Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
Briefgeheimnis 
rechtigt, da dem Absender noch die Entscheidung 
darüber zusteht, ob er den B absenden will. Wird 
der B zur Pgegeben, so bleibt der Absender nach 
PRecht verfügungsberechtigt, bis der B dem Ad- 
ressaten postordnungsgemäsß bestellt ist; der Adres- 
sat hat vorher einen Anspruch der P gegenüber 
nicht (§ 33, 1 der PostO v. 20. 3. 00; §#§ 433 
Abs 2, 434, 435 HGB gelten gemäß § 452 HGB 
für die P nicht). Hieraus folgt, daß auch für das 
BEröffnungsrecht der Zeitpunkt der postalischen 
Bestellung maßgebend ist. Im übrigen aber 
kommt das Pecht hier nicht in Betracht. Für 
die P entscheidet allein der mit dem Absender 
geschlossene PBeförderungsvertrag; die konkreten 
Rechtsbeziehungen kann sie und braucht sie nicht 
zu prüfen. Während also im Versendungsverkehr 
die Pimmer den Aobsender als verfügungs- 
berechtigt betrachtet, ist dieser eröffnungsberechtigt 
doch nur dann, wenn er auch der Eigentümer ist. 
Hatte er es nur übernommen, einen fremden ver- 
schlossenen B. weiterzusenden, so ist er ebenso 
wenig eröffnungsberechtigt, wie der Empfänger 
nach Empfang es ist, wenn ihm der B nur zur 
Aufbewahrung übergeben wurde. — Bei der 
Frage nach dem Eigentümer des B ist § 950 BG B 
zu berücksichtigen. Hierdurch wird dem Autorrecht 
in gewisser Beziehung Rechnung getragen. Ein 
Eröffnungsrecht gibt das Autorrecht als solches 
aber nicht, denn es enthält nicht die Befugnis zur 
Verfügung über eine fremde körperliche Sache. 
Die Eröffnungsbefugnis kann durch Auftrag 
oder Ermächtigung auch einem Dritten zustehen. 
Solche Vertretungsmacht kann auch stillschweigend 
eingeräumt werden. Auch unbeauftragte Ge- 
schäftsführung ist zulässig. Derartige Rechtsver- 
hältnisse bestehen besonders häufig unter Ehe- 
gatten. Ein BEröffnungsrecht steht jedoch 
dem einen Ehegatten gegenüber dem anderen an 
sich nicht zu. Doch hat der Ehemann das Eröff- 
nungsrecht ausnahmsweise dann, wenn außer 
Zweifel steht, daß der B ausschließlich die Ver- 
mögensverwaltung des Mannes oder ausschließlich 
Angelegenheiten betrifft, die sich — unmittelbar — 
auf das „gemeinschaftliche eheliche Leben“ (/ 1364 
BGB) beziehen (ähnlich Opet, v. Stau- 
dinger. Das Recht des Ehemanns verneinen 
ganz: Olshausen, Frank, Binding, 
Finger, Jastrow, Goldmann; da- 
gegen ganz bejahend: besonders Kohler, 
ferner v. Schwarze, Or in Goltd Arch 
7, 118, Oppenhoff-Delius, Leutke, 
Friedländer). Ein BEröffnungsrecht steht 
den Eltern gegenüber den minderjährigen Kin- 
dern zu und zwar, als Ausfluß des Erziehungs- 
rechts, auch der Mutter, mag sie auch nicht gesetz- 
liche Vertreterin sein. Der Vormund, auch eines 
Volljährigen, hat das gleiche Recht. Das Recht 
des Pflegers ist begrenzt durch den ihm zugewie- 
senen Geschäftskreis; betrifft der B auch nur teil- 
weise diesen Kreis, so besteht (anders oben beim 
Ehemann) das Recht des Pflegers dennoch auf 
Grund seiner Fürsorgepflicht. — Die hiernach 
Eröffnungsberechtigten können, wie angedeutet, 
das Recht übertragen. Uebertragung gilt als 
stillschweigend erfolgt an Erzieher und Erziehungs- 
institute, soweit es sich nicht um B zwischen dem 
Kinde und dem Gewalthaber selber handelt. Auch 
Irrenanstalten haben das Recht als Ausfluß der 
persönlichen Fürsorgepflicht; doch dürfen sie den 
  
— — — — — —— — - — — — —– — — — —. 
