Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

der rechtlichen Natur ist bei den einzelnen Vor- 
schriften schwierig, aber notwendig, weil die An- 
wendbarkeit des § 73 St GB und andere Rechts- 
folgen davon abhängen. 
2. Die Einziehung gemäß 8§8 40 StE. 
1) Zunächst können Gegenstände eingezogen 
werden, die durch ein „vorsätzliches Verbrechen 
oder Vergehen"“ hervorgebracht sind (pro- 
ducta sceleris), d. h. welche ihre Beschaffenheit 
durch eine solche Straftat erhalten haben (z. B. 
falsche Urkunden). Hierher gehören nicht die durch 
eine Straftat erlangten Sachen (fructus 
sceleris), z. B. gestohlenes Gut, Gegenwert ge- 
fälschter Wechsel. 2) Ferner sind Sachen einzieh- 
bar, die zur Begehung einer solchen Straftat 
(Nr. 1) gebraucht oder bestimmt sind (instru- 
menta sceleris). Auch in letzterem Falle ist die E. 
nur zulässig, wenn die Straftat mindestens ver- 
sucht ist les muß ein Täter vorhanden sein: 
RG 16, 269). Jedoch sind bei Kollektiv- 
delikten alle zur künftigen Begehung ein- 
zelner Akte bestimmten Gegenstände einziehungs- 
fähig, so beim gewerbsmäßigen unbefugten Jagen 
das zur künftigen Jagdausübung bestimmte Ge- 
rät, auch wenn es weder bereits gebraucht noch 
bei der Jagdausübung mitgeführt war (R, 
Goltd Arch 52, 256; R 42, 315; a. M. früher 
27, 243), zum unbefugten Schankbetrieb be- 
stimmte Weinvorräte (OLG Dresden 9. 1. 04, 
Fischers 3 30, 165), zum Betriebe gewerbsmäßigen 
Glücksspiels auf den Rennplatz vom Buchmacher 
mitgebrachtes Geld (RG 35, 391, vgl. 39, 78). 
Sachen, welche nur zu Vorbereitungshandlungen 
(z. B. Herrichtung der Diebswerkzeuge) oder zur 
Sicherung der Früchte einer bereits vollendeten 
Tat gebraucht sind, können nicht eingezogen wer- 
den. 3) Der E. unterliegen nur Sachen, welche 
dem Täter oder einem Teilnehmer ge- 
hören: hierin zecigt sich die Strafnatur dieser E. 
Das Eigentum muß zur Zeit der Urteils- 
fällung bestanden haben (R 16, 117). Nicht 
erforderlich ist, daß die Sache demjenigen Täter 
oder Teilnehmer gehörte, welcher sie zur Be- 
gehung der Tat gebrauchte. 4) Die Straftat muß 
ein Verbrechen oder vorsätzliches 
Vergehen sein. Die Ausdrucksweise des § 40 
ist hier ungenau, da es fahrlässige Verbrechen 
nicht gibt (richtig § 54 VE)h. Bei fahrlässigen Ver- 
gehen und bei Uebertretungen ist sonach die E. 
gemäß § 40 ausgeschlossen. 5) Die E. ist hier 
nur zugelassen,, nicht vorgeschrieben. Sie 
wird namentlich dann auszusprechen sein, wenn 
das Belassen des Gegenstandes in den Händen 
des Täters gefährlich erscheint. Mangels einer 
solchen Gefahr wird von der Verhängung beson- 
ders dann Abstand zu nehmen sein, wenn diese 
für den Angeklagten ein unverhältnismäßiges 
Uebel darstellen würde. 
Einziehung 
# 3. Neichsrechtliche Sondervorschriften. Die 
E. Bestimmungen im besonderen Teil des Sto B 
und in den Nebengesetzen dienen verschieden- 
artigen Interessen. 
A. Den allgemeinen Reichs= und 
Staatsinteressen. 1) Nach § 336 St GB 
(ähnlich § 199 VE) ist in den Fällen der §# 331 
bis 334 (Beamtenbestechung) das Empfan- 
gene — nicht das bloß Angebotene (RG. 22, 
270) oder Geforderte, wohl aber auch das nur 
Zugesteckte (R 15, 348) oder zum Schein ange- 
  
