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Ehrenamt
Berufs= noch beim E# auf einer „Kündigung“,
sondern von seiten des Gemeinwesens auf ein-
seitigem Entlassungsakt, dessen Voraussetzungen
gesetzlich determiniert sind; von seiten des Be-
amten auf einem Entlassungsantrag. Daß das
Recht zur Stellung dieses Entlassungsantrages
bei manchen Ehrenämtern nur unter gewissen
Voraussetzungen gewährt, sonst mit Nachteilen
bedroht werden kann, ist lediglich das Korrelat
des sogen. Annahmezwanges.
5 3. Besoldung und Ehrenamt; Stellung und
Bestellung des Ehrenbeamten. Als augenfälligste
Differenz zwischen Berufs- und E#l erscheint die
Ausstattung des ersteren mit Besoldung, sodaß
man oft schlechthin vom unbesoldeten
Ehrenamt im Gegensatz zum besoldeten Be-
rufsamt spricht. Indessen kann dieses Moment
nicht eigentlich als Essentiale des Begriffs gelten.
Denn einerseits kommen, wenn auch nur aus-
nahmsweise und als Uebergangsstadien gedacht,
doch auch unbesoldete Berufsämter vor; und
andererseits können Ehrenämter mit Aufwands-
entschädigungen u. dgl. so reichlich ausgestattet
sein (z. B. kaufmännische Senatoren in Hamburg),
daß sie tatsächlich doch kaum mehr unbesoldet sind.
Nicht also als ein Essentiale des Amtes, wohl aber
als ein Naturale der Berufsmäßigkeit erscheint
die Besoldung. Aus derselben Quelle fließen
sämtliche anderen, sekundären Unterschiede der
ehrenamtlichen von der berufsamtlichen Stellung.
Weil die bürgerliche Existenz, der Lebensberuf
des Ehrenbeamten nicht auf der amtlichen Tätig-
keit beruht, sondern ihre Grundlage bildet, ent-
steht und vergeht seine Beamteneigenschaft mit
der Berufung zu einem bestimmten Amte; es gibt
daher weder Ehrenbeamte im Vorbereitungsdienst
noch Ehrenbeamte z. D. oder a. D. Es gibt keine
auf beruflicher Eignung basierenden Qualifika-
tionsbedingungen für Ehrenämter; dagegen wird
regelmäßig gesetzliche Voraussetzung für die Be-
kleidung eines Ehrenamtes sein, daß die Person
dem Gemeinwesen, zu dessen Organfunktionen
sie berufen wird, rechtlich angehört, sein Bürger-
recht besitzt (vgl. u.). — Da das Wesen des Amtes
bei beiden Kategorien das gleiche ist, so ist auch
die amtliche Verantwortlichkeit prin-
zipiell die gleiche, insonderheit auch die diszipli-
nare Verantwortlichkeit. Ein tatsächlicher Unter-
schied besteht allerdings insofern, als die Kraft des
Disziplinarverfahrens namentlich hinsichtlich seiner
pekuniären Begleiterscheinungen für die Existenz
des Berufsbeamten diesem gegenüber weit inten-
siver als gegenüber dem Ehrenbeamten wirkt.
Im Zusammenhang damit steht es, wenn von
vicelen Gesetzgebungen das Disziplinarverfahren
für Ehrenbeamte abweichend von dem für Be-
rufsbeamte geordnet wird. — Eine lediglich ter-
minologische Frage ist es, ob sich die Bezeichnung
„Ehrenbeamter" völlig mit dem Kreise der Per-
sonen deckt, dic ein E# bekleiden. Die Funktionen
der Schöffen, Geschworenen, Beisitzer der Ge-
werbe= und Kaufmannsgerichte sind zweifellos
ehrenamtliche, während man diese Personen nicht
als Beamte, also auch nicht als Ehrenbeamte zu
bezeichnen pflegt. Der Grund liegt darin, daß
hier der Raum ganz gering ist, den die amtlichen
Funktionen, zu denen sie nur gelegentlich und
men. — Ebenso ist die Unterscheidung von „Re-
präsentativorganen"“ und „Aemtern“ innerhalb
des gemeinsamen Organbegriffs eine wesentlich
nur terminologische. Unter den Organen jedes
Gemeinwesens ragen diejenigen hervor, die durch
die organisatorische Rechtsordnung dazu berufen
sind, den höchsten, die ganze Tätigkeit des Gemein-
wesens normierenden Willen rechtsverbindlich zu
äußern und nach außen hin darzustellen; sie be-
zeichnet man daher als Repräsentativorgane.
