Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
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Börse 
  
  
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liche Entschließung auf Grund einer genehmigten 
BO die Eigenschaft öffentlicher B. Vereine bei- 
gelegt sei. Bayern, Sachsen und Baden, in deren 
Gebieten sich auch schon B. befanden, nahmen 
keinen Anlaß, eine staatliche Einwirkung auf die 
B. gesetzlich festzustellen. Die 3 Hansestädte 
Hamburg, Bremen und Lübeck hatten 
von altersher ihre B., die wie das ganze Staats- 
wesen dieser Republiken aufs engste mit der Kauf- 
mannschaft verquickt waren. 
Daß in diesem Stadium der Entwicklung eine 
feste Umgrenzung des Begriffes B. noch nicht ge- 
sucht und gefunden wurde, erklärt sich daher, daß 
die Bestimmungen des HGB von 1861, welche 
von B. Preisen, BO und B. Geschäften sprachen, 
eine Privilegierung der betreffenden Einrich- 
tungen darstellten. Diejenigen Körperschaften 
oder Vereine, welche für ihre Veranstaltungen 
und Einrichtungen das Privilegium haben woll- 
ten, daß dieselben als B., die festgestellten Preise 
als B. Preise im Sinne des HG#B angesehen wer- 
den mußten, konnten in Preußen und Württem- 
berg durch Einholung der staatlichen Genehmi- 
gung ein solches Privilegium erlangen. Wurde 
die Genehmigung versagt, so entfiel nur der pri- 
vilegierte Zustand, im übrigen blieben die Ver- 
hältnisse der Körperschaften und Vereine, sowie 
die privatrechtliche Wirksamkeit der mit Benutzung 
ihrer Einrichtungen abgeschlossenen Geschäfte un- 
berührt. Aehnlich lag die Sache in den übrigen 
deutschen Staaten, in denen die Einholung der 
staatlichen Genehmigung nicht vorgeschrieben 
war. 
Eine grundsätzliche Aenderung erfuhr dieser 
verwaltungsrechtliche Zustand, als sich die Reichs- 
gesetggebung mit den Verhältnissen der B. be- 
saßte. Das Reichs BG v. 22. 6. 96 enthält neben 
der Privilegierung auch Beschränkungen und 
Verbote für den Verkehr an der B. Damit war 
die Notwendigkeit gegeben, den Rechtsbegriff 
der B. fest zu umgrenzen. Dennoch brachte das 
Gesetz eine solche Umgrenzung nicht. In den Mo- 
tiren (S 25) wird zur Begründung hierfür an- 
geführt, daß eine Definition des Begriffs B. kaum 
erschöpfend zu geben ist und daß die tatsächliche 
Gestaltung der vorhandenen und als solche im 
technischen Sinne unbestritten anerkannten B. 
genügenden Anhalt bietet, um zu entscheiden, ob 
eine kaufmännische Versammlung als B. im Sinne 
des Gesetzes anzusehen ist oder nicht. Da nach § 4 
des Gesetzes für jede B. eine BO zu erlassen ist, 
für deren notwendigen Inhalt § 5 des Gesetzes 
zwingende Vorschriften aufsstellte, so waren die 
Landesregierungen, denen die Genehmigung 
dieser BO zusteht und obliegt, genötigt, die be- 
stehenden Verhältnisse einer Revision zu unter- 
ziehen. Dabei sind mehrere Veranstaltungen und 
Einrichtungen, die bis dahin nach dem Herkom- 
men als B. angesehen und vielfach auch bezeichnet 
wurden, ausgeschieden worden, ohne wesentlichen 
Widerspruch der Interessenten. Dieser haupt- 
sächlich restriktiv wirkenden Verw Praxis gegen- 
über trat aber bald nach dem Inkrafttreten des 
Be ein Fall hervor, in dem die Beteiligten der 
Meinung waren, daß ihre Veranstaltung den 
Rechtsbegriff der B. nicht erfülle, während die 
Landesregierung der entgegengesetzten Ansicht 
war. Die Gctreide= und Produktenhändler in 
Berlin, welche ihren Geschäftsverkehr den Be- 
  
