I. Eisenbahnwesen (Ueberblick)
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besonderen Reichsamte soben §& 31, in Preußen
dem Minö#, in Bayern dem Min für Verkehrs-
angelegenheiten, in Württemberg und Baden dem
Min des Auswärtigen, in Sachsen und Hessen dem
Finanz Min, in Mecklenburg dem Min Inn, in
Oldenburg einer Abteilung des Staats Min) un-
mittelbar unterstehen (vgl. im einzelnen unter
TJEisenbahnbehörden). Die Verwaltung
der preußisch-hessischen Staatsbahnen erfolgt auf
Grund der VerwO v. 15. 12. 94 (G 1895, 11 ff).
Diese ist durch ein auf Grund Kgl. Erl v. 23. 11.01
ergangene Verf v. 17. 5. 02 (GS 130) und später
durch eine auf Grund Kgl. Erl v. 25. 3.07(GS 79),
Erl v. 24. 5. 07 (E. VWBl 134) nochmals ge-
ändert und steht in ihrer jetzigen Fassung seit dem
1. 4. 07 in Kraft. Der wesentliche Inhalt der
letzten Aenderung ist die Einsetzung eines Eisen-
bahnzentralamts in Berlin. Dieses hat
solche Geschäfte zu besorgen, deren einheitliche Re-
gelung für alle oder mehrere E.Direktionsbezirke
geboten ist lüber das Nähere Eisenbahnbe-
hörden §& 51. Dem Minöls] unterstehen 21 E.=
Direktionen für die Verwaltung, den Bau und
den Betrieb der Staatsbahnen. Ueber ihren Sitz,
die nähere Einrichtung, sowie die örtlichen Dienst-
stellen (Betriebs-, Verkehrs-, Maschinen= und
Werkstätten-Aemter) vergl Eisenbahnbe-
hörden 35.
Die Verfassung der E. Verwaltungsbehörden ist
eine bureaukratische; nur für gewisse Disziplinar=
sachen eine kollegiale.
Für Bayern ist durch Kal V v. 18. 12. 06, und
v. 3. 12. 08 die Verwaltungsordnung für die Ver-
kehrsanstalten betreffend (Verord. und Anz Blatt
1906 Nr. 81 v. 20. 12. 06 und 1908 Nr. 81 v. 14. 12
08) eine der preußischen ähnliche Organisation
geschaffen. An der Spitze der Verwaltung steht der
Staats Min für Verkehrsangelegenheiten. Ihm sind
6 E.Direktionen unterstellt. Daneben bestehen zur
Erledigung einzelner Geschäfte, die zweckmäßig für
das gesamte Verwaltungsgebiet von einer
Stelle aus wahrgenommen werden, eine Reihe
von Aemtern. Zur Wahrnehmung des ört-
lichen Dienstes sind mit ähnlichen Befugnissen,
wie in Preußen Inspektionen eingesetzt. LNäheres
lEisenbahnbehörden §&5 IIIl.
Die E. Verwaltungsbehörden der übrigen
Bundesstaaten sind ähnlich organisiert. Ihre Netze
sind so wenig umfangreich, daß überall cine
Direktion (Generaldirektion) genügt, in Dresden,
Stuttgart, Karlsruhe, Straßburg, Schwerin und
Oldenburg. Die Verpflichtung der Eisenbah-
nen zur Fürsorge für ihre Beamten bei
Unfällen, bei Krankheiten und bei Invalidität
wird durch die allgemeinen Reichsgesetze und
preußische Gesetze (Unfallfürsorge G v. 18. 6. 01,
Gesetz betr. die Fürsorge für Beamte infolge von
Betriebsunfällen v. 2. 6. 02, das Kranke nversiche-
rungs G v. 15. 6. 83, das Invalidenversicherungs G
v. 13./14. 7. 1899 und die sonstigen Unfallversiche-
rungsgesetze) geregelt. (Vgl. die betr. besonderen
Artikel). Die E. Verwaltungen, insbesondere die
der preußisch-hessischen E., gehen aber in der
Sorge für die Wohlfahrt ihrer Beamten und Ar-
beiter weit über die durch die Gesetze vorgeschrie-
benen Verpflichtungen hinaus. (Vagl. Denkschrift
über Gesundheitspflege und Wohlfahrtseinrich-
tungen für die preußisch-hessischen Staatsbahnen,
Berlin 1907, und die alljährlich im Arch für
v. Stengel-Fleischmann, Wörterbuch 2. Aufl. I.
