I. Eisenbahnwesen (Ueberblick)
meinen Verkehrs (unten 55), in Bayern mit dem
Reservatrechte, daß dic a 42—45 und der erste
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Absatz von a 46 (betr. die Beaufsichtigung im
Interesse des Verkehrs) auf diesen Staat
keine Anwendung finden. Im ganzen
Deutschen Reiche können hiernach für Rechnung
des Reichs auch gegen den Widerspruch der
Bundesstaaten solche E. angelegt oder an Privat-
unternehmer konzessioniert und mit dem Ent-
eignungsrechte ausgestattet werden, die im In-
teresse der Verteidigung Deutschlands oder im
Interesse des allgemeinen Verkehrs für notwendig
erachtet werden. Sämtliche E. sind verpflichtet,
sich den Anschluß neuer E. gefallen zu lassen. Die
etwa bestehenden gesetzlichen Bestimmungen über
das Widerspruchsrecht gegen die Anlage von
Parallel- und Konkurrenzbahnen werden aufge-
hoben (a 41). Im Wege des Gesetzes können ein-
heitliche Normen für den Bau und die Ausrüstung
der für die Landesverteidigung wichtigen E. ein-
geführt werden (a 46 Abs 3). Den Anforderungen
der Reichsbehörden in betreff der Benutzung der
E. zum Zwecke der Verteidigung Deutschlands
haben sämtliche E. unweigerlich zu folgen, das
Militär und das Kriegsmaterial sind zu gleichen
ermäßigten Sätzen zu befördern (a 47).
Die für die deutschen — ausschließlich
der bayerischen — E. geltenden Bestimmungen
setzen fest, daß die Bundesregicrungen sich ver-
pflichten, die E. im Interesse des allgemeinen Ver-
kehrs wie ein einheitliches Netz zu verwalten, die
neu herzustellenden Bahnen nach einheitlichen
Normen anzulegen und auszurüsten (a 42). Es
sind also einheitliche Betriebseinrichtungen, ins-
besondere Bahnpolizeireglements (ietzt Betriebs-
ordnungen genannt) einzuführen, für ordnungs-
mäßigen, sicheren baulichen Zustand und ge-
nügende Ausrüstung mit Betriebsmaterial zu
sorgen (a 43). Die E. Verwaltungen haben in-
einandergreifende Fahrplänc, die für den Per-
sonen- und Güterverkehr nötigen Züge mit direkten
Expeditionen unter Gestattung des Uebergangs
der Transportmittel von Bahn zu Bahn einzu-
richten (a 44). Dem Reiche steht die Kontrolle
über das Tarifwesen zu. Insbesondere sind über-
einstimmende Betriebsreglements (jetzt Verkehrs-
ordnung), gleichmäßige, tunlichst niedrige Tarife
auf größere Entfernungen einzuführen, für Roh-
produkte der sogen. Einpfennigtarif zunächst zu
erstreben (a 45). Bei Notständen kann der Kaiser
auf Vorschlag des Bundesratsausschusses niedrige
Spezialtarife für Lebensmittel feststellen (a 46,
Abs 1). [UEisenbahntarife.]
Zur Ueberwachung der Ausführung vorstehen-
der Bestimmungen ist durch G v. 27. 6. 73 (Rl
164) eine besondere Zentralbehörde, das Reichs-
Eisenbahnamt, eingesetzt. Ueber Gegen-
vorstellungen gegen eine von diesem verfügte
Maßregel entscheidet das durch Zuziehung richter-
licher Beamten zu verstärkende Reichs-E.Amt
(55 Nr. 4 des G, Regl v. 13. 3. 76, Roö#l 197),
das übrigens bisher noch nicht zusammengetreten
ist. [ Eisenbahnbehörden.]
Ein Reichs-Eisenbahngesetz, auf
das auch der & 5 des G v. 27. 6. 73 hinweist, ist
bisher nicht erlassen, zwei in den Jahren 1874 und
1875 vom Reichs-E.Amte aufgestellte Entwürfe
sind nicht an die gesetzgebenden Faktoren gelangt,
über einen im Jahre 1879 dem Bundesrate vor-
655.
gelegten Antrag des RK betr. reichsgesetzliche Re-
gelung des E.Wesens nebst E. Gesetzentwürfen, hat
dieser nicht entschieden. Vom Reiche sind jedoch
folgende wichtige allgemeine Verordnungen er-
lassen: Die Eisenbahnverkehrsord-
nung (früher E.Betriebsreglement) v. 26. 10. 99.
