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Baden stellt der grundherrliche A. acht Abgeord-
nete zur ersten Kammer, außerdem kann der Groß-
herzog den Häuptern adeliger Familien mit einem
Grundbesitz von gewissen Qualitäten die erbliche
Landstandschaft daselbst verleihen (vgl. die badische
Verf in der Novelle v. 24. 8. O4). In Hessen
stellt, abgesehen vom Senior der Familie von
Riedesel als geborenem Mitglied, der grund-
besitzende A. zwei Abgeordnete aus seiner Mitte
für die erste Kammer (Gv. 8. 11. 72 in der Fassung
des Gv. 6. 6. 85 & 7). — Partikularrechtlich gibt es
vereinzelt noch andere Vorrechte des A. auf dem
Gebiete des öffentlichen Rechts. So hat in
Württemberg die gesamte „Nitterschaft"“
in Sachen der freiwilligen Gerichts-
barkeit vor dem Amtsgericht einen befreiten
Gerichtsstand sowohl für ihre Familien als für
ihre exemten Besitzungen in demselben Umfang
wie für die Standesherren (ogl. AS z. BG B
a 14, 24 ff, 55, 78, 270. WVv. 5. 7. 97), ferner
das Recht auf das hergebrachte Kirchengebet und
Trauergeläute für sich und ihre Familien (iDetl.
von 1821, § 18). Aehnlich wie die „Nitterschaft“
in Württemberg über die besondere parlamenta-
rische Vertretung hinaus öffentlich-rechtlich pri-
vilegiert ist, so auch der grundherrliche A. in
Baden. „Grundherren“ des Großherzogtums
sind einmal diejenigen Adeligen, die zu einer
Familie der früher reichsunmittelbaren Ritter-
schaft gehören, sodann die land sässigen Adcligen, die
sich im Eigentum oder Miteigentum eines im Lande
befindlichen Gutes befinden, dem im Jahre 1806
das Recht der Patrimonialgerichtsbarkeit zustand.
Die Grundherren haben die Befugnis zur Aus-
üÜbung der niederen Orts Pol im Umfange der in
ihren grundherrlichen Bezirken gelegenen Schlössern
und Wohnungen samt Zubehör in Unterordnung
unter die Pol Gewalt des Bezirksamts und nach
Maßgabe der allgemeinen G. Die Grundherren
selbst sind außerhalb des grundherrlichen Bezirkes
von der Pol Strafgewalt der Bürgermeister insofern
ausgenommen, als die Bürgermeister auf Haft-
strafen gegen Grundherrn der Gemarkung nicht
erkennen dürfen. Von der Vornahme von Orts-
bereisungen ist den Grundherrn seitens der Be-
zirksämter behufs des Vortrages etwaiger Wünsche
Kenntnis zu geben, auch sind sie in den, nicht der
Städte O unterstehenden Gemeinden berechtigt,
bei der Aufstellung der Gemeindevoranschläge
mitzuwirken. Die Bezirksämter müssen ihre Er-
lasse an die Grundherrn diesen unmittelbar zu-
senden und den Grundherrn dabei das Prädikat
„Hochwohlgeboren“ bezw. „Hochgeboren“ geben.
Die Grundherren genießen weiter eine gewisse
Erleichterung bezüglich der Lehntaxen und der
Allodifikation von Lehen, und sind Patrone gegen-
über der evangelisch-protestantischen und der
römisch-katholischen Kirche. Endlich haben sie das
Ehrenrecht einer eigenen Uniform. Noch weiter
gehen die öffentlich-rechtlichen Privilegien der ehe-
mals reichsunmittelbaren Grundherrn. Sie haben
bei Sterbefällen ritterschaftlicher Familienmit-
glieder eine gewisse Zuständigkeit der freiwilligen
Gerichtsbarkeit innerhalb der grundherrlichen Fa-
milie, ferner das Ehrenrecht des Kirchengebets
(auf Anordnung der Kirchenbehörde), des Stägigen
Trauergeläutes bei dem Tode eines Familien-
hauptes und der gleichzeitigen Einstellung der
Tanzmusik innerhalb der Grundherrschaft (ogl.
