Doppelbesteuerung
#m# 1. Begriff. 1 2. Vermeidung der Doppelbesteuerung.
43. Staatliche Doppelbesteuerung im Reiche im allgemeinen.
4. Einzelheiten des RDG. 1 5. Unzulänglichkeit des Ge-
setzes. 16. Geltendmachung der Rechte. # 7. Doppelbe-
steuerung in Ortsgemeinden und Kreisen. 1 8. Doppel-
besteuerung in Bezug auf das Reichsausland.
[St — Steuner)
561. Begriff. ,
I.Doppelbesteuerungtmallge-
meinsten Sinne. D. im allgemeinsten
Sinne nennt man die mehrfache steuerliche Er-
fassung desselben St Subjekts oder -Objekts oder
beider zugleich in zeitlich nebenhergehenden (nicht
aufeinanderfolgenden) Besteuerungsakten. Die
D. kann erfolgen durch dieselbe St Gewalt oder
durch verschiedene St Gewalten, und in letzterem
Falle entweder durch über= und untergeordnete
(Reich, Staat, Gemeinde) oder durch gleichgeord-
nete nebengeordnete St Gewalten (Staat und
Staat, Gemeinde und Gemeinde). Im letzten
Fall liegt zugleich eine Verschiedenheit des St-
Gebiets vor. Eine D. durch dieselbe StGe-
walt ist in der Regel eine von dem Gesetzgeber
gewollte, absichtliche D. Sie dient dazu, besonders
steuerkräftige St Subjekte oder Objekte durch
mehrfachen Zugriff schärfer zu erfassen, als steuer-
schwächere (z. B. Besteuerung des Einkommens
aus assoziiertem Kapital durch Besteuerung der
Gesellschaft und des Einzelnen, schärfere Be-
steuerung des fundierten Einkommens durch Ein-
kommen= und Real St). Hier liegt also eine ge-
wollte Belastung mittelst verschiedener St Formen
vor, weshalb man sie auch wenig glücklich for-
melle D. genannt hat. Weil sie gewollt ist,
gibt es auch keine Remonstration seitens des Be-
troffenen dagegen. (OV in Staatssteuers. 2,
S 319, 417; 9, 387; O 4, 48.) Auch wenn
eine D. durch über-= und unter geordnete
St Gewalten zugleich erfolgt, liegt eine absicht-
liche oder doch von der übergeordneten Gewalt
zugelassene D. vor, da letztere ja das un-
beschränkte Zugreifen der untergeordneten St-
Gewalt beschränken könnte, wie letzteres z. B.
geschehen ist hinsichtlich gewisser Verbrauchs St
durch das Reich (Zoll VV v. 8. 7. 67 àa 5 II 17).
So ist ferner das Besteuerungsrecht der Gemein-
den durch die staatliche Aufsicht eingeschränkt usw.
Auch hier kann der einzelne gegen eine D. daher
in der Regel nicht remonstrieren.
Wesentlich von den vorgedachten Fällen ver-
schieden ist der Fall, wo eine D. durch neben-
geordnete St Gewalten und damit zugleich eine
D. in verschiedenen St Gebieten stattfindet.
Diesen Fall kann man als D. im engeren
teochnischen Sinne bezeichnen.
II. Doppelbesteuerung im enge-
ren, technischen Sinne. Bei der D.
im engern Sinne kann von einem einheitlichen
Willen, von einer gewollten D. nicht die Rede
sein. Hier geht vielmehr jede St Gewalt in ihrem
Gebiete kraft ihrer St Hoheit selbständig vor, un-
bekümmert darum, welche Folgen dies für solche
StZahler hat, die zugleich anderen St Gewalten
unterliegen, anderen StGebieten angehören.
Diese D. ist also zunächst eine unvermeidliche
—
Doppelbesteuerung
Nebenwirkung rücksichtsloser Anwendung des
StHoheitsrechts gleichgeordneter St Gewalten.
