Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
  
Ehrenamt 
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charakteristische Gegensatz von Obrigkeit und Un- 
tertan ausgehoben. Die Ansprüche auf Gehalt 
und Pension, die den wesentlichen Inhalt des 
alten Amtsrechts bildeten, kommen hier überhaupt 
nicht in Betracht; damit scheiden alle privatrecht- 
lichen Momente aus, und der publizistische Cha- 
rakter des Amts als Organ des Gemeinwesens 
tritt in voller Reinheit hervor. Wenn nun auch 
neben diese kommunalen Ehrenämter in wachsen- 
der Zahl und Bedeutung kommunale Berufs- 
ämter getreten sind, so ist doch deren Rechtsstellung 
gegenüber dem kommunalen Gemeinwesen be- 
grifflich keine andere als die der Ehrenämter; 
auch sie sind Organe des Gemeinwesens, nicht ge- 
mietete Diener eines individuellen Dienstherrn. 
Und nicht anders erscheint im Verfassungsstaat 
das Rechtsverhältnis der Ehren= wie der Berufs- 
ämter zum staatlichen Gemeinwesen. Ein überaus 
bezeichnendes Symptom für den hier waltenden 
Ideennexus ist es, wenn die mit der ersten Städte- 
Ordnung fast gleichaltrige preußische Verordnung 
wegen verbesserter Einrichtung der Provinzial-, 
Polizei= und Finanzbehörden nebst der Geschäfts- 
instruktion für die Regierungen v. 26. 12. 1808 
in §& 44 vorschreibt: „das Dienstverhältnis gegen 
ihre Untergebenen nicht zu einem Mietskontrakt 
und öffentliche Beamte nicht zu Mietlingen herab- 
zuwürdigen.“ Hier wird im Prinzip schon der 
Bruch mit dem fürstlichen Dienertum des Obrig- 
keitsstaats vollzogen und die Entwicklung ange- 
bahnt, die sich im Verfassungsstaat vollendet. 
# 2. Begriff des Ehrenamts; Begründung 
nud Beendigung. Demnach ist für den Begriff 
des Es in der heutigen staatsrechtlichen Ordnung 
von dem Begriffe des modernen öffentlichen 
Amtes auszugehen. Dieser Begriff — Organ 
eines Gemeinwesens — ist an sich ein einheitlicher 
sowohl für die Aemter der verschiedenen Gemein- 
wesen: (Reich, Staat, Gemeinde, sonstige öffent- 
liche Körperschaften) wie auch für Berufs= und 
EA. Die Aemter aller dieser sozialen Gemein- 
wesen können sowohl Ehren= wie Berufsämter 
sein. Ob ein A ein staatliches oder das eines 
kommunalen oder sonstigen Selbstverwaltungs- 
körpers ist, hängt nicht von seiner Eigenschaft als 
Berufs= oder E# ab, sondern lediglich davon, ob 
die amtlichen Funktionen in der Zuständigkeit des 
Staates (Reiches) oder in der eines Selbstverwal- 
tungskörpers wurzeln. Die Differenzierung von 
Berufs= und E beruht nur auf der Ver- 
schiedenheit des Raumes, den die amtlichen Funk- 
tionen in der individuellen Lebenssphäre der das 
Amt versehenden Person einnehmen. Beim Be- 
rufsamt bilden die amtlichen Funktionen den Mit- 
telpunkt im Berufsleben seines Trägers und dem- 
gemäß die bürgerliche und wirtschaftliche Basis sei- 
ner sozialen Existenz. Beim Edl bilden die amt- 
lichen Funktionen nicht den Lebensberuf seines 
Trägers, des Ehrenbeamten; vielmehr ist hier um- 
ekehrt seine sonstige bürgerliche und soziale Stel- 
ung die Basis seiner ehrenamtlichen Existenz. 
Einzig der Fortfall der Berufsmäßjig- 
keit unterscheidet also das Es vom Berufsamt; 
und alle Verschiedenheiten in der Rechtsstellung 
des Ehrenbeamten von der des Berufsbcamten 
gehen lediglich hierauf zurück, nicht aber auf irgend 
einen Unterschied in dem Rechtsverhältnis des A 
zu seinem Gemeinwesen. 
So ist auch der juristische Begrün- 
  
