Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

— — — — — —— — — — — — — 
678 
Eisenbahnen (III. Verbände) 
  
richtete Dienststellen (Wagenbureaus) mit der ober- 
sten Spitze des Zentral-Wagenamtes in Berlin, 
das dem Kgl E.Zentralamt in Berlin unterstellt 
war. Die Vorschriften regelten zugleich die Re- 
paratur der Verbandswagen und die Wagenmiete. 
Der Preußische Staatsbahnwagenverband, dem 
inzwischen auch die Mecklenburgischen Staats- 
bahnen sich angeschlossen hatten, ist jetzt zum 
Deutschen Staatsbahnwagenver-= 
band erweitert, der auf Grund des Ueberein- 
kommens v. Nov. 1908 am 1. 4. 09 in Wirksam- 
keit getreten ist. Er beruht auf dem gleichen Grund- 
satz, nach welchem „jede Verbandsbahn die Güter- 
wagen der andern Verbandsbahnen wie ihre 
eigenen nach Maßgabe der vereinbarten 
Güterwagenvorschriften benutzt“ (§5 3 a. a. O.). 
Die Wagen bleiben Eigentum der Ver- 
bandsbahn, die sie beschafft hat (&§ 2). Den Aus- 
gleich zwischen Bedarf und Bestand an leeren 
Wagen regelt in oberster Stelle das Haupt- 
wagenamt zu Berlin, das dem preuß. 
E.Zentralamt untersteht (ss§ 4, 13). Jede Ver- 
bandsbahn zahlt an den Verband cinc besonders 
vereinbarte Vergütung nach der Zahl der auf ihren 
Strecken von den Verbandsbahnen geleisteten 
Achs-km:; die Einnahme des Verbandes wird 
nach dem Verhältnis der im Jahresdurchschnitt 
von jeder Verbandsbahn vorgehaltenen Güter- 
wagenachsen verteilt (§ 6 a. a. O.). Weitere Be- 
stimmungen betreffen die Unterhaltung der Wa- 
gen und die Verrechnung der Unterhaltungs- 
kosten (II 8—9), die Ausmusterung abgängiger 
Wagen (§ 11) und die laufende Vermehrung des 
Wagenparks (* 12), die Sorge für cinheitliche 
Bauart der Wagen (* 10), die Organisation und 
die Kosten des Verbandes (§&8 13, 14). Die baye- 
rischen, sächsischen, württembergischen und badi- 
schen Staatsbahnen sind berechtigt, bei dem preuß. 
E. Zentralamt je einen Beamten zu bestellen, 
auch Beamte zu dem Preuß. Wagenabrechnungs- 
burcau in Magdeburg zu entsenden (F 13). Das 
Uebereinkommen ist mit einjähriger Frist -- zum 
31. 3. jedes Jahres — kündbar (5 16). 
d) Die Tarifverbände. Nach 8 53 
Verk. Ordnung ist die E. verpflichtet, Güter zur 
Beförderung von und nach allen für den Güter- 
verkehr eingcrichteten Stationen anzunehmen, 
ohne daß es für den Uebergang von einer Bahn 
auf die andere einer Vermittelungsadresse bedarf 
(direkte Frachtbriefcd#. (S. auch § 453 
OGB.) Nach a 44 N sind die E. Verwaltungen 
verpflichtet, für den durchgehenden Verlehr 
direkte Expeditionen im Personen= 
und Güterverkehr einzurichten, und nach ihren 
Konzessionsbedingungen zumeist auch gehalten, 
auf Verlangen der Regierung direkte Ta- 
rife mit anderen Bahnen einzuführen ( Eisen- 
bahntarife & 2, unten S87]. Die Tarifver-= 
bände bezwecken, diesen direkten Ver- 
kehr für gewisse Hauptrichtungen 
oder zusammenhängende größere 
Verkehrsgebiete gleichmäßig zu 
organisieren,, in erster Reihe die Tarife 
und Beförderungsbedingungen für das Verbands- 
gebiet Verbandstarif?) einheitlich auf- 
zustellen und gemeinschaftlich anzukündigen, so- 
dann die gegenseitige Abrechnung der gemein- 
schaftlichen Verkehrseinnahmen zu ordnen, die 
für den durchgehenden Verkehr erforderlichen Be- 
  
