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B. Disziplinarstrafen
z 8. Einteilnug in Orduu#gsstrafen und
eigentliche Disziplinarstrasen.
Die Ordnungsstrafen als die leichteren
Strafen gehören der sog. bessernden D. an;
sie bezwecken, den B, der seine Pflicht verletzt
hat, zur Ordnung zurückzurufen und zu künftiger
gewissenhafterer Pflichterfüllung zu veranlassen.
Nicht zu verwechseln mit diesen Ordnungsstrafen
des Disziplinarstrafrechts sind die im Geschäfts-
verkehr der Verw Behörden mitunter gleichfalls
als „Ordnungsstrafen“ bezeichneten Zwangs-
(Geldystrafen, die den Zweck, haben, den B zur
Befolgung einer bestimmten dienstlichen An-
ordnung innerhalb einer vorgeschriebenen Frist
zu nötigen, und die nach fruchtlosem Ablauf der
Frist ohne weiteres festgesetzt werden können
z. B. Bayr. BG a 104 Abs 1); ferner die im # 80
des Pr. AG# z. GVG erwähnten „Ordnungsstrafen“,
durch die gegenüber nicht richterlichen
Justizbeamten die Erledigung eines Amts-
geschäfts erzwungen werden kann. In Hessen
und Sachsen (Richter G a 6 bezw. F 10) sind
derartige Ordnungsstrafen auch gegen richter-
liche B zulässig. Auch die gegen B festzu-
setzenden Stempelstrafen goehören nicht
zu den Ordnungsstrafen Ordnungsstrafenl.
Im Gegensatze zu den Ordnungsstrafen gehö-
ren die eigentlichen Disziplinarstra-
fen der sog. reinigenden D. an; sie haben den
Zweck, den Staatsdienst von unwürdigen oder
zur Erfüllung der Dienstpflicht schuldhafter Weise
untauglich gewordenen Elementen zu befreien,
zielen also auf Entfernung des B entweder aus
dem Staatsdienst überhaupt, oder doch wenigstens
3 dem gegenwärtig von ihm bekleideten Amte
in.
Hervorzuheben ist, daß weder Preußen
noch Bayern und Sachsen für Richter
einen Unterschied zwischen Ordnungsstrafen und
sonstigen Disziplinarstrafen kennen, vielmehr
werden hier die leichteren wie die schwereren
Strafen unter der allgemeinen Bezeichnung „Dis-
ziplinarstrafen“ zusammengefaßt. Elsaß-Loth-
ringen unterscheidet zwischen leichteren und
schwereren Disziplinarstrasen. Sachsen hat
selbst bei nichtrichterlichen Beamten davon abge-
-
ehen, Verweis und Geldstrafe als „Ordnungs-
trafen“ aus der Reihe der übrigen Disziplinar-
strafen herauszuheben.
1. Ordnungsstrafen.
9. Arten der Ordnungsstrasen.
a) Warnung und Verweis. Die
Warnung ist eine mildere Form des Verweises,
als solche aber nur dem Preußischen und Hessi-
schen Disziplinarrecht sowie dem Reichsrecht be-
kannt. Warnung und Verweis sind zu unterschei-
den von Ermahnungen, Zurechtwei-
sungen und Rügenn, die kraft des Rechtes
der Dienstaufsicht ohne besondere Förm-
lichkeiten von den Vorgesetzten gegen ihre Unter-
gebenen verhängt werden können.
b) Geldstrafen können in Bayern und
Sachsen bis zum Betrage des einmonatigen
Gehalts (Sachsen „Diensteinkommens"), in Baden
bis zum Betrage von 200 Mk., in Preußen,
Disziplin
Württemberg, Hessen und im Reiche
bei besoldeten B bis zum Betrage des einmo-
natigen Gehalts (Preußen und Reich „Dienstein-
kommens“"), bei unbesoldeten B bis zu 90 (Würt-
temberg und Hessen 100) Mk. verhängt werden.
Gegen Notare ist nach Preußischem Recht Geldstrafe
bis zu 3000 Mk. zulässig. Der Grundsatz des Bayeri-
schen BRechts (B # a 107 Abf 2, Richterdiszipli-
narE a 5 Abs 2), daß der Höchstbetrag der Geld-
strafe auch beim Zusammenflusse mehrerer Dienst-
vergehen nicht überschritten werden darf, ist für
allgemein gültig zu erachten. Die Geldstrafe
kann mit Verweis verbunden werden; das Preu-
ßhische Richterdisziplinargesetz kennt die Geld-
strafe überhaupt nur als eine Nebenstrafe des Ver-
weises (§ 15).
c) Arreststrafe. Dem Vorgange des
Reichs folgend, das bei Erlaß des RBG da-
von abgesehen hatte, die Arreststrafe in die Reihe
der Ordnungsstrafen aufzunehmen, weil sie das
Ehrgefühl des B abstumpfe und sein Ansehen
schädige, schafften in den Jahren 1876 und 1880
Sachsen und Hessen die Arreststrafe ab, 1907
und 1908 auch Württemberg und Baden.
Nachdem auch Bayern in sein neues B v. 16.
8. 08 die Arreststrafe als „unzeitgemäß und ent-
behrlich" nicht mit übernommen hat, ist diese
Strafe von allen größeren Bundesstaaten nur
noch in Preußen bekannt, wo sie gegen Un-
terbeamte bis zur Dauer von 8 Tagen verhängt
werden kann. Die Arreststrafe hat jedenfalls den
Vorzug, daß sie infolge ihrer schnellen Vollstreck-
barkeit außerordentlich wirksam ist; sie erscheint
daher wenigstens bei denjenigen B, deren Dienst
in militärischer Weise geregelt ist, also namentlich
in betreff der B der Exekutivpolizei, gerade als
das geeignete Mittel, um auftretenden Unbot-
mäßigkeiten rasch und energisch zu begegnen,
ohne gleichzeitig, wie die Geldstrafe, die wirt-
schaftlichen Verhältnisse der — meist unbemittel-
ten — Beamten zu schädigen.
4) Die Entziehung der Berechtigung
zum Vorrücken in eine höhere Ge-
haltsklasse auf eine bestimmte
Zeitdauer ist als Strafe nur gegen
richterliche B verwendbar, weil nur diese
einen Rechtsanspruch auf regelmäßiges Vorrücken
im Gehalt nach Maßgabe der Besoldungsord-
nung haben. Ueber das Weitere URichter.
Die den nichtrichterlichen B gegenüber
teils nach der herrschenden Verw Praxis, teils nach
ausdrücklicher Gesetzesvorschrift (z. B. Bayern
B a 31, Hessen Besold.G v. 9. 6. 98 — Reg Bl
277 — à 5) zulässige Versagung der Vorrückung
in das Gehalt der höheren Dienstaltersstufe wegen
mangelhafter Dienstführung ist zwar eine Dis-
ziplinarmaßregel mit strafähnlichem Charakter,
aber keine eigentliche Disziplinarstrafe, da diesen
B ein Rechtsanspruch auf das Gehalt der höheren
Dienstaltersstufe überhaupt nicht zusteht.
2. Die eigentlichen Disziplinar-
strafen.
5 10. Strafversetzung. Sie besteht in der Ver-
setzung in ein anderes Amt von gleichem
Range. Dadurch daß sie zur Strafe er-
folgt, unterscheidet sie sich von der Versetzung
(im Interesse des Dienstes, über deren