Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

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Civilliste 54 
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ningen eine kleine Literatur entstanden ist (Za-W Zieht man auch die kleineren Staaten in Be- 
chariä, D. Staatsrecht, 11 § 208 u. zit.). Im all= trachtung, so erscheinen im deutschen Landes- 
gemeinen überwog wohl ursprünglich der Cha= staatsrecht folgende Systeme: 
rakter als Hausgut und Familieneigentum. Doch In einer Roeihe von Staaten, namentlich in den 
war dieses reichsgesetzlich mit dem modus be= größeren, sind die Domänen für Staats- 
lastet, die Kosten der Landesverwaltung zu be= eigentum erklärt worden. Dem Monarchen 
streiten, — vorbehaltlich des standesmäßigen Un= ist dann nach dem Vorgange Englands und Frank- 
terhalts des Landesherrn und der landesherr-- reichs eine sog. „Civilliste“ vorbehalten worden. 
lichen Familie. (Die Haftung für die Kosten Diese C. steht entweder gesetzlich fest, oder sie 
der Landesverwaltung war die Hauptveranlas-] wird mit dem Landtage für die ganze Dauer der 
sung zur Verleihung der kaiserlichen Hoheitsrechte Regierung vereinbart. 
von Vater auf Sohn, zur allmählichen Einführung In anderen Staaten ist den Domänen der 
der Erblichkeit der Landeshoheit, überhaupt eine Charakter von Hausgut der regierenden Familie 
der Rechtsbedingungen für die Entstehung der beigelegt worden, an dessen Bestandteilen dem 
Landeshoheit.) Allmählich überwog die Bedeu= jeweiligen Landesherrn eine Art nutzbares Eigen- 
tung der staatsrechtlichen Lasten immer mehr und tum, den anderen Familiengliedern Korporations- 
schließlich wurde, je weiter das System der rei= rechte zustehen. In einzelnen dieser Länder sind 
nen Geldwirtschaft fortschritt und die Ordnung die Domänen, trotz ihrer Eigenschaft als Hausgut, 
des Landeshaushalts eine feste Etatisierung der der gewöhnlichen Staatsfinanzverwaltung unter- 
Staatseinnahmen erforderte, eine Ausein= stellt worden. In anderen Ländern dagegen steht 
an dersetzung zwischen Krone und Staat das Domanialvermögen unter der ausschließlichen 
immer notwendiger. Verwaltung des Landesherrn und der von ihm 
Diese Gesichtspunkte haben sich zum Teil schon ernannten Behörden. Die Einkünfte desselben 
im absoluten Staat geltend gemacht. Sie fließen jedoch trotzdem nicht immer ausschließlich 
wurden aber zur zwingenden Notwendigkeit durch dem fürstlichen Hause zu, vielmehr ist das Doma- 
die Einführung der konstitutionellen nialvermögen häufig verpflichtet, einen bestimm- 
Verfassungen, da man den zum Unterhalt der ten Beitrag zu den Kosten der Landesverwaltung 
landesherrlichen Familie erforderlichen Anteil zu leisten. 
nicht von der freien jährlichen Bewilligung der In wieder anderen Staaten hat eine wirkliche 
Landesvertretung abhängig machen konnte oder Teilung des Domanialvermögens zwi- 
wollte. Da diese Zeit indessen überhaupt dem Vor= schen dem Staate und der regierenden Familie in 
bild der französischen Verfassungsurkunde zu rein staatliches und rein privates Gut stattgefun- 
folgen gewohnt war, die man als ein allgemeines den. Jedoch ist auch hier nicht immer sofort eine 
konstitutionelles Staatsrecht ansah, so drängte sich die reelle Ausscheidung eingetreten, sondern der ge- 
Bezeichnung „Civilliste“ für dies vorbehaltene Quan= samte Göüterkomplex bleibt zunächst unter ge- 
tum auf, die zuerst in der badischen Verf 1818 auf= meinsamer Verwaltung, und die tatsächliche Tei- 
taucht und vielfältig Nachfolge fand, so wenig dieser lung findet erst dann statt, wenn das betreffende 
Ausdruck für eine aus dem erblichen Krongut vor= Haus aufhört, die Regierung des Landes zu führen. 
