Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

Eisenbahnen (III. Verbände) 
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schäftsführung, Beschlußfassung, Dauer des Ver- 
bandes. · 
I. Gegenstand eines Verbandsvertrages 
können sein Einrichtungen des inneren tech- 
nischen oder administrativen Eisenbahnbe- 
triebes (z. B. gemeinsame Grundsätze für 
Bau und Ausrüstung der E., für wechselseitige 
Wagenbenutzung, übereinstimmende Abfertigungs- 
vorschriften u. dgl.) oder die gemeinschaftliche Auf- 
stellung von Beförderungsbedingungen für das 
Publikum (von Tarifen, Transportvorschrif- 
ten) und deren öffentliche Ankündigung (Tarif- 
verbände). 
Rechtliche Vedeutung. In dem 
Verhältnis zum Staate wird durch den Bei- 
tritt einer E. Verwaltung zu einem EV nichts 
geändert. Inwieweit die Genehmigung der 
Aussichtsbehörde zu dicsem Beitritt oder zur Gül- 
tigkeit einzelner Verbandsbeschlüsse erforderlich 
ist, richtet sich nach den für die betreffende E. gel- 
tenden allgemeinen oder besonderen Vorschriften 
und nach dem Gegenstande des Vertrages oder 
der einzelnen Vertragshandlung (preuß. Min E 
v. 24. 6. 79 [Betriebsbericht der preuß. Staats- 
bahnen für 1878/79, Anlage S 1561: Vertrags- 
mäßige Vereinbarungen der E. in einem E# 
können die Rechte der Aufsichtsbehörde nicht be- 
rühren; preuß. Min E v. 24. 4. 79, (Fleck, Be- 
triebs. Reglement 1886, S 222): Die Beseitigung 
von Tarifmaßregeln, die mit den seitens der Auf- 
sichtsbehörde erlassenen Anordnungen im Wider- 
spruch stehen, kann nicht von Verbandsbeschlüssen 
abhängig gemacht werden; preuß. Min E v. 29. 1. 
83 (Fleck S 221): Anordnungen, die sich lediglich 
auf das Verhältnis der Aussichtsbehörde zu den E.= 
Verwaltungen beziehen, können nicht Gegenstand 
der Verhandlungen mit fremden Verwaltungen 
sein. Die Protokolle der Verbandskonferenzen. 
sind in der Regel der Aufsichtsbehörde einzurei- 
chen (preuß. Min E v. 25. 12. 69), auch, soweit 
es sich um Tarifverbände (s. F 4 d) handelt, 
mit den vorgeschriebenen Tarifnachweisungen dem 
Reichs-Eisenbahnamt einzusenden [N Eisenbahn- 
tarife § 6, unten S 6911. 
. Die einzelnen Verbände. Unter den be- 
stehenden Verbänden verdienen besondere Er- 
wähnung: 
a) Der Verein deutscher Eisenbahn- 
verwaltungen. (Geschäftsführende Direk- 
tion die Kgl E.Direktion zu Berlin.) Hervorge- 
gangen aus einer 1846 zusammengetretenen Ver- 
einigung preußischer E., die sich im darauf 
folgenden Jahre zu einem Verbande aller deut- 
schen E. Verwaltungen d. h. derjenigen, die in 
den damaligen politischen Grenzen Deutschlands 
ihren Sitz hatten, unter der Bezeichnung „Verein 
Deutscher Eisenbahnverwaltungen“ erweiterte, 
umfaßt der Verein nach dem letzten Ausweis 
(Statistik 1907) 25 deutsche, 27 österreichisch- 
ungarische, 4 niederländische, 1 belgische, 1 luxem- 
burgische, 1 rumänische und 1 polnische Verwal- 
tung mit einer Betriebslänge von 102658 km 
(55 230 km deutscher, 39 344 österr.-ungarischer 
und 8084 anderer fremder Bahnen). Als Zweck 
des Vereins ist in § 1 der Satzungen bezeichnet, 
„durch gemeinsame Beratungen und einmütiges 
Handeln das eigene Interesse und dasjenige des 
Publikums zu fördern". S. im übrigen die 
Satzungen v. 1. 5. 95; auch Ulrich, E.Tarif- 
  