  
triebseinrichtungen gemeinsam zu treffen und die 
Verkehrsleitung im Verbandsgebiet zu regeln. 
Die Verständigung über die Bescitigung 
des Wettbewerbes konkurrieren- 
der Linien durch Teilung des der Konkurrenz 
unterliegenden Verkehrs — Naturalteilung (ab- 
wechselnde Verkehrsleitung) oder Geldteilung 
(Teilung der Reineinnahmen) — oder durch 
andere Abmachungen sowohl innerhalb eines Ver- 
bandes wie zwischen mehreren Verbänden, wird 
als Eisen babukartell (Pool auf den nord- 
amerikanischen Bahnen) bezeichnet (Obermeyer, 
Ueber Tarifverbände und E. Kartelle, 1879). — Die 
Geschichte der deutschen Tarifverbände reicht mehr 
als 60 Jahre zurück. Als erster wurde der nord- 
deutsche Verband im Jahre 1848 gegründet (Krö- 
nig, Differenzialtarife 8; Ulrich, E.Tarifwesen 
221 ff: Cauer, Personen= und Güter-V. 532). 
Bald folgten weitere Verbände in allen wichtigen 
Verkehrsrichtungen des inneren deutschen und des 
internationalen E. Verkehrs. Eine im Jahre 1869 
behufs Annahme eines einheitlichen Tarifschemas 
und möglichst übereinstimmender Abfertigungsein- 
richtungen gegründete Vercinigung der größeren 
zwischen Rhein und Elbe bezw. Berlin bestehenden 
Verbände führte die besondere Bezeichnung „Ta- 
rifverband“ ohne weiteren Zusatz (s. Die Ent- 
wickelung des Gütertarifwesens der 
deutschen Eisenbahnen, herausgeg. vom 
Verein der Privatbahnen, 1879). Die Wirksam- 
keit dieser Vereinigung auf dem Gebiete des Ta- 
rifwesens erlosch mit der Einführung des einheit- 
lichen deutschen Tarisschemas (J Eisenbahntarife 
§6 2, 6, 7, S87, 691, 692) und auf dem Gobiete 
des Abfertigungswesens mit der Gründung des 
deutschen E. Verkehrsverbandes (s. zu b). Eine er- 
hebliche Einschränkung erfuhren im übrigen die Ta- 
rifverbände im inneren deutschen Verkehr infolge 
des Ueberganges der großen preußischen Privat- 
bahnen auf den Staat und der einheitlichen Re- 
gelung des Tarifwesens für das Staatsbahnnetz 
(s. die betr. Vorschriften im Betriebsbericht der 
preuß. Staatsbahnen für 1880/81, Anl. 24 S 
233 ff; auch „Die Entwickelung der Gütertarife 
der preuß.--hess. Staatsbahnen“, Arch für E. Wesen 
1905 S 80 ff), während im internationalen Ver- 
kehr die Tarifoerbände eine immer weitere Aus- 
dehnung fanden und sich jetzt auf die wichtigsten 
Verkehrsbeziehungen zu allen angrenzenden Län- 
dern (Oesterreich-Ungarn und darüber hinaus bis 
Rumänien und den Balkanstaaten, Rußland, Dä- 
nemark und Schweden, den Niederlanden, Bel- 
gien, Frankreich, der Schweiz und Italien) er- 
strecken. In Handels= und Zollverträ- 
gen des Deutschen Reiches mit angrenzenden 
Staaten ist vielfach die Förderung des 
direkten Verkehrs ausdrücklich verein- 
bart (s. die in dem Art. „Eisenbahntarife“ & 4 
angezogenen Staatsverträge). 
Auch nach übersceischen Plätzen ist ver- 
einzelt ein direkter Verkehr mit di- 
rekten Tarifen von Eisenbahnver- 
waltungen und Seeschiffsreede- 
reien eingerichtet. So wurde im Jahre 1890 
nach einer Vercinbarung der Preuß. Staatsbahnen 
unter Beteiligung der Sächsischen Staatsbahnen 
mit der Reederei der „Deutschen Levante- 
linie" in Hamburg der „Levantetarif für 
den direkten Verkehr von deutschen Stationen nach
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.