Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
danten des Geleitschiffes anheimgegeben, ob er 
die Zuziehung eines Offiziers des kriegführenden 
Kreuzers empfehlenswert findet. — In allen 
Fällen ist ein Protokoll über die Nachprüfung 
aufzunehmen und Abschrift davon dem Oifizier 
des kriegführenden Kreuzers zu übergeben. — 
Rechtfertigen die im Wege der Nachprüfung fest- 
gestellten Tatsachen die Beschlagnahme eines oder 
mehrerer Schiffe, so muß diesen der Schutz des 
Geleitschiffes entzogen werden. Bei Meinungs- 
verschiedenheiten zwischen den beiden Offizieren 
entscheidet die Ansicht des Kommandanten des 
Geleitschiffes. Derlei Meinungsverschiedenheiten 
werden besonders in Ansehung der relativen Kon- 
terbande [K1 hervortreten. 
6 6. Borgang bei der Turchsuchung. Bezüglich 
des Vorgehens des Kriegsschiffes gegenüber dem 
neutralen Handelsschiffe gelten im ganzen die- 
selben Regeln, wie gegenüber feindlichen Privat- 
schiffen. Nach der Praxis der meisten Staaten 
und neueren Verträgen erfolgt die Prüfung der 
Schiffspapiere an Bord des neutralen Schiffes; 
nach den Reglements einiger Mächte soll der Ka- 
pitän des neutralen Schiffes an Bord des Kriegs- 
schisses kommen. Ergibt sich der Verdacht, daß die 
Papiere gefälscht sind oder unrichtige Angaben 
enthalten, oder daß das Schiff verbotene Waren, 
Depeschen oder feindliche Truppen an Bord hat, 
so wird zur Durchsuchung geschritten: dabei sind 
gewisse Vorsichten und schonendes Vorgehen zu 
beobachten. Ergibt der Besuch des Schiffes, die 
Prüfung der Papiere bezw. die Durchsuchung des 
Schiffes den Tatbestand oder Verdacht einer 
Neutralitätsverletzung, so erfolgt die Aufbringung 
des Schiffes; das Gleiche geschieht, wenn das 
Schiff durch sein Verhalten die Ausübung des 
Besuchungs= oder D. zu verhindern sucht, z. B. 
wenn es auf das gegebene Signal nicht beilegt 
oder sich der Anhaltung widersetzt usw. — Ergibt 
das Verhalten des Schiffes, die Prüfung der Pa- 
piere bezw. die Durchsuchung keinen Anlaß zur 
Anwendung des Repressivrechts, so ist dem Schiff 
die Fortsetzung der Fahrt zu gestatten. Ueber die 
Untersuchung ist eine Bescheinigung auszufertigen. 
# 7. Turchsuchung gegenüber militärischen 
aud anderen Lazarettschiffen. Neuestens wurde 
durch das Abkommen KX der Haager Konserenz 
1907 über die Anwendung der Genfer Konvention 
(1906) auf den Seekrieg ein Aufssichts-- und D. 
der Kriegsparteien über die militärischen Lazarett- 
schiffe, die Lazarettschiffe, die ganz oder zum Teil 
auf Kosten von Privatpersonen oder von amtlich 
anerkannten Hilfsgesellschaften (innerhalb der 
Gebiete der Kriegführenden) ausgerüstet 
worden sind, und jene Lazarettschisfe, die ganz 
oder zum Teil au Kosten von Privatpersonen 
oder amtlich anerkannten Hilfsgesellschaften neu- 
traler Staaten ausgerüstet worden sind, 
anerkannt. Diese Schiffe dürfen zu keinerlei 
militärischen Zwecken benutzt werden; das D. 
dient dem Zwecke, die Umgehung dieses Ver- 
bots zu verhindern. 
  
