Familienautonomie in weiterem Umfange als
die Mediatisierten, denen sie nach a 58 E z. BGB
nur für ihre Familienverhältnisse und Güter zu-
gestanden ist.
Damit werden nicht nur die bestehenden Haus-
gesetze und Observanzen der D. anerkannt, son-
dern es kann sich auch neues Hausrecht bilden.
Soweit die D. die deutsche Reichsangehörigkeit
nicht besitzen, entzieht sich die Fortentwicklung
dieses Hausrechtes jeder Einwirkung der inländi-
schen Staatsgewalt. Sie hat es als gegeben hin-
zunehmen, wofern nicht besondere Rechtstitel
über das inländische Vermögen einer Aenderung
entgegenstehen. So hat im Hause Nassau die
Familienordnung v. 16. 4. nebst dem luxembur-
gischen Gv. 10. 7. 07 den Uebergang der Erbfolge
auf den weiblichen Stamm nach Erlöschen des
Mannsstammes bestimmt. Für die hessischen und
schleswig-holsteinischen Linien ist, da das Fami-
lienhaupt keine obrigkeitliche Gewalt über die
Familienmitglieder hat, ein Vertrag sämtlicher
großjähriger Agnaten unter Bestätigung des Kö-
nigs zu erfordern.
4) Als Entschädigung für entgangene Nutz-
ungsrechte des Domanialvermögens haben die D.
vertragsmäßig Vermögensgegenstände überwiesen
Depossedierte — Diensteid
erhalten, die Bestandteile des Hausfideikommisses
wurden. Dies geschah durch Vi mit dem Könige
von Hannover v. 29. 9. 67, dem Landgrafen
Friedrich von Hessen v. 26. 3. 73, den Agnaten
der Philippsthaler Linie v. 13. 12. 80 unter An-
erkennung des Erbfolgerechtes der großherzog-
lichen Linie durch Vt v. 13. 1. 81 für das durch
Bt v. 26. 3. 73 begründete Privatfamilienfidei-
kommiß der kurhessischen Fürstenfamilie und end-
lich durch Vt mit dem Herzoge von Nassau v.
18. 9. 67. Die Linien Schleswig-Holstein hatten
zwar keine Landeshoheit und damit auch keine
Nutzungsrechte an den Domänen verloren. Doch
wurde anerkannt, daß sie durch die politische Ent-
wicklung auch vermögensrechtlich geschädigt seien.
Es wurde ihnen daher zwar nicht vertragsmäßig,
aber gesetzlich eine Schadloshaltung zugebilligt,
der Linie Augustenburg durch G v. 1. 4. 85, der
Linie Glücksburg durch G v. 27. 4. 05.
+ 3. Berwaltungsrechtliche Sonderstellung.
a) Befreiung von der allgemeinen Wehrpflicht,
nach § 1 des Wehr G v. 9. 11. 87 allen Mitglie-
dern regierender Häuser zugestanden.
b) Freiheit von den direkten Staatssteuern: für
die Einkommensteuer nach § 3 des Einkommen-
steuerG v. 24. 6. 91, für die Ergänzungssteuer
nach § 3 des Ergänzungssteuer G v. 14. 7. 93.
Kommunalsteuerfreiheit besteht nicht.
c) Recht der Stellvertretung bei Kreistags-
wahlen. Nach 3 54 der hessen-nassauischen KrO
v. 7. 6. 85 können sich die Mitglieder des hessi-
schen und nassauischen Fürstenhauses bei den
Kreistagswahlen in Hessen-Nassau durch Stell-
vertreter beteiligen.
d) Prozessuale Sonderstellung. Nach § 5 Ec#
z. GVG, 8 6 EG z. ZPÖ, 8 4 EG z. StPO,
* 7 Ec z. KO in Verbindung mit dem G v.
25. 3. 04 finden diese Gesetzbücher auf die D. nur
insoweit Anwendung, als nicht besondere Vor-
schriften der Hausverfassungen oder der Landes-
gesetze entgegenstehen.
Ein privilegierter Gerichtsstand besteht danach
nicht, weil solcher wohl durch Landesgesetz be-
v. Stengel.- Fleischmann, Wörterbuch 2. Aufl. I.
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gründet werden könnte, aber nicht begründet ist.
uch das nach 97 EGz. GVcl den Standesherren
gewährte Recht auf Austräge greift nicht Platz,
weil die D. eben nicht Standesherren sind (v.
Rönne-Zorn 2, 26 will es wenigstens den
Mitgliedern der hessischen Linien geben, doch un-
begründet).
Wohl aber genießen sie die sonstigen prozessua-
len Sonderrechte nach s 479, 482 3PO, + 71
St PO der Zeugenvernehmung in ihrer Woh-
nung und der Eidesleistung durch Unterschreiben
der Eidesformel, sowie nach § 219 8PO überhaupt
der Entbindung vom persönlichen Erscheinen vor
ericht.
QOuellen bei Heffter, Die Sonderrechte der
souveränen und der mediotisierten vormols reichsständischen
Häuser Deutschlands, 1871; H. Schulze, Die Hausgesetze
der regierenden deutschen Fürstenhäuser. 3 Bände, 1862
bis 1883. "
Literatur: Bornhak, 1, 335 ffi Rehm, Moder-
nes Fürstenrecht, 1904, besonders S 457 ff; v. Rönne-
Zornna, 25 ff. □——
Dienstbarkeiten
Staatsdienstbarkeiten
Diensteid
* 1. Begriff. 1 2. Pflicht zur Ableistung, Form des Eides,
Art der Ableistung. 3. Bedeutung des Diensteides.
§s 1. Begriff. Unter „Diensteid“ wird im allge-
meinen der von einem Beamten oder von einer
mit der Wahrnehmung eines Amtes betrauten
Privatperson vor der Uebernahme des Amtes zu
leistende Eid verstanden, in dem dessen Träger die
gewissenhafte Erfüllung der mit dem Amte ver-
bundenen Obliegenheiten angelobt.
I. Von besonderer Bedeutung ist der allge-
meine Diensteid (Staatsdienereid), der
von allen unmittelbaren und mittelbaren Reichs-
und Staatsbeamten — und zwar der Regel nach
sowohl von den festangestellten wie von den auf
Kündigung oder Widerruf angestellten (in Preußen
z. B. auch von den Zivilsupernumeraren und Mili-
täranwärtern im Vorbereitungsdienste) vor der
ersten Uebernahme eines Amtes, also vor dem Ein-
tritt in den Staatsdienst, zu leisten ist. In diesem
Eide verspricht der Beamte nicht bloß gewissenhafte
Erfüllung der Dienstpflichten, sondern er gelobt
auch Treue und Gehorsam dem Staatsoberhaupte
und Beobachtung der Staatsverfassung; das be-
sonders geartete, die ganze Persönlichkeit des Be-
amten erfassende Dienstverhältnis zum Staate
findet hier einen bezeichnenden Ausdruck. Wo,
wie in Hessen und unter Umständen in Bayern,
der allgemeine D. sich auf das Versprechen ge-
wissenhafter Erfüllung der Dienstpflichten be-
schränkt, da ist das Gelöbnis der Treue und des Ge-
horsams gegenüber dem Landesherrn und der
Landesverfassung in dem neben dem allge-
meinen D. von dem Beamten zu leistenden Kon-
stitutions= oder Verfassungseide enthalten (s. unten
§+#.2). Uebrigens haben den allgemeinen D. mit-
unter nicht bloß Beamte, sondern auch in einem
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