Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

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Domänen (verfassungsrechtlich) 58 
  
1. Ein Beitragsverhältnis an das 
Land kommt in Reuß ä. L. vor, insofern wenig- 
stens die Verf (§ 19) von einer mit den Ständen 
vereinbarten Vergütung an die Landeskasse wegen 
in der Verw Periode eingetretener Substanzver- 
mehrung des Kammerguts spricht; anderseits ent- 
halten spätere Etats keine bezügliche Einnahme. 
In Lippe iss, seit die Biesterfelder Linie regiert, 
das Beitragsverhältnis neu geregelt, in Schaum- 
burg-Lippe weisen die Budgets langher 
erhebliche D. Beiträge an den Staat aus. In 
Rudolstadt setzt die Verf (§ 11) „die Ueber- 
schüsse nach Deckung der fürstlichen Hof= und Fa- 
milienausgaben“ als Beitrag fest. 
2. Ein Kapitalabfindungsverhält- 
nis wurde 1880 in Reuß j. L. vereinbart, 
indem der Staat gegen eine Kapitalabfindung 
(1 Million Mark) anerkannte, daß das fürstliche 
Haus alle D. unbelastet behalten solle. 
3. Der Typus einer dritten Modalität ist der 
badische, wie es auch in Sondershausen 
gilt. Es sind Verwaltung und Er- 
trag der Domänen, außer der darauf 
radizierten Zivilliste und sonstigen Lasten 
(insbesondere Apanagen, Wittume, Ausstattun- 
gen usw., usuell auch die vom Vorgänger bewillig- 
⅝ten Pensionen an Hofbeamte) dem Staat 
überlassen. Die badische Zivilliste umfaßt 
neben einer das Hauptstück bildenden Geldsumme 
den Genuß (mit Eigen Verw) der in Schlössern, 
Gärten, auch einem großen Waldkomplex be- 
stehenden Hofausstattung. Die Ueberlassung der 
D., derzufolge der Staat alle Staatslasten allein 
bestreitet, ist eine betagte, nämlich „solang als nicht 
durch Herstellung der Finanzen die Untertanen 
zu erleichtern“ seien. Zum Verständnis dieser 
Klausel muß man sich in die Zeit der Emanation 
(1818) versetzen, welche von großer Schuldenlast 
und Steuerzahlung begleitet war. Anderseits 
läßt die Klausel nur eine solche Regelung zu, bei 
welcher eine etwa hergestellte Finanz nicht zer- 
stört würde, was bei völliger Aufhebung des jetzi- 
gen Verhältnisses der Fall wäre. Denn der effek- 
tive Anteil des Staats an den D. Ueberschüssen 
zählt hoch und übersteigt die Bezüge des Groß- 
herzoglichen Hauses. Der Wirkung nach stellt das 
eingerichtete Verhältnis also eine Vertagung in 
der Auseinandersetzung von Staat und Haus dar 
und man bezeichnet letztere als D.Frage, die, 
hin und wieder in öffentlichen Diskussionen er- 
wähnt, nie einen ernstlichen Anlauf zur Lösung 
genommen hat. Die bezeichnete VerfBestimmung 
selbst (§ 59) ist zwar anfangs, wie einzelne anderen 
Artikel der (oktroyierten) Konstitution angefoch- 
ten worden. Allein ein Apanagengesetz (1839) 
hat im Zusammenwirken beider Gesetzgebungsfak- 
toren das Patrimonialprinzip abermals bestätigt. 
Anzufügen ist noch die Rechtsentwicklung in 
dem nicht mehr zu Deutschland gehörigen Groß- 
herzogtum Luxemburg: Ein Staats G v. 
16. 4. 07 bestätigte den hausrechtlichen Satz, daß 
dem Staat zwar keinerlei Anspruch auf Eigentum, 
Inhabung, Verwaltung, Kontrolle und Ertrag 
des inner= und außerhalb vorhandenen Fidei- 
kommißvermögens des Hauses Luxemburg-Nassau 
zustehe, jedoch für die Regierungsdauer der jetzigen 
Dynastie einschließlich des Weibstamms die Staats- 
und Hauserbfolge untrennbar miteinander ver- 
bunden seien. 
  
