Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

dien das Ergebnis heranreifen halfen. Damit 
hätte sich die logische Trennung der publi- 
zistischen und der privatrechtli- 
chen Eigenschaften des Souve- 
räns, des öffentlichen und des 
Privatvermögens geboten; insbesondere 
müssen Erwerbungen seit dem Preß- 
burger Frieden asls für den Staat ge- 
schehen angesehen werden. Aber jenem Zeitalter, 
welches den Hoheitsbegriff überspannte, lag eine 
reinliche Scheidung fern; man identifizierte 
Herrscher und Staat bis zu dem Maße, daß K. S. 
Zachariä die Unmöglichkeit eines getrennten Rech- 
nungswesens für beide lehrte. Anderseits finden 
sich doch auch Wahrungen der Mitrechte der Agna- 
ten und seltsame Vermischungen alter und neuer 
Rechtsgesichtspunkte, z. B. daß Staatsgesetze mit 
Konsens der Anwärter versehen, alte Hausgüter 
für neue Staatsschulden, neue Erwerbungen für 
Familienzwecke verwendet wurden. Häufige Not 
und schneller Wechsel der Verhältnisse, dabei der 
Mangel volksrepräsentativer Körper in einigen 
Staaten, waren für grundsätzliche Durchdenkung 
nicht förderlich. 
Im übrigen nahm die Entwickelung je nach den 
inneren Verhältnissen der Staa- 
ten ganz verschiedenen Weg. In den kleine- 
ren, wo der Herrscher sich fortdauernd als der 
Großgrundbesitzer des Landes fühlte, blieb die 
Anlehnung an das frühere Verhältnis leichter und 
intensiver. In größeren Gebieten erwies sich 
stärker der Zug nach modernen, ausländischen 
Ideen; auch überschritten da die Gebietsvergröße- 
rungen weitaus die Verluste und die Erkenntnis, 
daß sie auf der militärischen Kraft des Volkes mit- 
beruhten, konnte sich durchringen. Ein Richter 
hätte, abgesehen von diesem Gesichtspunkte, die 
Entscheidung geben können, Erwerbungen bis zur 
Reichsauflösung (diese Obiekte überließ man ja 
auch den Mediatisierten) seien dem Fürstenhause 
dauernd zuzuweisen, unter Belastung mit einer 
Rente an den Staat nach dem damaligen Kam- 
merbeitrag, und unveräußerlich, solang die be- 
treffende Dynastie herrsche, im übrigen seien die 
Staatsfinanzen, unter Einschließung der späteren 
Erwerbungen, aus sich selbst zu entwickeln. Aber 
ein solches Fazit ward nicht gezogen. 
s 3. Rechtssysteme des Domänenwesens im 
Allgemeinen. Das geltende D. Recht gliedert sich 
positiv und negativ an den Fragen nach dem 
Staats= oder Hauseigentum oder 
Einfluß in Bezug auf die Domäs- 
nen und nach der Gestaltung der Kron- 
ausstattung. Diese Punkte traten zufolge 
zweier Umstände in den Vordergrund. Der 
Uebergang in ein modernes, insbesondere kon- 
stitutionelles Staatsleben schloß sich mangels 
eigener Vorbilder an französische, allenfalls auch 
englische Muster an. In Frankreich waren nun in 
der Umwälzungsperiode alle D. Nationalgut ge- 
worden, dem Herrscher und seiner Familie wies 
man Staatsrenten (IZivilliste, Apa- 
nagenj] und die Benützung von Schlössern, 
Parks und Jagdrevieren an. Zuvor schon hatte 
sich im britischen Reich unter Georg III die Ein- 
richtung einer Zivilliste ausgebildet, unter Abtre- 
tung der Verw der D., deren Ertrag sich gemindert 
hatte, an den Staat. 
  
