Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

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Eisenbahnen 
  
haushaltsetat für 1910 ist eine Bestimmung auf- 
genommen, nach der — zunächst für 5 Jahre — 
dem Ausgleichsfonds außer den rechnungsmäßigen 
Ueberschüssen des Staatshaushalts der Betrag 
des Reinüberschusses der E. Verwaltung durch den 
Staatshaushalt zugeführt werden soll, der 2,10 % 
des statistischen Anlagekapitals (z. Z. rund 210 
Millionen Mark) übersteigt. Außerdem ist das 
Extraordinarium auf 120 Millionen Mk., oder, 
falls diese Berechnung einen höheren Betrag er- 
gibt, auf 1,15% des statistischen Anlagekapitals be- 
grenzt (vgl. Quaatz, Arch f. E.Wesen 1910 
S 1121 ff. 
2. In Bayern ist durch G v. 13. 8. 10 
(GVBl S. 623) ein Ausgleichs= und Til- 
gungsfonds der Staatseisenbahn- 
verwaltung gebildet. 
In den Fonds sind nach a 2 einzulegen: 1. Ein Teil der 
Verkehrseinnahmen, der für das Jahr 1902 mit 20%, für 
die folgenden Jahre mit je 10% und schließlich im Jahr 1922 
und die folgenden Jahre mit 120% der Mehreinnahme 
gegenüber dem Vorlahre berechnet wird. 2. Die durch die 
Tilgung der Vorjahre ersparten Zinsen mit 4% der getilgten 
Beträge. 3. Der Ueberschuß, der nach Bestreitung der Ge- 
samtausgaben sowie nach einer Ablieferung von 3 Millionen 
Mark für das Jahr der Finanzperiode an den allgemeinen 
Staatshaushalt noch verbleibt. 4. Die Rückzahlungen auf 
Darlehn, welche die Staatsbahnverwaltung zu Zwecken der 
Wohnungsfürsorge oder zu sonstigen Zwecken aus Anlehens- 
mitteln gegeben hat. 5. Die Zinsen aus den Beständen des 
Fonds. — Ergibt sich in einer Finanzperiode für den allge- 
meinen Staatshaushalt ein Ueberschuß, so wird die Abliefe- 
rung bis zur Höhe des Ueberschusses nachträglich dem Fonds 
zuge führt. In den Fonds muß wenigstens die für die ver- 
tragsmäßige Schuldentilgung des Rechnungsjahres erfor- 
derliche Summe eingelegt werden. Aus dem Fonds sind 
nach a 3 zunächst zu bestreiten: 1. Die vertragsmäßige Til- 
gung. 2. Fehlbeträge der Staatseisenbahnen, die sich noch 
Leistung der in # 2 Zisser 3 bezeichneten Ausgaben ergeben 
sollten. — Ueberschreiten die nach Abschluß einer Finanz- 
veriode verfügbaren Bestände des Fonds den Betrag von 
20 Millionen Mark, so ist der Mehrbetrag gleichfalls für die 
Tilgung der Staatseisenbahnschuld zu verwenden. Nach à 4 
sind die verfügbaren Mittel des Fonds, soweit sie nicht für 
die vertragsmäßige Schuldentilgung in Anspruch genommen 
werden, auf bewilligte Anleihen zu verrechnen oder zum 
Ankauf von Staatseisenbahnschuldverschreibungen zu ver- 
wenden oder verzinslich anzulegen. Das Gesetz tritt mit 
dem Jahre 1912 in Kraft. Ergibt sich nach den Rechnungen 
der Finanzperiode 1910/11 ein Reinertrag der Staatseisen- 
bahnen von mehr als 6 Millionen Mark, so ist der Mehrbetrag 
dem Ausgleichs- und Tilgungssonds zuzuführen. 
3. In Württemberg istdurch Gv. 29.7.99 
(Reg Bl Nr. 25 v. 14. 8. 99) ein Reserve- 
fonds der Staats E. gebildet worden. Das 
Gesetz ist am 31. 3. O9 außer Kraft getreten, und 
an seine Stelle ist das, gleichfalls auf die Dauer 
von 10 Jahren, d. h. für die Zeit v. 1. 4. 09 bis 
31. 3. 1919 erlassenen G v. 25. 7. 10 getreten 
(Reg Bl S. 360). Bei Erlaß dieses Gesetzes sind 
die mit dem älteren gemachten Erfahrungen be- 
rücksichtigt worden. Sein wesentlicher Inhalt ist: 
Der Reservefonds wird aus Betriebsüberschüssen der 
Staats E. Verwaltung gebildet. Als solche gelten die Ueber- 
schüsse der Einnahmen über die Ausgaben ohne Abzug des 
Bedarfs für den Schulden= und Pensionsdienst. Solange 
der Reservefonds die Summe von5d Millionen Mark nicht er- 
reicht hat, wird von dem nach dem Voranschlag im Etat der 
Staatseisenbahnen zu erwartenden Betriebsüberschuß in den 
  