über die Sonderstellung der badischen Grund-
herrn: Walz, Das Staatsrecht des Großherzogtums
Baden, 1909, S. 25 ff). Auf dem Gebiete des
Privatrechts ist der niedere A. heute grundsätzlich
denselben Normen unterworfen wie alle übrigen
Bevölkerungsklassen. Nur in Bezug auf die Fa-
milienverhältnisse und Güter des vormaligen
Reichs A. und derjenigen Familien des landsässigen
A., die vor dem Inkrafttreten des BGB dem vor-
maligen Reichs A. durch Landes G gleichgestellt
worden sind, macht a 58 Es z. BGB den Vorbe-
halt, daß die Vorschriften der Landes G und nach
ihrer Maßgabe die Vorschriften der Haus Verf un-
berührt bleiben sollen. Danach ist in den fraglichen
Materien der Rechtszustand des Landesrechts vor
1900 aufrecht erhalten. Nach wie vor besitzen in
Preußen deshalb gewisse Kreise des rheinischen
und westfälischen A. ein Recht der Autonomie in
Hinsicht der Disposition über ihren
Nachlaß vgl. Kab O v. 16. 1. 36, V v. 21. 1. 37
betr. die autonomische Sukzessionsbefugnis der
rh. Ritterschaft und das darüber stattfindende
schiedsrichterliche Verfahren; Kab O v. 26. u. 28.
2. 37 zu Gunsten der westfälischen Ritterschaft
in den Bezirken der Obergerichte zu Münster,
Hamm und Arnsberg, sowie zu Gunsten der
minden-ravensbergschen Ritterschaft. Die be-
züglichen Privilegien gehen weit über die Zahl
der ehemals Reichsunmittelbaren hinaus und sind
für alle diejenigen erlassen, die sich vor Einfüh-
rung der Fremdherrschaft einer bezüglichen Auto-
nomie erfreuten oder gemäß 5 5 der Vv. 21. 1. 37
in die Genossenschaft ausgenommen sind. Die
fraglichen Familien sind namentlich von der
Beobachtung des Pflichtteilsrechtes be-
freit, wie durch a 216 EG z. BGB ausdrücklich
anerkannt ist. Eine nachträgliche Erweiterung des
Kreises dieser Familien ist ausgeschlossen. Aehnliche
privatrechtliche Privilegien, die unter den Schutz
des a 58 E fallen, besitzt die württember-
gische Ritterschaft. Auch diese hat ein Recht der
Autonomie, d. h. Errichtung von Familienver-
trägen und sonstigen Familienstatuten, doch müssen
die neu zu errichtenden Familienstatuten, beruhen
sie nun auf einer Disposition unter Lebenden oder
von Todes wegen, soweit sie autonomische Bestim-
mungen enthalten zu ihrer Gültigkeit der Bestäti-
gung durch das vorgesetzte Landgericht und sind
außerdem in der GS zu publizieren (Württ. AG
z. VGB a 24 Abs 2). Außerdem hat die würt—-
tembergische Ritterschaft ein Recht auf standes-
gemäße Kompetenz bei der Immobiliar-Zwangs-
vollstreckung in Fideikommiß-, Lehen- und Stamm-
güter in demselben Umfang wie die Standesherren
(Ac# z. BSGBa 281 und 216). Partikularrechtlich
findet sich auch noch für A. das ausschließliche Vor-
recht, Familienfideikommisse zu errichten (vgl.
Bayr. Verf Beil. VII §5 1). Ob auch das Stamm-
gut des badischen Rechts unter die Familienfidei-
kommisse zu rechnen, ist zweifelhaft, jedenfalls ist
auch dieses Rechtoinstitut in Baden landesrechtlich
dem A. vorbehalten (AG a# 36 54). Außerdem be-
sitzen die echemals reichsunmittelbaren Grundherrn
in Baden das Recht der Familienautonomie über
ihre Güter= und Familienverhältnisse. Die betr.
Verfügungen müssen dem Souverän zur Bestäti-
gung vorgelegt werden, die ihnen aber ohne ge-
setzliche Ursache niemals erschwert oder verweigert
werden soll; vgl. Edikt v. 23. 4. 1818 K 11 u. 38.