16 Ablösung der Reallasten (Baden)
richten war, ohne Entschädigung der Berechtig-
ten, während durch ein zweites Gesetz vom gleichen
Datum der Blutzehntenn einschließlich des
Bienen= und Honigzehntens, d. h. der kraft be-
sondern Rechtstitels von dem Ertrag an Vieh-
stücken, Bienen oder Honig zu entrichtende Zehn-
ten, der soweit er dem Domänenärar zustand,
schon nach früheren Vorschriften um das löfache
der Zehntrente ablösbar gewesen war, nunmehr
allgemein ausgehoben und die auf die gleiche
Summe festgesetzte Entschädigung je zur Hälfte
der Staats- und der Gemeindekasse zur Last ge-
legt wurde. Für die übrigen Zehntla-
sten wurde die Ablösung durch das aus-
führliche Gesetz v. 15. 11. 33 geregelt
und zwar derart, daß die A. bis zum 1. 1. 38 der
freien Vereinbarung zwischen den Beteiligten
anheimgegeben, von da aber auf Antrag durch-
geführt wurde. Antragsberechtigt sind auf seiten
der Zehntverpflichteten einerseits die Gemeinde
als solche, anderseits die einzelnen in der Gemar-
kung seßhaften Pflichtigen, wenn mindestens ein
Drittel derselben, welches nicht weniger als die
Hälfte der in der Gemarkung zehntpflichtigen
Güter besitzt, einen bezüglichen Beschluß faßt;
vom 1. 1. 42 an stand auch den Zehntberechtigten
die Antragsbefugnis zu. Die A. des Zehnten muß
stets als einheitliche Maßregel für die ganze Ge-
meindegemarkung auf einmal durchgeführt werden;
nur bei den weniger wichtigen Wiesen-, Garten-,
Obst- und Holzzehnten sind hiervon Ausnahmen
zulässig. Die Entschädigung der Zehntberechtigten
erfolgt durch Zahlung eines Geldkapitals, welches
das 20fache der mittleren reinen Zehnteinnahme
beträgt. Dasselbe ist in höchstens 5 Jahreszielen
und zwar für jede Gemeinde durch einen Vor-
träger zu entrichten; eine vom Staat errichtete
Zehntschuldentilgungskasse besorgt die Vermitte-
lung bei der A. und schießt den Zehntpflichtigen.
die erforderlichen Kapitalien vor, welche dann all-
mählich getilgt werden. Die Staatskasse über-
nahm ein Fünftel des A. Kapitals, was für den
Staat eine Ausgabe von rund 14 Millionen M.
zur Folge hatte. Im Jahre 1857 waren von den
5751 Zehntberechtigungen 5684 abgelöst; die A.
der übrigen war 1893 zu Ende geführt. Das ge-
samte A. Kapital betrug rund 70 Mill. M.
2. Die bäuerlichen Grundzinsen,
Gülten, Drittelspflichten und ähn-
liche Lasten. Die mit dem Besitz eines Grund-
stücks verbundene und nicht auf dem ritterlichen
oder bäuerlichen Lehensverhältnis beruhende
Pflicht, dem Berechtigten periodisch bestimmte
Summen von Naturalien oder Geld (Gülten
oder Erbzinsen) oder bei gewissen Ereig-
nissen, wie bei der Besitzveränderung, bestimmte
Wertbeträge, die als Währschaft, Handlohn, Kauf-
geld bezeichnet wurden (die Drittels-
pflichten), zu leisten, wurde durch ein Gv.
