Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
Blockade 
  
a) Die B. muß von dem kompetenten 
Organ der betreffenden Kriegspartei an- 
geordnet sein. Nach à 9 der Londoner 
Deklaration ist dies entweder die blockierende 
Macht d. h. deren oberstes Organ oder die in 
ihrem Namen handelnde Befehlsstelle der Marine 
(natürlich unter der Voraussetzung der Ermächti- 
gung seitens des obersten Organs). Die B. Erklä- 
rung bestimmt: 1. den Tag des Beginns der B.; 
2. die geographischen Grenzen der blockierten 
Küstenstrecke; 3. die Frist, die den Neutralen zum 
Auslaufen gewährt werden muß. Es entspricht 
dies einer alten Uebung, die in der Londoner 
Deklaration in dem Sinne bestätigt wird, daß die 
blockierende Kriegsmacht nunmehr verpflich- 
tet ist, eine solche Frist zu gewähren. Die 
Dauer der Frist ist nicht vorgezeichnet; jedenfalls 
muß eine angeme ssene Frist gewährt 
werden. — Die Sanktion der Vorschriften über 
den Inhalt der B. Erklärung in zeitlicher und ört- 
licher Beziehung besteht nach a 10 in der Nich- 
tigkeit der Erklärung und folgemäßig Zu- 
lässigkeit des Einwands der Nichtigkeit der Be- 
schlagnahme im prisenrechtlichen Verfahren. Die 
Nichtigkeit der Erklärung ist eine absolute; sie 
wird daher nicht ipso facto saniert, sondern sie 
muß erneuert werden. Fehlt in der Erklärung 
die Angabe einer Frist zum Auslaufen neutraler 
Schiffe, so wird die Erklärung gegenüber Schiffen, 
die in den blockierten Hafen einlaufen wollen, 
nicht nichtig; die Sanktion liegt hier in der Be- 
stimmung des a 16 Abs 2: dem neutralen Schiffe 
muß das Auslaufen und die freie Durchfahrt ge- 
stattet werden. b) Die B. muß effektiv sein; die 
Frage der Effektivität ist eine Tatfrage (a 3), die 
nach den tatsächlichen Umständen und geographi- 
schen Verhältnissen zu beantwarten ist. Dabei ist 
nicht eine hermetische Abschließung gedacht, es 
genügt, wenn die blockierenden Seestreitkräfte 
die Zufahrt oder Ausfahrt unmöglich machen. 
Das Kreuzen einzelner Schiffe vor dem betreffen- 
den Hafen usw. genügt nicht. — Die Frage der 
Effektivität ist Gegenstand des prisenrechtlichen 
Verfahrens. In der Möglichkeit der Geltend- 
machung dieses rechtlichen Schutzmittels (vor dem 
nationalen Prisengerichte, eventuell vor dem in- 
ternationalen Prisenhof) liegt der praktische Wert 
des rechtlichen Erfordernisses der Effektivität. 
c) Die B. muß ununterbrochen erhalten wer- 
den. Vertreibung der blockierenden Schiffe oder 
freiwillige Entfernung bewirken die Erlöschung der 
B. Eine Unterbrechung mit der Wirkung des Weg- 
falls der Verpflichtung zur Respektierung der B. 
Bereich (Blockadezone) erfolgen, in dem das 
liegt nicht vor, wenn einzelne Kriegsschiffe oder 
das blockierende Geschwader durch Sturm oder 
ähnliche Verhältnisse genötigt ist, sich zeitweise zu 
entfernen oder auf hohe See zu gehen. d) Die 
Verhängung der B. muß den neutralen Mächten, 
ferner (nach a 11) den örtlich zuständigen Behör- 
den durch den Befehlshaber der blockierenden 
Streitmacht notifiziert werden. Unter Um- 
  