  
Domänen (verfassungsrechtlich) 
  
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schen Regenten, wobei aber freilich ihre Unbe- 
schränktheit in der Staats Verw bei der Nichtexi- 
stenz eines Parlaments mitzubeachten ist. Mit 
Einführung von Verfassungen in den 
deutschen Einzelstaaten wurde eine solche oder 
ähnliche Regelung Programmpunkt der 
liberalen Reformparteien. Man 
verlangte dabei meist einen größeren Anteil des 
Staats, als zuvor eingeräumt war, am Ertrag 
der D. im Endeffekt. Streitigkeiten zwischen Reg 
und Ständen von kürzerer oder längerer Dauer 
entstanden um die Auseinandersetzung, so insbe- 
sondere bald in Nassau und Baden, wo früh Kon- 
stitutionen erlassen wurden, dann in Hannover, 
den thüringischen Staaten u. s. f. Auch die Rück- 
wirkung der 1830er Revolution in Paris und die 
1848-49er Bewegung griffen ein und letztere 
führte zum Teil im Zwang der Verhältnisse zu 
Gesetzen, die von den Agnaten mit Grund ange- 
fochten und dann widerrufen, auch meist durch 
Arrangements ersetzt wurden. 
Das Endergebnis ist Verschiedenheit 
in vierfacher Schichtung: 
1. Staatseigentum an den D., dagegen 
Zivilliste für das regierende Haus, mit der Last, 
seinen Hof dann selbst zu bestreiten (unten § 4); 
2. Hauseigentum an den D., unter tun- 
lichster Aufhebung des Streits über fürstl. Bedarf 
und Beitrag und unter verschiedenen Modalitäten 
sonst (unten § 5); 
3. Teilung des Kammerguts in 
zwei Eigentumsmassen zwischen Staat 
und Haus (unten 3 6); 
4. Erhaltung eines althergebrach- 
ten Zustandes (unten §# 7). 
Für Einzelheiten ist auf den Teil B dieses 
Artikels zu verweisen. 
#s#a 4. Staatseigentum. Moderne Staatsideen 
leuchteten am frühesten der preußischen 
Entwickelung voran. Der große Kurfürst 
vereinigte D. und Schatullgüter zu einer Verw 
und ließ nur einen bestimmten Betrag sich zu- 
führen, während der andere Teil der Einkünfte 
zu den Ausgaben sonst diente. Mit Zurückdrängung 
ständischen Einflusses verschwanden auch die be- 
sonderen landschaftlichen Fisci, im Sinn der Her- 
stellung einer einheitlichen Gesamtfinanz für das 
ganze Staatswesen. Friedrich Wilhelm 1 
hob 1713 den Unterschied zwischen Schatull= und 
ordinären Kammergütern ausdrücklich auf, hielt 
aber an der Gleichbedeutung von D. mit „Kammer- 
und Tafelgütern" fest. Es blieb jedoch dabei, daß 
die Könige nur eine feste Summe aus den D. be- 
zogen, und das ALR, sowie nachgefolgte Haus- 
gesetze und Edikte erklärten das Staatscigentum 
daran. Insbesondere definierte das Landrecht die 
„D. oder Kammergüter“ dahin, es seien Grund- 
stücke, Gefälle und Rechte, deren besonderes Eigen- 
tum dem Staat zustehe, sei es daß das Oberhaupt 
die ausschließliche Benutzung in seiner staatlichen 
Eigenschaft habe oder daß die Einkünfte zum Un- 
terhalte der Familie des Landesherrn gewidmet 
seien; die Bezeichnung als „besonderes“ Staats- 
eigentum bildet nach der Rechtssprache dieses 
Kodex den Gegensatz zum „gemeinen“, worunter 
er große Straßen und Flüsse, Meerufer, Häfen 
und gewisse Okkupationsrechte begreift. 
Dieser Grundlage entspricht es, daß auch in 
  
Diesem Vorbild folgten früh schon die preuß neueren preußischen Gesetzen, seit 1820
	        
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