5. 10. 1820 als ablösbar erklärt. Sowohl der Be-
rechtigte als der Verpflichtete darf die A. ver-
langen; die A. Summe beträgt, wenn der Berech-
tigte den Antrag stellt, je nach dem geringeren
oder größeren Wert der geschuldeten Leistung
das 9—15fache, und wenn der Verpflichtete der
Antragsteller ist, das 18fache des Gült= oder Zins-
werts. Ferner wurden durch G v. 14. 5. 1825
cine Anzahl eigenartiger, meist aus dem
ten zu periodischen Leistungen an Naturalien oder
Geld für aufgehoben erklärt, wie die Rauchhühner,
Gewerbe-Rekognitionsgelder, die Beiträge zu den
Leistungen der Justiz und Polizei, wie Fauthaber,
Vogtgelder, Steuerroggen, Schutz= und Schirm-
gelder, und zwar soweit sie dem Staat zu leisten
waren, ohne Entschädigung und, soweit Standes-,
Grundherrn oder sonstige Personen berechtigt
waren, gegen eine für den Einnahmeausfall aus
der Staatskasse zu leistende Entschädigung. So-
weit bis zum Jahre 1848 die Gülten, Grundzinsen
und Drittelspflichtigkeiten auf Grund des G v.
1820 noch nicht aufgehoben und soweit außer die-
sen und den im Gv. 1825 bezeichneten Leistungs-
pflichten noch andere privatrechtliche Lasten dieser
Art übrig geblieben waren, wie Handlohn, Ehr-
schatz, Güterfall, Kauffall, Herdrecht, Sterbfall
und die Abzugsrechte, wurden sie durch das Gv.
10. 4. 48 aufgehoben. Nach dem ergänzenden
Gv. 13. 2. 51 wird dem Berechtigten für die auf-
gehobenen Abgaben aus der Staatskasse das
12fache der ermittelten Rente als Entschädigung
bezahlt; die Staatskasse kann von dem Besitzer der
mit der Abgabe belasteten Grundstücke den Rück-
ersatz der bezahlten Entschädigungssumme ver-
langen, wenn ein privatrechtlicher Entstehungs-
grund der Last nachzuweisen ist.
3. Sonstige mit dem Eigentum
oder anderen dinglichen Rechten
verbundene Pflichten zur Leistung
von Sachwerten oder Geld. Unab-
hängig von den Rechtsvorgängen, welche die Be-
lastung der bäuerlichen Grundstücke mit Zehnten,
Gülten und sonstigen Geld= oder Sachleistungen
zur Folge hatten, ergab sich aus verschiedenen zum
Teil im öffentlichen Recht wurzelnden aber all-
mählich in Verpflichtungen des Privatrechts um-
gestalteten Tatbeständen, daß mit dem Besitz der
der Landesherrschaft (ddem Domänenärar), den
Standes= und Grundherrn, den Gemeinden, den
Kirchenpfründen, Anstalten, Stiftungen und an-
dern Personen gehörigen Liegenschaften und
liegenschaftlichen Rechten die dingliche Pflicht ver-
bunden wurde, periodisch bestimmte Geld= oder
Sachleistungen, namentlich aus den Erträgnissen
jener Güter und Rechte, zu Gunstenöffent-
licher Einrichtungen zu machen. Ins-
besondere war mit der Zehntberechtigung vielfach
die Pflicht verbunden, aus dem Zehntertrag die
Aufwendungen für Herstellung und Unterhaltung
der in der betreffenden Gemarkung erforderlichen
Kirchen, Pfarrhäuser und Schulgebäude ganz
oder teilweije zu bestreiten, Zuschüsse an Geld oder
Naturalien für die Gehalte der Geistlichen und
Schullehrer zu leisten, sowie die Kosten der Stier-
haltung (Faselviehlast) zu tragen. Aber auch ab-
gesehen von der Zehntberechtigung hatte sich eine
dingliche Pflicht des Aerars, der adeligen Besitzer,
der Gemeinden und mancher Anstalten heraus-
gebildet, infolge der sie aus den Erträgnissen ihrer
Waldungen oder landwirtschaftlichen Grundstücke
periodisch für jene öffentlichen Einrichtungen solche
Leistungen zu machen hatten, eine Last, die sich
nicht selten von dem dinglichen Zusammen-
hang mit dem Besitz bestimmter Liegenschaften
ganz löste und zur persönlichen Verpflich-
tung des Domänenärars, der Gemeinde und son-
stiger juristischen Personen umgestaltet wurde.
öffentlichen Recht herstammender Pflich-Auch diese Lasten, welche, insoweit sie zum Gehalt