  
  
ständen ist eine spczielle Notifikation notwendig. 
Hiervon handelt a 16 Abs 1; die spezielle Notifi- 
kation muß in das Schiffstagebuch eingetragen 
werden unter Angabe des Tages und der Stunde 
sowie des derzeitigen Schiffsorts. Die Aufbrin- 
gung des Schiffes ist ausgeschlossen, wenn keine 
Gründe dafür vorliegen, daß die Unkenntnis der 
Verhängung der B. lediglich vorgeschützt wird, 
denn nach al ist die Beschlagnahme eines neutra- 
len Schiffes wegen Blockadebruchs bedingt durch 
die wirkliche oder vermutete Kenntnis der B. 
Diese Kenntnis wird bis zum Beweise des Gegen- 
teils vermutet, wenn das Schiff einen neutralen 
Hafen nach angemessener Zeit seit Bekanntgabe 
der B. an die diesen Hafen innehabende Macht 
verlassen hat (a 15). Ob die Nachricht von der 
Verhängung der B. nach dem betreffenden Hafen, 
wo sie von den Hafenbehörden verbreitet werden 
mußte (a 11 Ziff. 1), gelangt war, ist eine even- 
tuell im Prisenprozeß zu beantwortende Tatfrage. 
Wird die Frage bejaht, so ist die Vermutung be- 
gründet, aber nicht unwiderleglich; das Schiff 
kann den Gegenbeweis führen, indem es Um- 
stände dartut, die seine Nichtkenntnis erklären. 
Unkenntnis der Verhängung der B. (wenn nicht 
bloß vorgeschützt) schützt vor Arretierung. e) Die 
blockierende Macht muß den Zugang allen Schiffen 
verbieten. a 5 sagt, die B. muß den verschiedenen 
Flaggen gegenüber unparteiisch gehand- 
habt werden. Nach a 6Gkann dagegen der Be- 
fehlshaber der blockierenden Streitmacht Kriegs- 
schiffen die Erlaubnis geben, den blockierten 
Hafen anzulaufen und ihn später wieder zu ver- 
lassen. Indem die Deklaration dem blockierenden 
Kriegsteil dieses Ermessen einräumt, kann aus 
jener Erlaubnis im konkreten Fall nicht auf den 
Eintritt der Unwirksamkeit der B. geschlossen 
werden. Dagegen wird es im Interesse des all- 
gemeinen Verkehrs für zulässig erachtet, daß 
neutralen Postschiffen der Postverkehr gestattet 
wird; eine rechtliche Pflicht ist jedoch nicht an- 
erkannt. Ausnahmen sind ferner anerkannt be- 
züglich der amtlichen Korrespondenz der neutra- 
len Regierungen mit ihren diplomatischen und 
konsularischen Agenten in dem blockierten Hafen, 
und in Fällen erwiesener Seenot. Auch dürfen 
Schiffe, die sich schon vor der Verhängung der B. 
im Hafen befinden, mit Ballast oder der schon vor- 
her eingenommenen Ladung den Hafen verlassen. 
#5 4. Verletzung der Blockade. 
1. Eine Verletzung der Blockade liegt 
vor, wenn ein neutrales Schiff trotz der Kenntnis 
der Verhängung der B. den blockierten Platz usw. 
zu erreichen oder zu verlassen versucht. Die Ab- 
sicht, die B. zu brechen, muß in entsprechenden 
Aktionen zum Ausdruck kommen; Gewalt oder 
List ist nicht erforderlich. Der Bruch der B. kann 
im Hinblick auf das durchgreifende Erfordernis 
der Effektivität und den praktischen Zweck der 
vorliegenden Kriegsmaßregel der Absperrung 
einer feindlichen Oertlichkeit nur in dem örtlichen 
blockierende Geschwader die B. übt. Dies ist auch 
der Standpunkt der Deklaration, die in a 17 er- 
klärt, daß die Beschlagnahme neutraler Schiffe 
wegen Blockadebruchs nur innerhalb des Aktions- 
bereichs der Kriegsschiffe, die beauftragt sind, die 
tatsächliche Wirksamkeit der B. sicherzustellen, 
stattfinden darf. Daraus ergibt sich, daß die 
schließliche Destination von Schiff und Ladung 
nicht entschcidend ist. a 19 der Deklaration sagt: 
„Ein die Beschlagnahme des Schiffes rechtferti- 
gender B. Bruch ist nicht als vorliegend anzuneh- 
men, wenn sich das Schiff derzeit auf der Fahrt 
nach einem nicht blockierten Hafen befindet, wie 
auch immer die spätere Bestimmung von Schiff 
und Ladung sein mag. Dic von den Ver. Staaten
	        
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