5 6. Teilung zwischen Staat und Haus. Eine 
dritte Gruppe von Staaten fand die 
Lösung in Teilung des Eigentums am 
Kammergut (nach ideellen Quoten 
o der realen Stücken), wobei in Bezug 
auf Renten an Staat oder Haus aus dem andern 
Teil überlassenen Massen manche Verschieden- 
heit spielt. An der Spitze dieser Staatengruppe, 
welcher ferner Oldenburg, die sächsischen 
Herzogtümer (außer bezüglich der Koburg- 
schen SpezialD., vgl. oben § 5 II), Anhalt 
und Lauen burg zugehören, steht Hessen. 
Dort ist das Eigen tum zu " der bei 
Erlaß der Verf vorhandenen D. dem Großherzogl. 
Hause, zu ½ dem Staat zugesprochen; 
neue Erwerbungen macht jeder Teil für sich. Die 
Sonderung hat auch ein privatrechtliches Ver- 
hältnis dinglicher Natur hergestellt, mit der Wir- 
kung, daß jene /8 den Staatsgläubigern nicht 
haften und die Veräußerung agnatischen Konsens 
erheischt. Gleichwohl ist gerade in Hessen die 
Sonderung nicht im Stück ausgeführt, sondern 
auch die Hausquote dem Staat zur Verw und 
Nutzung überlassen gegen Leistung der „zu den 
Bedürfnissen des Großherzogl. Hauses und Hofes 
erforderlichen Summen“. Die Tragweite der Be- 
stimmung ist insofern streitig geworden, als von 
einer Seite (Rehm) nur ein sog. landesherrliches 
Eigentum an jenen zwei Dritteln darin gefunden 
wird. Allerdings ist 1866 bezüglich der D. in 
einem an Preußen abgetretenen Kreise des Groß- 
herzogtums das Privatrecht nicht geschützt worden; 
hierin liegt aber kein Beweis, denn die Erklärung 
zum „Familieneigentum“" kann nicht auf eine dritte 
Familie außerhalb der konkreten Dynastie bezo- 
gen werden. 
Als Besonderheit mag ferner eine weitere Un- 
terteilung im Hausgut, der Eigen- 
schaft nach, in Anhalt erwähnt werden. 
Nach gesetzlich festgestellten Grundsätzen wurde 
aus den Kammer= und Stammgütern bei der Aus- 
einandersetzung zwischen Haus und Staat ein Be- 
stand des Hausanteils, des nunmehrigen Fa- 
milienfideikommisses, ausgewählt. Dieses patri- 
moniale Fideikommiß, aus welchem das Haus 
ohne Staatszuschüsse seinen Unterhalt bezieht, ist 
jedoch zu einem Teil — das „engere Fidei- 
kommiß“" genannt — in einer staatsrechtlichen 
Verbindung geblieben. Dieser Teil darf nämlich 
nicht, der andere aber wohl ohne Zustimmung des 
Landtags veräußert werden [U Anhaltl. Aehn- 
liche Schutzbestimmungen, auch bei anderm Sy- 
stem, finden sich bezüglich der D. mehrfach. Sie 
wollen verhüten, daß die nächste Geldquelle des 
Hauses versiege und das Land dann für den 
fürstlichen Bedarf einspringen müsse. 
7. Erhaltung des althergebrachten Zu- 
standes. In einigen Ländern endlich ist eine 
neuere Regelung der Eigentumsverhältnisse nicht 
erfolgt und man behilft sich mit Erhaltung und 
Fortbildung des hergebrachten Zustands. So gel- 
ten in Braunschweig ein Edikt von 1794, 
im Großherzogtum Sachsen, mit Wi- 
derruf eines Abschieds von 1848, die vorher be- 
standenen Normen. In Waldeck, wo früher 
mancher Streit über Domanialbeiträge zu den 
Landeskosten bestand, schuf die Akzession an Preu- 
ßen eine andere Lage, unter Erhaltung des Patri- 
monialcharakters der Domänen.
	        
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