Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
  
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Domänen (Hessen) — Domkapitel und Stifter 
  
Bad Nauheim und Badeanstalt Salzhausen mit 
1 429 440 Mk. Einnahme und 1 329 440 Mk. Aus- 
gabe; Samenklenganstalt zu Gammelsbach i. O. 
(Kap. 9) mit 32 151 Mk. Einnahme, 30 650 Mk. 
Ausgabe; Staatseisenbahnen (Kap. 11) mit 
12 000 000 Mk. Voranschlag als Anteil Hessens 
an der preußisch-hessischen Eisenbahngemeinschaft. 
3. Die Verwaltung erfolgt durch die 
staatlichen VerwOrgane, die in Hinblick auf die 
budgetmäßige Behandlung der D.Einnahmen der 
landständischen Kontrolle unterliegen. Für die 
Weinbau D. ist durch Bek v. 1. 7. 01 (Reg Bl 393)Z 
eine unter Leitung der Abteilung für Forst= und 
Kameralverwaltung stehende besondere Behörde 
(„Weinbaudomänenverwaltung") mit Sitz in 
Mainz errichtet worden. — Eine Besteuerung 
der D. findet nur durch die Gemeinden statt; 
eine Auflage staatlicher Steuern erfolgt nicht. 
4. Veräußerung. a) Für die Do- 
mänen des Großherzoglichen Hau- 
ses besteht grundsätzlich Unveräußerlichkeit (Vl. 
à 7 Abs 1). Als Ausnahme von diesem Veräuße- 
rungsverbot nennt a 9 Abs 1 Staats= und Regie- 
rungshandlungen mit auswärtigen Staaten. a 9 
Abs 2 fügt hinzu, daß unter das Verbot des à 7 
nicht begriffen sein solle „der Verkauf entbehrlicher 
Gebäude, der in anderen Staaten gelegenen 
Güter und Einkünfte, die Vergleiche zu Beendi- 
gung von Rechtsstreitigkeiten, die bloßen Aus- 
tauschungen und die Ablösung des Lehns= und 
Erbleih-Verbandes, der Grundzinsen und der 
Dienste“. In allen diesen Fällen wird aber den 
Ständen eine Berechnung über den Erlös und 
über die Verwendung des Erlöses zum Grund- 
stocke vorgelegt. Für die Erteilung der Ermächti- 
gung an die Regierung zur Veräußerung „land- 
wirtschaftlich benutzter, zerstreut liegender, d. h. 
nicht zu Hofgütern gehöriger kammerfiskalischer 
Grundstücke, welche dem Familieneigentum des 
Großherzogl. Hauses angehören" s. LV II 1905/08 
Drucks. Bd. 1 Nr. 107. 
b) Die Veräußerung der Staats- 
domänen wurde durch G v. 2. 6. 1821 (Reg Bl 
231) geregelt. Vgl. hierzu Landtagsabschied v. 
II. 1. 41 § 25 (Reg Bl 28, Anlage zu §& 25 s. a. a. O. 
S 45), sowie a 2 des G v. 3. 9. 78 (Reg l 9: 
betr. die Veräußerung von Domanialgrundstücken 
als Bauplatz). Gemäß der Neufassung des à 10 
der Vu (herbeigeführt durch G v. 1. 8. 78, Reg Bl 
93) ist zu jeder Veräußerung, Verpfändung oder 
Belastung unbeweglichen Landeseigentums die 
Zustimmung der Landstände erforderlich: Aus- 
nahmen gelten auf Grund von a 10 Abs 2 nur für 
den Verkauf oder Austausch überflüssigen Straßen- 
oder Eisenbahngeländes, sowie entbehrlicher Ge- 
bäude, für die Abtretung zu Bauplätzen geeigneter 
Parzellen und für Vergleiche zur Beendigung 
von Rechtsstreitigkeiten. 
Liüteratur: Denkschrift über die D. des Großherzogl. 
Hauses (1838); Küchler-Braun-Weber, Ver- 
fassungs= und Verwzecht d. Großh. Hessen 1, 590 ff; Co- 
sack, Hess. Staatsrecht ### 2, 4, 35; van Calker, Hes-- 
sische Verfassungsgesetze S 40 ff, 95 ff. 
Arthur B. Schmidt. 
  