Hauptfinanzetat höchstens der Betrag eingestellt, der in run- 
der Summe dem Durchschnitt der wirklichen Betriebsüber- 
schüsse während der letzten 10 Etatsjahre entspricht. Der 
wirkliche Betriebsüberschuß eines Etatsjahres wird bis zur 
Höhe dieses Durchschnitts für die laufende Verwaltung ver- 
rechnet, und zwar auch wenn der Voranschlag im Etat unter 
dem 10jährigen Durchschnitt bleibt, der wirkliche Betriebs- 
überschuß aber ihn erreicht oder übersteigt. Der Mehrbetrag 
fließt in den Reservefonds. — Sobald der Fonds# die Summe 
von 5 Millionen Mark erreicht hat, ermäßigt sich ver ihm zu 
überweisende Betrag um die Hälfte; die andere Hälfte ist für 
die laufende Berwaltung zu verrechnen. — Sobald der Re- 
servefonds die Höhe von 10 Millionen Mark erreicht hat, er- 
mäßigt sich der ihm zu überweisende Betrag auf ein Drittel. 
Die Mittel des Reservefonds sind zur Deckung von Fehlbe- 
trägen zu verwenden, die sich bei dem wirklichen Betriebs- 
überschuß gegenüber dem oben genannten 10jährigen Durch- 
schnitt ergeben. — Soweit die Bestände des Reservefonds 
nicht in Anspruch genommen werden, sollen aus ihnen Bor- 
schüsse auf noch nicht vollzogene, für Eisenbahnzwecke be- 
willigte Anlehenskredite geleistet werden; eine Berechnung 
von Zinsen aus den Beständen findet nicht statt. Die ver lau- 
senden Verwaltung zu überweisenden Beträge sollen insbe- 
sondere für Bauten und andere außerordentliche Bedürfnisse, 
namentlich aus dem Gebiet der E. Berwaltung verwendet 
werden. Die am 31. März 1909 vorhandenen Bestände des 
auf dem G v. 29. 7. 99 beruhenden Reservefonds werden 
dem nach dem gegenwärtigen Gesetz zu bildenden Reserve- 
fonds zugewiesen. 
4. In Baden ist durch G v. 10. 9. 42 eine 
eigene E. Schuldenkasse errichtet, in die die durch 
den E.Bau erforderlichen, durch Anleihe beschaff- 
ten Mittel fließen, während ihr die Reinerträge 
der E.= (und früher der Post-) Verwaltung zu- 
gingen, mit denen die Anleihen verzinst und ge- 
tilgt werden. Diese Einnahmen genügten zu jenem 
Zwecke nur bis 1874. Seitdem erhält die E.= 
Schuldenkasse alljährlich Zuschüsse aus den allge- 
meinen Staatseinnahmen. 
Die Erträge der E.Bahnen, und zwar sowohl 
Staats= als auch Privatbahnen, unterliegen der 
Besteuerung durch Reich, Staat und Kommune. 
[NEisenbahnabgaben unten Abschn. V.] 
III. Die Privatbahnen werden durch 
Direktionen verwaltet, die als Organe der Aktien- 
gesellschaften gelten, in deren Eigentum die 
Bahnen stehen. In den Konzessionen hat sich viel- 
fach der Staat eine Prüfung der Befähigung ein- 
zelner, insbesondere der mit dem technischen Be- 
triebe betrauten Beamten vorbehalten, im übrigen 
haben die Privatbahnen in der Wahl der Beamten 
freie Hand. Der Betrieb erfolgt in derselben 
Weise, wie bei den Staatsbahnen. Die Einnah- 
men werden verwendet zur Bestreitung der Aus- 
gaben, Verzinsung und Tilgung etwaiger Schuld- 
verschreibungen (Prioritätsobligationen) und Zah- 
lung von Dividenden an die Aktionäre. Die Ver- 
pflichtung zur Rücklage besonderer Reserve= und 
Erneuerungsfonds ist den Privatbahnen durch ihre 
Konzessionen vorgeschrieben [U Eisenbahn- 
konzession 55.] Die Grundsätze über die Bil- 
dung und Verwaltung der Reserve= und Erneu- 
erungsfonds für die preußischen Privatbahnen sind 
dargelegt in den Zirkularverfügungen des Handels- 
Min v. 25. 1. 57 und 27. 1. 58. (MliV 1858, 
S6—30). Die übrigen Organe der Aktiengesell- 
schaft (Verwaltungsrat, Aufsichtsrat, Generalver- 
sammlung) haben die durch das Handelsgesetzbuch 
ihnen übertragenen Rechte gegenüber der Direktion.
	        
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