Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
Deichwesen 
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die Anlegung neuer. In letzterer Hinsicht kann 
nur durch das Aufsichtsrecht der Ausgleich für den 
nach obigem möglichen Widerstreit der Interessen 
verschiedener Flußanlieger gewährleistet werden, 
denn privatrechtlich ist an sich jeder befugt, auf sei- 
nem Grundstücke die zu dessen Schutze erforderli- 
chen Anlagen auszuführen, auch wenn dadurch ein 
anderer Schaden leidet. Auf die Beseitigung 
rechtmäßig angelegter Deiche, die sich als schädlich 
erweisen, erstreckt sich das Aufsichtsrecht nicht; diese 
Beseitigung kann nur im Wege der Enteignung 
erzwungen werden. 
Die bestehenden großen Deichsysteme sind sämt- 
lich Genossenschaftsanlagen und auch die Neu- 
anlage wichtigerer Deiche wird stets ein gemein- 
schaftliches Interesse verschiedener Grundbesitzer 
voraussetzen. Hierauf beruht die besondere Be- 
rücksichtigung, welche die Genossenschaftsdeiche 
in der Gesetzgebung gefunden haben. 
#§s 3. Die Anlegung von Teichen. Die Anlegung 
von Deichen, der die Veränderung und Verlegung 
bestehender Deiche gleichgestellt ist, bedarf der vor- 
gängigen Genehmigung der Aufsichtsbehörde, 
wobei manche Gesetzgebungen der Behörde die 
Feststellung der Lage und der Abmessungen des 
Deiches übertragen (preuß. G von 1848 §#§ 1, 2 
und von 1905 55#. 1 ff.: schlesw.-holst. Patent von 
1800 Nr. 1 und Deichreglement von 1803 K5§ 33, 
34; Lüneburger Deichordnung von 1862 §## 4, 15; 
Deichordnung für Ostfriesland von 1853, 8§ 3, 7; 
kurhess. V v. 1824 S§ 16, 17; bayer. G über den 
Uferschutz Art. 20—22 und G über die Benutzung 
des Wassers Art. 10, 11, 40: bayer. WasserG v. 
23. 3. 07 a 76, 77; sächs. Mandat von 1819 §4; bad. 
Wasser G v. 26. 6. 99 §5 91; heff G v. 14. 6. 87 a 1 
und v. 30. 7 1887 a 112—115: französ. G von 1807 
à 33; els.-lothr. G v. 2. 7. 91 § 39). Dic meisten 
Gesetze unterscheiden hierbei nicht zwischen schiff- 
baren und nichtschiffbaren Flüssen, sehen aber von 
einer Genehmigung ab, wenn es sich um vorüber- 
gehende Schutzmaßregeln gegen eine unmittelbar 
drohende Gefahr handelt. In Preußen erfordert 
das Deich G v. 1848 die Genehmigung für Deiche 
oder ähnliche Erhöhungen der Erdoberfläche, die in 
irgend einem Teile des Ueberschwemmungsgebiets 
eines zeitweise aus seinen Ufern tretenden Ge- 
wässers angelegt usw. werden sollen (5 1); die 
Bestimmung bezieht sich dem Zusammenhange 
nach nur auf Deiche, die zu keinem Deichverbande 
gehören: für letztere bedarf es einer besonderen 
Vorschrift hierüber nicht, da Deichverbände nur 
durch staatliche Anordnung gebildet werden (§ 11). 