Domkapitel und Stifter 
5 1. Ursprung. 1 2. Verfassung. 1 3. Stellenbesetzung. 
# 4. Aufgabe. 1 5. Dotation. # 6. Korporationsrecht. 
7 7. Protestantische Domkopitel und Stifter. 
K1. Ursprung. 1. Die katholischen Dom= und 
Kollegiatkapitel sind heute geistliche Gesellschaften 
oder religiöse Körperschaften zur Abwartung des 
feierlichen Gottesdienstes und zur Abhaltung be- 
sonderer Religions= resp. Gebetsübungen (Chor- 
gebet) an einer Hauptkirche. Derartige Vereini- 
gungen an der Domlirche heißen D. (früher auch 
Domstifte, Hochstifte), an anderen größeren Kir- 
chen Kollegiatkapitel oder Stifter. Kollegiat-- 
kapitel kommen heute in Deutschland vor in 
Aachen, Bautzen, München, Regensburg. Selte- 
ner wurden, wie heute noch in Oesterreich, auch 
Klosterkonvente als Stift bezeichnet. 
Die Kanonissenkapitel waren freiweltliche und 
zwar vorherrschend adelige Damenstifter, deren 
Insassen (canonicae) eine vita canonica führten. 
2. Die herrschende Ansicht geht dahin, daß 
die D. ein Ergebnis des gesteigerten kirchlichen Le- 
bens der karolingischen Zeit seien, indem erst der 
Bischof Chrodegang von Metz (742—766) die 
Vvita communis beim Klerus seiner Bischofsstadt 
eingeführt habe. Diese Auffassung ist, insbeson- 
dere nach den Untersuchungen von Heinrich 
Schäfer, Ernst Mayer und Pöschl, nicht mehr zu 
halten. Nicht bloß der Begriff und Name, sondern 
auch das gemeinschaftliche Leben der Kanoniker ist 
vielmehr eine altkirchliche Erscheinung. Es han- 
delte sich andernteils bei den Kanonikern aber auch 
niemals um eine Art von Matricularii oder 
konskribierten Armen des Kirchenrechts, obschon 
canon auch die Bedeutung von Matrikel oder 
(Armen= Verzeichnis erhalten hat; sondern Ka- 
noniker waren diejenigen Geistlichen, welche nach 
den altkirchlichen oder kanonischen Vorschriften 
lebten. Die vita canonica oder das canonice 
vivere im Sinne dieser Vorschriften war aber 
auf den Fall zugeschnitten, daß eine Mehrheit von 
Klerikern an einer Kirche tätig war, und bedeutete 
hier ein Gemeinschaftsleben. 
Dieser vita communis sive canonica fehlte in- 
des vielfach noch der religiöse Charakter, und wei- 
terhin auch die Allgemeinheit und Festigkeit. Und 
hier beginnt nun das Verdienst von Chrodegang. 
Dieser hat die vita canonicalfür den Metzer Stadt- 
klerus nach den Intentionen alter Kanones neu- 
geordnet und bis ins einzelne durchgebildet. Da- 
bei wurde eine anfangs ganz natürliche Wirt- 
schaftsgemeinschaft, die sich auf der quarta cieri 
aufgebaut hatte, in eine asketische Vereinigung 
verwandelt, wie das vereinzelt auch schon vorher 
angestrebt worden war. Diese nach mönchischen 
Begriffen ausgeprägte Lebensgemeinschaft ist vor 
allem eine Vereinigung zum Spezialgottesdienst; 
und weil dann bei diesen Versammlungen immer 
Kapitel aus der Regel vorgelesen wurden, erhiel- 
ten dieselben den Namen Kapitel: Das gemein- 
same Leben wird jetzt nur ein Mittel zur Durch- 
führung des religiösen und gottesdienstlichen 
Hauptzweckes. Chrodegangs regula wurde später 
für alle Dom= und Kollegiatstifter des Franken- 
reichs eingeführt und schließlich allerorts Muster
	        
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