dungsakt des Amtsverhältnisses der gleiche 
beim Berufs= wie beim EA. Dem steht freilich 
die von Laband, Rehm u. v. a. vertretene Lehre 
entgegen, wonach das berufsamtliche Verhältnis 
durch einen Vertrag, das ehrenamtliche dagegen 
durch einseitigen Bestellungsakt des Gemein- 
wesens in Konsequenz einer allgemeinen bürger- 
lichen Dienstpflicht begründet werde. Aber diese 
Lehre führt zu praktisch unhaltbaren Resultaten, 
indem danach z. B. der besoldete und der unbe- 
soldete Stadtrat, die die gleichen Organfunktionen 
in dem gleichen Organismus erfüllen, in einem 
generisch verschiedenen Rechtsverhältnis zum Ge- 
meinwesen stehen würden. Und diese Lehre geht 
auch von einer falschen Voraussetzung aus; denn 
sie glaubt, die Konstruktion eines besonderen 
Dienstvertrages beim Berufsamt um deswillen 
nicht entbehren zu können, weil die Uebernahme 
eines solchen stets freiwillig erfolge, während die 
Uebertragung eines El auch unfreiwillig, zwangs- 
weise geschehen könne. Jedoch kann, wie zu einem 
Tun überhaupt, so zur Uebernahme amtlicher 
Funktionen niemand unmittelbar gezwungen 
werden. Vielmehr kann höchstens die Bereit- 
willigkeit zur Annahme eines A dadurch erhöht 
werden, daß das Gesetz in gewissen Fällen die 
Ablehnung ohne bestimmte Gründe mit Rechts- 
nachteilen bedroht. Dies ist von einigen Gesetz- 
gebungen bezüglich einiger Arten von Ehrenäm- 
tern geschehen, während es bezügl. der Berufs- 
ämter nicht geschieht. Aber der Grund dieser 
Verschiedenheit liegt einmal darin, daß das prak- 
tische Bedürfnis zu solcher Nachhilfe bei dem Be- 
gehr nach der Versorgung durch ein Berufsamt 
regelmäßig fehlt; sodann prinzipiell in der Frei- 
heit der Berufswahl. Auch hier also beruht die 
Verschiedenheit allein auf dem Moment des Le- 
bensberufes, und nicht auf irgend einem Unter- 
schiede im Rechtsverhältnis des Amtes zum Ge- 
meinwesen oder im Begründungsakt dieses Ver- 
hältnisses. Anderenfalls müßte auch die Scheide- 
linie gar nicht zwischen Berufs- und El gezogen 
werden, sondern zwischen Ehrenämtern mit und 
ohne „Annahmezwang“, wie man fälschlich jene 
Androhung von Rechtsnachteilen bei unentschul- 
digter Ablehnung nennt. Denn solche Androhung 
findet sich keineswegs in allen Gesetzgebungen, 
und auch innerhalb eines und desselben Rechts- 
gebiets durchaus nicht für alle Ehrenämter, z. B. 
in Preußen wohl für die Ehrenämter der städti- 
schen, nicht aber für die der provinziellen Kom- 
munalverwaltung. Will man deshalb für beide 
je einen verschiedenartigen Begründungsakt kon- 
struieren? Uebrigens ist mit der Notwendigkeit 
einer Willensübereinstimmung noch durchaus 
nicht notwendig das zweiscitige Rechtsgeschäft des 
Vertrages gegeben, das auf die Bestellung eines 
Beamten durch ein Gemeinwesen wegen der be- 
grifflichen Ungleichartigkeit beider Teile unan- 
wendbar ist. Hier handelt es sich vielmehr immer 
(beim Berufs-- wie beim EA) um einen einseitigen 
Bestellungsakt des Gemeinwesens, wenn auch 
die Zustimmung des Bestellten Voraussetzung 
für die Rechtsgültigkeit des Aktes ist; und gleich- 
viel, ob die Verweigerung dieser Zustimmung vom 
Gesetz mit Nachteilen bedroht wird oder nicht. 
Das Gleiche wie von der Begründung gilt aus 
den gleichen Gründen von der Beendigung 
des Amtsverhältnisses. Sie beruht weder beim
	        
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