Die Genehmigung ist zu versagen, wenn durch die 
Anlage das notwendige Abflußprofil des Hoch- 
wassers beschränkt werden würde (§ 3). Zuständig 
für die Genehmigung ist der Bezirksausschuß (5+ 96 
Zust G). Nach dem preuß. G zur Verhütung von 
Hochwassergefahr en von 1905 sollen 
nach näherer Vorschrift des § 2 Verzeichnisse der 
bei Hochwasser Gefahr bringenden Wasserläufe und 
in diesen Verzeichnissen diejenigen Teile des nicht 
hochwasserfrei eingedeichten Ueberschwemmungs- 
gebiets festgestellt werden, in denen nicht ohne 
Genehmigung Erhöhungen der Erdoberfläche neu 
ausgeführt, erweitert oder verlegt und Deiche, 
deichähnliche Erhöhungen und Dämme ganz oder 
teilweise beseitigt werden dürfen (§ 1). Zuständig 
für die Genehmigung ist bei schiffbaren und be- 
sonders hochwassergefährlichen Wasserläufen der 
  
Bezirksausschuß, im übrigen der Kreisausschuß 
(5F 3). Die Genehmigung darf nur aus Rücksichten 
des Hochwasserschutzes versagt oder an Auflagen 
und Einschränkungen geknüpft werden (F 4). Das 
Gl-erlangt für jedes Ueberschwemmungsgebiet 
erst mit der öffentlichen Bekanntmachung von der 
Feststellung des Verzeichnisses für die betreffenden 
Wasserläufe Geltung. Alsdann treten die Be- 
stimmungen der §& 1—3 des Deich G von 1848 
für die in die Verzeichnisse aufgenommenen Was- 
serläufe außer Kraft (5 12). Für die nicht ausge- 
nommenen Wasserläufe geschieht dies für jede 
Provinz mit dem Abschlusse der Verzeichnisse für 
sie. Die Genehmigungsbehörde hat nach ihrem 
Ermessen in erheblicheren Fällen die Beteiligten 
zu hören, sie kann auch eine öffentliche Ladung der 
Interessenten veranlassen (§5 2 G von 1848, 8 3 
Gvon 1905). Aehnliche Bestimmungen wie nach 
dem preuß. G von 1848 gelten in Bayern (Wasser- 
G von 1907 a 76, 78, 79), in Baden (Wasser ## 
von 1899 g8 91, 92) und in Hessen (Gv. 30. 7. 87 
à 113—115). Ein Zwang zur Anlegung von Dei- 
chen findet gegen den einzelnen Grundbesitzer nicht 
statt, nur Deichverbände können nach einigen Ge- 
setzen gegen den Willen der Beteiligten gebildet 
werden (unten 6). 
§ 4. Die Unterhaltung der Deiche. Die Unter- 
haltung der Deiche liegt, wo Deichverbände (§85 
5, 6) bestehen, diesen ob. Die Unterhaltung der 
Privatdeiche ist zwar im allgemeinen schon inso- 
weit gesichert, als nach den in § 3 aufgeführten 
Gesetzen der Besitzer die einmal errichtete Anlage 
ohne Genehmigung nicht verändern oder gar 
zerstören darf. Darüber hinaus ist aber regel- 
mäßig auch eine positive Unterhaltungspflicht 
des Besitzers vorgeschrieben. In Preußen 
(G von 1848 in Verbindung mit §5 96 Nr. 2, 3 
Zust G) kann der Bezirksausschuß die Unterhaltung 
und die Wiederherstellung eines zum Schutze der 
Ländereien mehrerer Besitzer dienenden Deiches 
fordern und den Unterhaltungspflichtigen hierzu 
im Zwangswege anhalten (8#8 4, 5). Ist die Unter- 
haltungspflicht ungewiß oder streitig, so findet eine 
interimistische Regelung der Baulast statt (§ 5), 
doch ist in diesem Falle demnächst die Bildung eines 
Deichverbandes von Amts wegen einzuleiten; 
stellt sich dabei die Bildung als nicht erforderlich 
heraus, so kann die fernere Erhaltung des Deiches 
im Aufsichtswege nicht mehr verlangt werden (5 
10). In Bayern ist nur allgemein die Unter- 
haltung von Dammbauten, „soweit das Gemein- 
wohl sie erfordert“, vorgeschrieben (Wasser G von 
1907 a 74, 94, 98, 100). In Baden sind „die 
Besitzer verpflichtet, für die durch die öffentlichen 
Interessen oder durch überwiegende Interessen. 
der Landeskultur oder der Industrie gebotene In- 
standhaltung der dem Wasserschutze dienenden 
Anlagen zu sorgen“. Die näheren Bestimmungen 
werden im Wege der Verordnung getroffen (bad. 
Wasser G von 1899 §§ 86, 90: Vollzugs V v. 8. 12. 
99 — bad. GBl. S. 897; Gewässer= und Deich- 
schauordn. v. 8. 12.99 — GBl S. 942). In 
Hessen trägt der Staat die Kosten der laufenden 
Unterhaltung von Hochwasserdämmen an schiff- 
baren Wasserläufen (hess. G v. 14. 6. 1887 a 16); 
hinsichtlich der „Bäche“, d. h. aller nicht schiffbaren 
oder flößbaren Wasserläufe liegt einerseits den 
Gemeindemn ’ die Pflicht der Unterhaltung insoweit 
ob, als der Schutz der im Bereich eines „Baches“
	        
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