Demgegenüber pflegt man die Bezeichnung als
Aemter auf die Stellung der Organe zu be-
schränken, die, durch Ernennung oder Wahl be-
stellt, in Unterordnung unter höhere Organe die
Funktionen des Gemeinwesens innerhalb eines
bestimmten Kompetenzkreises ausüben. Von den
ehrenamtlichen Stellungen würden danach die
parlamentarischen ebenso wie die der Gemeinde-
vertretungen und Gemeindevorstände zur Klasse
der Repräsentativorgane gehören, während die
Funktionen der einzelnen Magistratsdezernenten
und der Mitglieder in den Verw Deputationen
u. dgl. amtliche in jenem engeren Sinne sind.
Indessen ist eben diese ganze Scheidung eine ter-
minologische und keine begriffswesentliche, so daß
kein ernsthaftes wissenschaftliches Bedenken ver-
bietet, auch von dem En des Abgeordneten oder
Stadtverordneten zu sprechen.
Die Bestellung der Ehrenbeamten kann
durch Wahl oder Ernennung oder durch mannig-
fache Kombinationen beider wie: Wahl und Be-
stätigung, Ernennung auf Vorschlag und dgl. m.
erfolgen. Ist doch die Definition der Begriffe Wahl
und Ernennung selbst eine unsichere; und die Art,
wie z. B. Schöffen und Geschworene bestellt
werden, läßt sich kaum glatt unter die übliche Auf-
fassung der beiden Begriffe subsumieren. Ge-
wiß ist das politisch entscheidende Moment beim
El im Gegensatz zum Berufsamt die persönliche,
wirtschaftliche und soziale Unabhängigkeit des
Ehrenbeamten sowohl vom Regierungszentrum
wie vom bureaukratischen Klassenbewußtsein.
Dem mag nach heutiger Anschauung die Bestellung
durch Wahl am meisten entsprechen; aber das
gleiche Moment kommt schon darin zur Geltung,
daß das E nicht wie das Berufsamt den Beam-
ten aus dem wirtschaftlichen und sozialen Milien
seiner bürgerlichen Stellung loslöst, und also nicht
wie jenes das Band der Angehörigkeit mit der
bürgerlichen Genossenschaft lockert. So ist bei der
Bestellung der englischen Friedensrichter nicht die
Ernennung, sondern die Beschränkung der Er-
nennung auf einen Angehörigen des engeren
Gemeinwesens, der Grasschaft oder Stadt, so
sehr das begrifflich Entscheidende, daß die Ernen-
nung sich zu einem reinen Formalakt, einer Art
bloßer Einregistrierung auf Antrag eines jeden
rechtlich qualifizierten Angehörigen verflüchtigt
hat. Diese Berührung zwischen Ei und Selbst-
verwaltung hat zu der oben & 1 zurückgewiesenen
begrifflichen Identifizierung beider geführt. Auf
ihr beruht der fundamentale Jrrtum der vorigen
preußischen Verw Reform, die eine Zuziehung
von Ehrenbeamten in staatliche Verw Kollegien
mit einer Dezentralisation durch Selbstverwaltung
verwechselte. — Als Gegengewicht gegen die
wirtschaftliche und soziale Abhängigkeit des Be-
vorübergehend berufen werden, in der indivi-! rufsbeamten hat das moderne Amterecht die Regel
duellen Lebenssphäre dieser Personen einneh= der Lebenslänglichkeit seiner Anstellung entwickelt.