Duellen: Außer den im Text ange führten die Dekla- 
rationen der bewafsneten Neutralität 1780, 1800. Be- 
züglich des Berfahrens bei Ausübung des D. wurde schon 
in früherer Zeit in Verträgen das Erforderliche vorgesehen, 
so in dem zwischen Frankreich und Spanien am 7. 11. 1659 
(G#17) abgeschlossenen Pyrenäischen Vertrage, dessen Be- 
  
Durchsuchungsrecht — Ebenbürtigkeit 
  
  
  
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stimmungen in späteren Verträgen vielsach Aufnahme 
sanden; ferner ist der Utrechter Vertrag v. 11. 4. 1713 zu 
erwähnen. Bezüglich der In. munität geleiteter Handels- 
schisse die Londoner Deklaration vom 236. 
Februar 1909. Fleischmeann, VBölkerrechtsquel. 
len 41, 115, 232, 237, 316. 
Lüteratur: Heffter-Gesscken, Völkerrecht 
*# 137 f: Bluntschli, Bölkerrecht 88 664ff; Pe- 
rels, Intern. öff. Seerecht s## 35, 52—55; Geffcken 
bei Holtzendorff MR 1V, 773 ff; v. UUmann, Völkerrechts 
513 ff, 533 ff: Mirbach, Die völkerrechtlichen Grunds. 
der D. zur See (1903); Locwenthal, Das Untersu- 
chungerecht des intern. Seer. i. Krieg u. Frieden (1905); 
J. v. Martens, Bölkerrecht 1I, 5 137: Pillet, Les 
Lois actuelles de la guerre 120 soa; Schlegel, Sur la 
Visite des vaisseaux neutres sous convoi (1800); Duboc 
in Revne générale de dr. intern. public IV, 382 sa; Kleen, 
Lois et urages de la Neutralitée II, 1# 185 sa; Bulme- 
rincq in Revue de dr. intern. I, X, XIII; Holland, 
Prize Law § 1—17, 155—230; Oppenheim,, Untern. 
Law II. 187 su, 457 s1. — U. S. Naval War Code a 30—33; 
Prisenreglement des Institut de dr. intern. a 10—13, 
19—22 im Annualre de Il’Inst. IX, 218 sa. 222 8. 
v. Ullmann. 
—— 
Ebenbürtigkeit 
5 1. Begriff und Geschichte. # 2. Die heutigen Erfor- 
dernisse. 1 3. Die Mißheirat und ihre Folgen (Heilung). 
## 1. Begriff und Geschichte bis zum Ausgang 
des alten Reichs. Das E. Prinzip ist der Gedanke 
eines ständisch gegliederten Gemeinwesens, daß 
Standesgleichheit und Rechtsgleichheit sich be- 
dingen. So waren in den ältesten germanischen 
Gemeinwesen nur die Freien in der Gemeinde- 
versammlung fähig, verwaltend und rechtsprechend 
die Freien zu binden; so waren auch nur Freie 
imstande, einander ehelich zu binden. Nur auf 
letzterem Gebiet, dem des Eherechts, hat sich der 
altgermanische Rechtsgrundsatz der E. in gewissem 
Umfange bis in das heutige Recht hinübergerettet. 
Nur in dieser Hinsicht also ist es von Bedeutung für 
die Erkenntnis des modernen Rechts, die Ent- 
wicklung des E. Prinzips zu verfolgen. 
I. Bis in die fränkische Zeit waren einander 
ebenbürtig alle Freien. In germanischer 
Zeit hatte dabei das E. Prinzip die Bedeutung, 
daß die Unebenbürtigkeit ein Ehehindernis, rechts- 
gültige Ehen zwischen Freien und Unfreien also 
überhaupt nicht zustande kommen konnten. Da- 
gegen waren in fränkischer Zeit Ehen zwischen 
Freien und Nichtfreien rechtlich möglich, nur 
hatten sie als unebenbürtige Ehen besondere Eigen- 
arten, die nach den einzelnen Stammesrechten 
durchaus verschieden waren. Im allgemeinen 
war jedoch die Rechtsfolge der unebenbürtigen 
Ehe der Uebergang des freien Teiles in die Unfrei- 
heit, wiewohl es auch hiervon Ausnahmen gab. 
Aber auch soweit die persönliche Freihcit des einen 
Teils durch die Ehe mit dem unfreien Gatten nicht 
mehr beeinträchtigt wurde, folgten die Kinder der 
ärgeren Hand. 
II. Im Mittelalter trat eine Aenderung 
des ganzen E.Rechts ein infolge der Durchsetzung 
der ganzen ständischen Ordnung mit dem Prinzip 
des Feudalismus: Verbindung wirtschaftlicher
	        
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