schränkungen und Verboten des B nicht unter- 
worfen sehen wollten, verlegten ihre täglichen 
Versammlungen in besonders gemietete Räume 
und wollten für diese weder die staatliche Ge- 
nehmigung nachsuchen, noch eine dem Gesetze 
entsprechende BO erlassen. Die Versammlungen 
wurden polizeilich verboten, weil sie eine B. dar- 
stellten, die ohne die nach §1 des B erforderliche 
Genehmigung der Landesregierung errichtet sei. 
In dem dadurch veranlaßten Verw Streitverfah- 
ren hat das OV durch Urteil v. 26. 11. 98 den 
Rechtsbegriff der B. dahin umgrenzt: Es müssen 
Versammlungen einer größeren Zahl von Per- 
sonen vorliegen, die an einem ein für allemal be- 
stimmten Orte und zu einer allgemein bestimmten 
Zeit, wenn nicht täglich, so doch in verhältnis- 
mäßig kurzen Zwischenräumen regelmäßig ab- 
gehalten werden, und deren Wiederholung von 
vornherein beabsichtigt ist. Die sich Versammeln- 
den müssen wenigstens vorwiegend selbständige 
Kaufleute oder kaufmännische Hilfspersonen sein 
und ihren Geschäftssitz am Orte der Versammlun- 
gen oder in dessen Nähe haben. Die Versamm- 
lungen müssen dem Handel mit nicht zur Stelle 
gebrachten vertretbaren Waren dienen, und zwar 
so, daß der in ihnen betriebene Handel wiederum 
zwar nicht ausschließlich, aber doch in erheblichem 
Maße ein Handel von Großhändlern untereinan- 
der ist (Entsch des OVG 34, S 335, 336). Diese 
Begriffsbestimmung enthält viel Relatives und 
ihrc Anwendung wird daher besonders in solchen 
Fällen Schwierigkeiten bieten, in denen eine B. 
nicht mit Bewußtsein und Absicht errichtet wird, 
sondern nach und nach aus gelegentlichen kauf- 
männischen Versammlungen entsteht. Durch die 
Hervorhebung der Erfordernisse des Handelns 
mit nicht zur Stelle gebrachten vertretbaren Wa- 
ren und des Großhandels wird der Unterschied 
vom Markte gekennzeichnet, mit dem die B. im 
übrigen Aehnlichkeiten hat. 
3. In Deutschland bestehende Börsen. 
Nachdem durch das Reichs B#v. 22. 6. 96 das 
Erfordernis der Genehmigung für die B. 
und für die BO vorgeschrieben ist (§I& 1 und 4 
des Gesetzes), läßt sich der Bestand übersehen. 
Es sind zur Zoeit 29 staatlich anerkannte B. in 
Deutschland vorhanden, nämlich 14 in Preu- 
ßen (Berlin, Breslau, Cöln, Danzig, Düssel- 
dorf, Elbing, Essen, Frankfurt a. M., Hannover, 
Koblenz, Königsberg i. Pr., Magdeburg, Ruhr- 
ort, Stettin), 2 in Bayern (Augsburg, Mün- 
chen), 5 in Sachsen (Chemnitz, Dresdener B., 
Produkten B. Dresden, Leipzig, Zwickau), 3 in 
Württemberg (Effekten B., Landesproduk- 
ten B., Industrie= und HandelsB., sämtlich in 
Stuttgart), je 1 in Baden (Mannheim), El- 
saß-- Lothringen ((Straßbury, Bremen 
Hamburg und Lüb 
Da die staatliche ps- der B. nicht 
konstitutiven, sondern deklaratorischen Charakter 
hat, wie sich aus der Entsch des preußischen O#V## 
v. 26. 11. 98 (vgl. oben & 2 und Entsch 34, 315 ff) 
ergibt, so ist es nicht ausgeschlossen, daß noch wei- 
tere B. in Deutschland bestehen, für welche die 
nach &1 des Gesetzes bei der Errichtung erforder- 
liche Genehmigung oder, sofern sie bereits früher 
errichtet waren, die nach § 4 des Gesetzes erforder- 
liche Genehmigung der Bd0 nicht nachgesucht und 
erteilt ist. Derartige zwar bestehende, aber staat-
	        
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