behaltene Rente angemessen ist. In anderen Ver- Unter den gewöhnlich zahllosen Varianten des 
fassungen fand der Ausdruck „Krondotation" Ein= deutschen Staatslebens kehrt auch hier die Er- 
gang, der wiederum auf eine Ausstattung aus dem fahrung wieder, daß doch für das Wesentliche 
Volksvermögen hindeutet, während es in der Wirk- gleichmäßig gesorgt ist. Der Haus= und Hofhalt 
lichkeit eine Kron reservation war, wenig- der deutschen Fürsten ist unabhängig von Jahres- 
stens in denjenigen Ländern, in welchen dieser Vor-F bewilligungen der Volksvertretung, entweder 
behalt nur einen Bruchteil der Einkünfte aus einem dauernd durch Gesetz oder doch auf die Dauer ihrer 
erweislich ursprünglichen Familiengut darstellt, Regierungszeit festgelegt, als ein wesentlicher 
wie im Königreich Preußen. In den politisch be= Grundsatz des monarchisch konstitutionellen Staats- 
wegten Zeiten konnten sich die Volksvertretungen rechts, ohne welchen die Erbmonarchie ihren Beruf 
nicht leicht von der Vorstellung losmachen, als zu erfüllen außer stande sein würde. 
ob der Fürst von dem Volkseinkommen ausge- Im folgenden werden über die vier König- 
stattet werde, und als ob die jährliche Zustimmung reiche und die Großherzogtümer Baden und 
der Landesvertretung zu dem Staatshaushalts= Hossen nähere Erläuterungen und für die kleineren 
gesetz auch eine Befugnis enthalte, dem Landes= Staaten nur einige kurze Daten gegeben. 
herrn ein gewisses Einkommen aus seinen Domä- # 8. Preußen. Hier hatte schon Friedrich 
nen zu „bewilligen“. Die Wiener Ministerkon- Lilhelm I. in seinem berühmten Ed. v. 13. 8. 1713 
ferenzen v. 12. 6. 34 sahen sich dadurch veranlaßt, „alle erworbenen und zu erwerbenden Länder, 
den Grundsatz auszustellen: die C. soll nicht ohne Leute, Güter und Einkünfte der Krone und Chur 
des Landesherrn Einwilligung vermindert, noch auf ewig einverleibt“, den Unterschied zwischen 
ohne Zustimmung der Stände erhöht werden. Domänen und Chatullgütern aufgehoben und 
Der gesetzmäßige Sinn der Nation hat überall breiden „die Natur rechter, unveräußerlicher Do- 
daran fesrgehalten, daß die sog. C. gesetzlich fest-, manialgüter beigelegt". Die Dynastie begründet 
gelegt, mindestens auf die Regierungszeit des! damit die Einheit der Staatsfinanzen. Ebenso 
Fürsten festgestellt und damit den jährlichen Be= definiert das preußische Landrecht die Domänen 
schlüssen der Landesvertretung entrückt sein soll. als Güter, deren Eigentum dem Staat, deren 
Eine Bewilligung von Jahr zu Jahr (wie in Bel= Nutzung dem Staatsoberhaupt zusteht. Der abso- 
gien, Norwegen) ist bei uns nirgends versucht lute Monarch bestimmt nun nach seinem Er- 
worden. Im übrigen aber bieten die einzelnen messen, wie unter dem ancien régime in Frank- 
deutschen Länder auch in dieser Materie ein Bild reich, welcher Teil des Staatseinkommens all- 
zahlreicher Verschiedenheiten dar. 1 jährlich für den königlichen Hof und den Hof- 
  
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