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...—..—— . 
— Ó —— — — . 
  
BVerkehr des Kranken mit öffentlichen Behörden 
nicht unterbinden. 
Mit diesem Eröffnungsrecht hat das postalische 
Empfangsrecht nichts gemein. Die POrdnung 
regelt erschöpfend den Kreis der Ersatzempfänger 
und rechnet dazu u. U. auch die Dienstboten, nicht 
aber den Vormund und Pfleger. Mangels einer 
entsprechenden Vorschrift der POrdnung kann 
der gesetzliche Vertreter des Adressaten, soweit er 
nicht als im Hause des Adressaten anwesender 
Familienangehöriger Ersatzempfänger ist, ein 
Empfangsrecht der P gegenüber nicht geltend 
machen, auch nicht die Bestellung an das Mündel 
verbieten. Dagegen kann der gesetzliche Ver- 
treter des Absenders (nicht der nur Erziehungs- 
berechtigte) dessen Recht auf Rücknahme der Sen- 
dung (bis zur Aushändigung an den Empfänger) 
auch der P gegenüber geltend machen. 
#§ 5. Strafantrag, Strase und Berjährung. 
Der Strafantragsberechtigte (Verletzte) ist nicht 
identisch mit dem, der zur BEröffnung befugt ist. 
Denn durch §* 299 wird nicht das BEröffnungs- 
recht geschützt, sondern das Geheimhaltungs- 
interesse dessen, der über den B zu verfügen hat. 
Antragsberechtigt ist hiernach der Eigen tü- 
mer (im Rahmen des & 65 StE B auch der 
gesetzliche Vertreter). Verletzt ist der Eigentümer 
nur dann, wenn er zur Zeit der Tat Eigen- 
tümer war. Erfolgte hiernach die BErbrechung, 
während der B noch beim Absender lag, oder be- 
vor er dem Adressaten oder dessen Empfangsver- 
treter übergeben worden, so ist nur der Absen- 
der antragsberechtigt. Der Adressat hat dann 
das Antragsrecht nicht, denn er ist (noch) nicht 
Eigentümer. Sein Interesse daran, daß der B 
ihm unvefitct zugeht, rechtfertigt kein konkurrie- 
rendes Ankragsrecht des Adressaten für den Fall, 
daß die Tat während der Beförderung des B 
erfolgte. Er muß es vielmehr dem Absender über- 
lassen, ob dieser ihm den B verschlossen zugehen 
lassen und in welcher Weise er gegen die sein 
eigenes Verfügungsrecht beeinträchtigende BEr- 
brechung reagieren will. Erfolgte andererseits 
die Tat, nachdem der Adressat das Eigentum am 
B erlangt hat, so ist nur er antragsberechtigt. Ist 
ihm der B nur zur Aufbewahrung übergeben, so 
verbleibt das Antragsrecht ausschließlich beim 
Absender oder dem sonstigen Eigentümer. Eine 
Uebertragung des Antragsrechts auf einen Ande- 
ren findet nicht statt (so die herrschende Meinung; 
AM: Rüdorff - Stenglein, die nur 
den Absender als antragsberechtigt ansehen. 
Anders, mit weiteren Unterscheidungen, Bin- 
ding,). 
Die Strafverfolgung verjährt in 3 Jahren 
seit Begehung der Tat (§ 67 Abf 2 St GB)h unter 
Mitrechnung des Tages der Tat. Der Tag der 
Tat ist der Tag der unbefugten Eröffnung, nicht 
etwa, unter Annahme eines fortgesetzten Delikts, 
der spätere Tag des Lesens des B(AM Kohler). 
Denn das Delikt ist mit der Eröffnung vollendet, 
ohne Rücksicht darauf, ob der Täter vom BoIn- 
halt Kenntnis nimmt. — Die Strafe ist Geld- 
strafe bis 300 Mk. oder Gefängnis bis zu 3 Mo- 
naten. (Umwandlung der Geldstrafe in Haft: 
g 28 Abs 2 StGB.) 
Literatur: Außer den Lehrbüchern des StR und 
den Kommentaren z. Stah, sowie den Kommentaren z. 
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