nommene — oder, d. h. im Nichtbeitreibungsfalle, 
der Wert desselben dem Staate für verfallen zu 
erklären, eine Art strafrechtliche condictio ob 
turpem causam, Rest der alten Verwirkungslehre 
(es ist des Staates unwürdig, das durch eine straf- 
bare Handlung Erworbene dem Unwürdigen zu 
belassen), aber über diesen Gedanken insofern 
hinausgehend, als nicht bloß das wirklich Ange- 
nommene, sondern alles „Empfangene“ einge- 
zogen wird. 2) & 16 des Preßgesetzes (vgl. 
Kloeppel, Reichspreßr. 196 A. 1; von Schwarze- 
Appelius, Komm.“" 85: Stenglein, Neben G 307 ), 
der öffentliche Aufforderungen mittelst der Presse 
zur Aufbringung der wegen einer strafbaren Hand- 
lung erkannten Geldstrafen und Kosten verbietet, 
schreibt vor, daß das zufolge solcher Aufforderun- 
en Empfangene oder der Wert desselben der 
rmenkasse des Sammlungsorts für verfallen 
erklärt wird. Diese Vorschrift hat eine ähnliche 
Natur wie Nr. 1. 3) Nach § 360 Abs 1 Nr. 14 
und Abs 2 St GGB können, sofern an öffentlichen 
Orten Glücksspiele gehalten werden, die auf 
dem Spieltisch oder in der Bank befindlichen Gel- 
der eingezogen werden. 4) Flaggengesetz v. 
22. 6. 99 (S 319) 1) 5 18: Kauffahrteischiffe, 
welche die Reichsflagge unberechtigt führen. 
B. Dem Interesse der Staats- 
sicherheit. 5) 5 360 Abs 1 Nr. 1 und Abls 2 
StEB (VE # 306“, 310 Abs 3): Ohne Erlaubnis 
ausfgenommene Risse von Festungswerken. 
C. Zum Schutz gegen Fälschung 
von Münzen und andern öffent- 
lichen Wertzeichen. 6) &* 152 StGB 
(§164 VE): Nachgemachtes und verfälschtes (nicht 
auch verringertes) Geld — worunter neben dem 
Metall= und Papiergeld auch die nach § 149 dem 
Papiergeld gleich zu achtenden Wertpapiere zu 
verstehen sind — sowie die zum Zweck eines 
Münzverbrechens angeschafften oder angefertig- 
ten Formen. Diese E., welche materiell keinen 
Strascharakter hat (R 14, 164), „soll bewirken, 
daß gefälschte Stücke aus dem Verkehr gezogen 
und an Zentralstellen gesammelt werden, um neu 
zum Vorschein kommende Falschstücke mit den 
früher angehaltenen zu vergleichen, die Errichtung 
neuer Stätten der Falschmünzerei zu ermitteln, 
überhaupt für spätere Untersuchungen Anhalts- 
punkte zu gewinnen" (a. a. O. 162). 7) 5 360 
Abs 1 Nr. 4 und Abs 2 StB: Formen, die zur 
Anfertigung von Metallgeld, Papiergeld oder 
Wertpapieren, oder von Stempelpapier, Stem- 
pelmarken, Stempelblanketts, Stempelabdrücken, 
Post= und Telegraphen-Wertzeichen, öffentlichen 
Bescheinigungen oder Beglaubigungen dienen 
können. 8) 5+ 360 Abs 1 Nr. 5 StGB und Abs 2: 
Abdrücke der in Nr. 4 bezeichneten Formen oder 
Drucke von Formularen zu den dort bezeichneten 
öffentlichen Papieren, Beglaubigungen oder Be- 
  
1) Die Bezeichnungen der Gesetze sind meist gekürzt 
wiedergegeben. Die Seitenzahlen bei den Gesetzen bezeich- 
nen die Seiten des Reichs- oder Bundesgesetzblattes, in 34 
bei den preußischen Gesetzen die der preußischen Gesetzsamm- 
lung. Die hinter den Vorschriften aufge führten Gegen- 
stände sind diejenigen, deren Einziehung vorgesehen ist. 
Wegen der Nebengesetze vgl. den in 4. Aufl. erscheinenden 
Stengleinschen Kommentar, neubearbeitet von Eber- 
mayer, Galli und Lindenberg und die dort auf. 
geführte Literatur. — Vgl. allgem. die Sonderartikel.
	        
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