Die größere Härte, die in dieser D. gegenüber
der D. im weiteren Sinne liegt, besteht nicht allein
darin, daß sie, weil nicht gewollt, sondern auf
Zufälligkeiten beruhend, ein ungebührlich starkes
Maß annehmen kann, sondern vor allem darin,
daß sie nicht grundsätzlich alle St Pflichtigen gleich-
mäßig trifft, sondern nur diejenigen vorbelastet,
welche zufällig mehreren St Gebieten angehören.
Damit entsteht das Gefühl der ungleichen, un-
gerechten Behandlung, welches Bestrebungen aus-
löst, die eine Beseitigung dieser D. zum Gegen-
stande haben. ·
§2.Meivunsanoppecbesteumus.
I. Freiwillige eigene Beschrän-
kung der Steuerbefugnisse. Den
Bestrebungen zur Vermeidung einer doppelten
Besteuerung kann in gewissem Umfange schon da-
durch Geltung verschafft werden, daß die einzelne
St Gewalt aus freien Stücken innerhalb ihres
Gebiets bei Ausübung ihrer StHoheit gegenüber
den in ihren Bereich fallenden St Subjekten und
Objekten sich eine gewisse Beschrän-
kung auferlegt, daß sie einen, den allge-
meinen Gerechtigkeits- und Zweckmäßigkeits-
erwägungen, welche aus der Freizügigkeit, den
modernen Wirtschafts= und Verkehrsverhältnissen,
der rechtlichen Gleichstellung von Volksgenossen,
In= und Ausländern abzuleiten sind, entsprechen-
den Rechtszustand in ihrem St Gebiet kraft eigener
Entschließung zu schaffen sucht.
Aus dieser Absicht sind alle diejenigen Vor-
schriften hinsichtlich der direkten Besteuerung der
Staatssteuer-- und Gemeindesteuergesetze hervor-
gegangen, welche bei Real St in der Regel nur
den in dem StGGebiet belegenen Grundbesitz, das
im St Gebiet belegene Gewerbe erfassen, bei der
Einkommenbesteuerung diejenigen Inländer von
ihrem Einkommen — soweit es nicht aus Grund-
besitz und Gewerbe fließt — freilassen, die nicht
im Heimatsstaate wohnen, sondern sich in einem
anderen Bundesstaat aufhalten, oder im Ausland
— hier erst nach Ablauf längerer Zeit, etwa
zweier Jahre wie in Preußen — oder wenn sie
Ausländer, die sich im Inlande dauernd aufhal-
ten, nur wegen ihres Einkommens besteuern, so-
weit es nicht aus ausländischem Grundbesitz oder
Gewerbebetrieb fließt (s. hierzu auch § 8).
Dahin gehört es auch, wenn z. B. Preußen, um
die vielfachen Streitigkeiten zu beseitigen, zu wel-
chen die Frage, wann bei Uebergang StPflich-
tiger in andere und von anderen Bundesstaaten
die Einkommenbesteuerung aufhören bezw. ein-
setzen soll, in seinem Zirkular Erl v. 16. 8.04 II7142
für Fälle des Zu- und Abgangs von St Pflichtigen
aus und nach anderen deutschen Bundesstaaten
bei der Festsetzung des Anfangs= und
Endtermins ihrer durch den Wohnsitz be-
gründeten Besteuerung in Preußen allgemeine
Grundsätze aufgestellt hat, die auch den Stn-
sprüchen der anderen Staaten Rechnung tragen.
Bei der in direkten Besteuerung tritt die
Absicht der Verhütung einer Schädigung der in-
ländischen Gewerbetreibenden durch eine mehr-
fache Besteuerung desselben StObiektes seitens
verschiedener St Gewalten u. a. in der Gewäh-
rung von Rückvergütungen, Ausfuhrvergütungen
usw. in die Erscheinung.