stellung
als Diözesanbischöfe noch in einem ihnen zugewie-
senen größeren, aus den Sprengeln mehrerer an-
derer Bischöfe (ihrer sog. Suffraganbischöfe) be-
stehenden Bezirk, der erzbischöflichen
Provinz, einzelne bestimmte höhere Reg-
Rechte auszuüben haben, keineswegs aber die Stel-
lung einer Mittelinstanz für die gesamte kirchliche
Verwaltung zwischen den Bischöfen und dem
Papst einnehmen. Sie bilden nur eine zweite
Instanz über die bischöflichen Gerichte inbetreff
der kirchlichen Straf= und Disziplinarstrafsachen,
sowie für die Gerichtsbarkeit in streitigen kirchlichen
Rechtsangelegenheiten. Im übrigen kommt ihnen
noch die Aufsicht über die Beobachtung der Resi-
denzpflicht seitens der Suffraganbischöfe, sowie
über die Errichtung, die Forterhaltung und Leitung
der kirchlichen Seminarien innerhalb ihrer Pro-
vinz, ferner das Devolutionsrecht (d. h. das Recht,
Nachlässigkeiten der Suffraganbischöfe bei der Be-
setzung der kirchlichen Aemter und bei der Verwal-
tung der Gerichtsbarkeit zu ergänzen, also für die-
selben und anstatt derselben die betreffenden Akte,
z. B. die Besetzung der Aemter, vorzunehmen) zu.
Endlich sind sie befugt, die Suffraganbischöfe zu
sog. Provinzialsynoden zu berufen und auf diesen
den Vorsitz zu führen, sowie mit Zustimmung der-
selben Visitationen der Suffraganbistümer abzu-
halten und in leichteren Fällen über die Suffragan-
bischöfe unter Mitwirkung der Synoden die Straf-
gewalt zu handhaben. In Deutschland werden
aber die zuletzt gedachten Rechte nicht geübt, weil
gier die Provinzialsynoden kein praktisches Institut
ind.
87. Staatsrechtliche Stellung der Bischöfe und
Erzbischöfe in Deutschland. Die Bischofsver-
fassung ist, wie schon in § 2 bemerkt, diejenige Ver-
fassungsform, in welcher die katholische Kirche
in den deutschen Staaten, abgesehen von einzelnen
Ausnahmen, organisiert ist. Da dieselbe in den
meisten deutschen Staaten (so namentlich in
Preußen, Bayern, Württemberg,
Baden, Hessen) die Stellung einer privile-
gierten Anstalt oder Korporation des öffentlichen
Rechts hat ([JKatholische Kirchel, so
haben die Bischöfe und Erzbischöfe in denselben
die Qualität von öffentlichen (tallerdings
nicht Staats-) Beamten. Entsprechend der
hervorragenden Bedeutung ihres Amtes ist ihnen
auch staatlicherseits ein besonders ausgezeichneter
Rang beigelegt worden; so rangieren die Erz-
bischöfe und Fürstbischöfe in Preu-
ßen mit den Generalleutnants und wirklichen
Geheimen Räten, in Bayern und in Baden
nach den Staatsministern, bezw. Feldmarschällen,
und führen in den beiden letztgedachten Staaten
auch das Prädikat Exzellenz. Die Bischöfe
stehen dagegen in Preußen mit den General-
majoren und Räten erster Klasse auf derselben
Stufe, in Bayern folgen sie unmittelbar hin-
ter den Reg Präsidenten, in Württemberg
hinter den Generalmajoren in der dritten Rang-
stufe und in Hessen in der zweiten nach dem
Präsidenten der ersten Kammer und den Präsi-
denten der Ministerien. Politische Rechte
fehlen dagegen den Erzbischöfen und Bischöfen
in Preußen, während in Bayern die Erz-
bischöfe Mitglieder der Kammern der Reichs-
räte sind, in Baden der Erzbischof Mitglied
der ersten Kammer ist, in Hessen der Bischof
Sitz und Stimme in der ersten, in Württem-
berg in der ersten Kammer hat, und endlich
in Bayern einer der Suffraganbischöfe vom
König zum Mitglied der Kammer der Reichsräte
ernannt wird.
In Preußen haben alle Bischöfe und Erz-
bischöfe, sofern ihnen diese Verpflichtung nicht
durch den König erlassen wird, demselben einen
Treu= und Gehorsamseid zu schwören (V v. 13. 2.
87) und erhalten erst nach Ableistung desselben
die Kgl Anerkennungsurkunde ausgehändigt. Da-
gegen müssen sie sowohl in Bayern,, wie auch
in Württemberg einen solchen Eid vor
ihrer Konsekration ableisten. Auch das franzö-
sische Konkordat von 1801 a 6 schrieb einen
derartigen Eid vor, indessen ist ein solcher seit der
Annexion von Elsaß-Lothringen nicht
mehr gefordert worden. In Baden wird da-
gegen ein Eid, welcher zugleich auf den Gehorsam
gegen die Gesetze erstreckt ist, verlangt, während