(Ral 557) nebst mehreren Nachträgen J Eisen-
bahnfrachtrecht), die Eisenbahn-Bau= und
Betriebsordnung v. 4. 11. 04 (Röchl
387) nebst Nachtrag v. 24. 6. 07 (Röl 394) und
die E. Signalordnung v. 24. 6. 07 (Rl
277). Diese Verordnungen sind vorstehend in
ihrer neuesten Fassung aufgeführt, sie bestehen
schon viel länger und sind wiederholt, den Bedürf-
nissen des Betriebs und Verkehrs entsprechend,
geändert. Sie sind auf Grund der a 42, 43, 45 RV
ergangen, finden also auf Bayern keine An-
wendung. Im Königreich Bayern sind indessen
über dieselben Gegenstände Verordnungen erlas-
sen, die im wesentlichen mit den vorstehenden
übereinstimmen.
#§ 4. Die landesgesetzlichen Bestimmungen. Von
den dcutschen Bundesstaaten besitzt ein allgemeines
E.Gesetz Preußen in dem G v. 3. No-
vember 1838 über die Eisenbahn-
unternehmungen (G## #505), das in Gel-
tung gesetzt ist durch V v. 19. 8. 67 (GS 1420) in
den im Jahre 1866 einverleibten Landesteilen,
durch Gv. 23. 3. 73 (GS 107) im Jahdegebiet,
und durch G v. 11. 3. 70 in Waldeck (Wald. Reg Bl
29). Für Hohenzollern gilt das E.G v. 1. 5. 65
(S 317), von dem nur noch kleinere Teile von
Bedeutung sind (vgl. über die Entstehung dieses.
Gesetzes Gleim: Zum 3. November 1888, Archiv
für E. 1888, 797 ff). Das Gesetz zählt 49 Para-
graphen. Es regelt das Verfahren für die E.=
Konzessionicrung (§ 1), die Bildung der E. Gesell-
schaften und ihre Statuten (88 2, 3), die Fest-
stellung der Bahnlinic und der Zweigbahnen
(88 4, 5), die Geldbeschaffung (F 6), den Grund-
erwerb, insbesondere die Enteignung für E. Zwecke
(8T 7—20), die Fristen für den Bau, die Inbetrieb-=
nahme der Bahnen (§5 21, 22), die Bahnpolizei,
die Haftpflicht (I 25—28), die Tarifverhältnisse
und das Bahngeld (§§& 26—36), das Verhältnis-
der E. zur Post (55 36, 37). Außerdem enthält
das Gesetz Bestimmungen über die E.Abgabe (§5 38
bis 41), über den Erwerb des Eigentums der Bahnen.
durch den Staat (58 42), über Ersatzansprüche im
Kriegsfalle (S 43), über den Anschluß anderer
Bahnen (§ 45), über die staatliche Aufsicht (§ 46).
und den Verfall der Konzession (§ 47), sowie Ueber-
gangsbestimmungen (5§ 48, 49). Einzelne der
Bestimmungen des Gesetzes, insbesondere die über
die Bildung der E. Gesellschaften, über das Ent-
eignungsrecht, über das Verhältnis der E. zur
Post, über die Haftpflicht, sowie der § 44, nach
dem die Herstellung von Konkurrenzbahnen ge-
wissen Beschränkungen unterworfen war — sind
durch die spätere preußische und die Reichsgesetz-
gebung geändert oder ausfgehoben worden. Im
übrigen bildet das Gesetz, insbesondere seine ver-
waltungsrechtlichen Bestimmungen, noch jetzt die
Grundlage für die Regelung des E.Wesens in
Preußen. — Ein Bedürfnis zum Erlaß eines
E.Gesetzes trat in Preußen vornehmlich aus
dem Grunde so früh hervor, weil anfänglich
nur die Konzessionierung von Privatbahnen
ins Auge gefaßt war und die Regierung es-