E.Wesen veröffentlichten Aufsätze über die Wohl-
fahrtseinrichtungen der preußisch-hessischen E.=
gemeinschaft).
II. Die Einnahmen der Staatsbahnen
dienen zunächst zur Bestreitung der Ausgaben.
Ueberschüsse werden an die allgemeine Staats-
kasse abgeführt und gelangen mit den sonstigen
Staatseinnahmen zur Verwendung. Die Ueber-
schüsse reichen in den meisten Bundesstaaten aus
zu einer mäßigen Verzinsung der zur Anlage der
E. ausgenommenen Gelder.
1. Für Preußen sind aus Anlaß der ersten
größeren Vorlagen über den Erwerb von Privat-
bahnen im Jahre 1879 durch G v. 27. 3. 82,
GS214 ff) über die Verwendung der Jahres-
überschüsse der Verwaltung der E.Angelegenheiten
besondere Bestimmungen getroffen (sogen. fi-
nanzielle Garantien, daher üblich „Eisen-
bahngarantiegesetz“). Die Ueberschüsse sind zu
verwenden: 1. zur Verzinsung der jeweiligen
Staats E. Kapitalschuld, welche für den 1. 4. 80
auf 1 498 858 100 Mk. festgestellt wurde; 2. zur
Ausgleichung eines etwa vorhandenen Fehl-
betrags im Staatshaushalte, der andernfalls durch
Anleihen gedeckt werden müßte, bis zur Höhe von
2200 000 Mk.; 3. zur Tilgung der Staats-
E. Kapitalschuld, alljährlich zunächst bis zur Höhe
von 3¾0 derselben (§§ 1, 2, 4 des G). Inwieweit
über diesen Betrag hinaus noch eine Tilgung statt-
finden soll, bleibt der Bestimmung durch den
Staatshaushalt vorbehalten. — Ueber die Be-
rechnung der Staatsbahnkapitalschuld wurde früher
alljährlich dem Landtage mit dem Etat eine be-
sondere Aufstellung vorgelegt. In den letzten
Jahren ist diese Vorlage unterblieben. Dagegen
ist dem Betriebsbericht für 1909 zum erstenmal
eine Bilanz der Staatsbahn beigefügt. Das
G von 1882 ist ergänzt durch G v. 8. 3. 97 betr.
die Tilgung der Staatsschulden (GS# 43, und
durch Gv. 3. ö. 03 betr. die Bildung eines Aus-
gleichsfonds für die Eisenbahn-
verwaltung (GS 155). Hiernach ist ein et#
waiger Ueberschuß des Staatshaushalts zur Bil-
dung und Ergänzung eines Ausgleichfonds bis zur
Höhe von 200 000 000 Mk. zu verwenden. Dieser
Ausgleichsfonds ist wieder zu verwenden 1. für
Bildung oder Ergänzung eines Dispositionsfonds
der E. Verwaltung bis zur Höhe von 30 Millionen
Mark, zur Vermehrung der Betriebsmittel, Erwei-
terung und Ergänzung der Bahnanlagen sowie
zu Grunderwerbungen usw.: 2. zur Ausgleichung
eines rechnungsmäßigen Minderüberschusses der
E.Verwaltung, soweit dieser nicht durch einen
Ueberschuß im gesamten übrigen Staatshaushalt
gedeckt wird:; 3. zur Verstärkung der Deckungs-
mittel im Staatshaushalt zu angemessener Aus-
gestaltung des Extraordinariums der E. Verwal-
tung nach näherer Bestimmung im Staatshaus-
haltsetat. Ueber den Ausgleichsfonds und Disposi-
tionsfonds wird alljährlich dem Landtag Rechnung
abgelegt. Seine Verwendung erfolgt durch die
Min der Finanzen und der öffentlichen Arbeiten.
— Ueber das Verhältnis der E. Finanzen zu den
allgemeinen Finanzen, die Verwendung der E.=
Ueberschüsse zu anderen Staatszwecken bestehen
ungeachtet dieser Bestimmungen, lebhafte Mei-
nungsverschiedenheiten, die alljährlich bei den Ver-
handlungen des Landtags über den E.Etat zum
Ausdruck zu kommen pflegen. In den Staats-
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