  
wesen 215 ff. Unter den besonderen Vereins- 
einrichtungen und Spezialvereinbarungen sind 
hervorzuheben: 1. das Betriebsregle- 
ment des Vereins deutscher Eisen- 
bahnverwaltungen — letzte Ausgabe v. 
1. 1. 10; 2. das Uebereinkommen zum 
Betriebsreglement, nebst Anhängen 
(Tarifbestimmungen über die Beförderung von 
Sonderzügen, über die Ausgabe zusammenstell- 
barer Rundreisehefte, Uebereinkommen, betr. die 
Verschleppung von Gütern usw., und Bestim- 
mungen über Abschlagszahlungen aus dem Güter- 
verkehr); 3. das Uebereinkommen, betr. die gegen- 
seitige Wagenbenutzung (Vereinswagen- 
übereinkommen), — letzte Ausgabe v. 
1. 7. 07 nebst sieben Anlagen, darunter gemein- 
same Grundsätze für die Bauart und Einrichtung 
der Güterwagen; 4. technische Verein- 
barungen über den Bau und die Betriebsein- 
richtungen der Haupt E.; 5. Grundzüge für den 
Bau und Betrieb der Lokaleisenbahnen. 
(S. die Festschrift des Vereins über die Tätigkeit 
in den ersten 50 Jahren seines Bestehens 1846 
bis 1896. Berlin 1896). 
b) Der deutsche Eisenbahn-Ver- 
kehrsverband. (Geschäftsführende Direk- 
tion die Kgl E.Direktion zu Hannover.) Nach § 1 
der Satzungen vom Juni 1886 — letzte Ausgabe 
v. 1. 7. 08 — bezweckt der Verband die „Fortbil- 
dung der die Beförderung von Personen und Gü- 
tern betreffenden Dienstzweige, sowie die Herbei- 
führung einer tunlichen Uebereinstimmung der 
hierauf bezüglichen Vorschriften, insbesondere 
über das Abfertigungs= und Abrechnungsverfah-= 
ren“. Dem Verbande gehören fast sämtliche 
deutsche Staats= und Privatbahnen und einige 
in deutsches Gebiet sich erstreckende niederländische 
Eisenbahnen an. 
c) Der deutsche Staatsbahnwa- 
genverband. (Geschäftsführende Verwal- 
tung das Kgl E.Zentralamt zu Berlin.) Die 
Vereinigung der deutschen Staats E. zu freier Ver- 
wendung ihrer Güterwagen — auf Grund des 
„Uebereinkommens betreffend Bildung eines 
deutschen Staatsbahnwagenverbandes“, festge- 
stellt in der Konferenz zu Frankfurt a. M. v. 
20./21. 11. 08 und von den Regierungen geneh- 
migt (abgedruckt nebst Denkschrift im Preuß. 
Etat der E. Verwaltung 1909 S 93 ff#h. 
Sogleich nach der ersten Verstaatlichung der 
großen Privatbahnen in Preußen (Winter 79/80) 
hatten sich die unter preußischer Staatsverwaltung 
stehenden E. untereinander und mit den olden- 
burgischen Staatsbahnen, den Reichs E. und mehre- 
ren später verstaatlichten Privatbahnen zu einem 
engeren Verbande behufs freier Benutzung ihrer 
Güterwagen — dem Preuß. Staatsbahn- 
wagenverbande — zusammengeschlossen 
(vorläufige Bestimmungen v. 7. 4. 80 (E. BBl 
260], Vorschriften für die gegenseitige Wagen- 
benutzung der in Staatsverwaltung stehenden E. 
v. 21. 3. 81 E. BBl 108, letzte Ausgabe v. 1. 4. 02 
[E. BVBBl. 1811)). Nach diesen Vorschriften war 
„jede der beteiligten Bahnen berechtigt, die Gü- 
terwagen der anderen gleich den eigenen Wagen 
zu benutzen“ (8 3 a. a. O.). 
Der Ausgleich zwischen Bestand und Bedarf 
von leeren Güterwagen erfolgte täglich in fest 
geregelter Weise durch übereinstimmend einge- 
 
	        
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