Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

lagen verändert worden sei, über die Frage, wel- 
che Teile des neu zugeteilten Grundstücks eine 
frühere Last tragen, über die Kostenfrage. Der 
Zentralstelle ist, abgesehen von einem Einzelfall, 
ausdrücklich die endgültige Entscheidung zugewie- 
sen: Beschwerden an das Min Inn materieller 
Art sind daher nicht zulässig, es kann nur die all- 
gemeine Dienstaufsicht des Ministeriums über die 
Zentralstelle angerufen werden. 
5 6. Stand des Bereinigungsgeschäfts. Von 
1886 bis Ende 1908 sind 921 Anträge auf Ausfüh- 
rung von F. bei der Zentralstelle eingelaufen. Hie- 
von wurden bei der Abstimmungstagfahrt 97 abge- 
lehnt, 21 zur Abstimmung nicht zugelassen, 30 zu- 
rückgezogen, 9 nicht genehmigt, 44 nicht erledigt. 
Die übrigen 720 Anträge wurden angenommen 
und genehmigt. Hiebei handelte es sich nur in 39 
Fällen um bloße Feldweganlagen, die nach dem 
abgekürzten Verfahren ausgeführt wurden. Die 
für eine F. in Betracht kommende Fläche beträgt 
1 165 000 ha, tatsächlich bereinigt sind 92 000 ha, 
es ist somit ungefähr der 12. Teil des zur Bereini- 
gung geeigneten Teils des Königreichs bereinigt 
worden. Dieser erfreuliche Stand wurde durch 
staatliche Förderung aller Art und durch Staats- 
beiträge in Höhe von 20—350 der Gesamtkosten 
erzielt. 
Liüteratur: Gaupp, Das württ. Feldbereini- 
gungsgesetz mit Erläuterungen, 1888; Die Landwirtschaft 
und die Landwirtschaftspflege, hag. von der Zentralstelle 
für die Landwirtschaft, 1908; Schlebach, Feldbereini- 
gungen und Landesmeliorationen in Württemberg im 2. 
Bd. der Grundlehren der Kulturtechnik "7, 1908; Küm- 
merlen, Zur Geschichte der Landwirtschaft auf der 
Leutkircher Heide in den württ. Jahrbüchern für Statistik 
und Landeskunde, 1905, 124. Hofacker. 
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C. Baoden 
## 1. Geschichtliches. 1 2. Voraussetzungen. 1 3. Aue- 
führung. 1 4. Aufwand. # 5. Wirkungen. s 6. Zuständig- 
keit der Behörden. 
&5 1. Einleitung. Geschichtliches. Erst nachdem 
die Ablösung der Grundlasten schon zum großen 
Teil vollzogen war, trat in Baden das Streben 
nach besserer Flureinteilung und Parzellenver= 
minderung hervor. Dieses Bestreben fand seinen 
ersten Ausdruck im Vermessungs G v. 26. 3. 52, 
dessen a 3 die Vermessungsorgane anwies, tun- 
lichst auf Verbesserung der Feldweganlagen und 
der Flureinteilung, sowie bei sehr zersplittertem 
Grundbesitz auch auf Vereinbarungen über Zu- 
sammenlegung der Grundstücke hinzuwirken. Da 
sich die gütliche Einwirkung als nicht ausreichend 
darstellte, wurde durch Gv. 5. 5. 56 ein Verfah- 
ren zur zwangsweisen Flurbereinigung geordnet; 
Voraussetzung derselben war die Zustimmung 
von mehr als der Hälfte (bei Zusammenlegungen 
sogar 25) der beteiligten Besitzer, welche zusammen 
wieder 2 des Stenerkapitals der beteiligten 
Grundstücke besitzen. Von diesem Gesetze wurde 
erst seit 1870 ein reichlicher Gebrauch gemacht, 
nachdem infolge der V v. 6. 4. 68 ein technisch 
gebildetes Personal, der Landeskulturinspektor 
und die Kulturingenieure, zur Mitwirkung bei 
der Vorbereitung und Ausführung dieser Unter- 
Feldbereinigung (B. Württemberg — C. Baden) 
  
nehmen angestellt und zur Oberleitung seit 1869 
beim Handels Min eine Kommission für F. ge- 
bildet worden war. Im Jahre 1877 wurde unter 
Aufhebung der Landeskulturinspektion und der 
Ministerialkommission die Oberleitung der Feldbe- 
reinigungsgeschäfte zugleich mit der der Kataster- 
vermessung der Oberdirektion des Wasser= und 
Straßenbaues (einer dem Min Inn untergebenen 
Zentralmittelstelle) übertragen, welche sich der 
Bezirkskulturinspektionen (zurzeit 8) als der tech- 
nischen Vollzugsorgane bedient. Durch eine 
Novelle v. 21. 5. 86 wurde das G v. 1856 zum 
Zwecke der Förderung der F. in einer Reihe von 
Punkten geändert und ergänzt, namentlich wurde 
bestimmt, daß stets die Zustimmung der einfachen 
Mehrheit, nach Köpfen und Steuerkapital, genügt; 
ferner wurden die Grundsätze über die Befreiung 
vom Beitrittszwang, über das Verfahren, über die 
Aufbringung der Kosten für das Zustandekommen 
dieser Unternehmungen günstiger gestaltet. Einige 
Aenderungen mehr formaler Natur erfuhr das 
Gv. 1856 endlich durch a 28 und 30 des A zum 
BGB v. 17. 6. 99 und durch § 41 des AE zur 
GBO v. 19. 6. 99. 
§ 2. Voraussetzungen für die Turchführung 
eines Feldbereinigungsunternehmens. Die Be- 
sitzer der landwirtschaftlich genutzten Grundstücke 
innerhalb einer Gemeindemarkung oder eines 
Teils derselben (Gewann, Flur, Oesch) können 
zum Zwecke der Hebung der Landwirtschaft durch 
Mehrheitsbeschluß der Beteiligten mit Staats- 
genehmigung verpflichtet werden, an einem Un- 
ternehmen zur Verbesserung der Feldeinteilung 
und der Feldweganlagen teilzunehmen. 1. Ma- 
terielle Voraussetzungen: a) Der 
Zwang findet statt für Unternehmungen, welche 
die Veränderung oder Neuanlage von Feld- 
wegen, sowie die Verlegung oder Zusammenle- 
gung von Grundstücken (Parzellenverminderung) 
zum Zwecke haben; b) die Unternehmung muß 
sich auf das Gebiet einer Einzelgemeinde (Gemar= 
kung) oder einen Teil desselben beschränken; c) die 
Maßnahme muß vom Gesichtspunkte der Hebung 
der Landwirtschaft einen überwiegenden Nutzen 
haben; d) der Zwang erstreckt sich nicht auf Bau- 
plätze, unmittelbar mit den Gebäuden oder Hof- 
raiten zusammenhängende Grundstücke und ein- 
gefriedigte Gärten, nicht auf Waldungen, im Be- 
triebe befindliche Gruben, Brüche, Kohlen= und 
Gipslager und Bergwerke, nicht auf Grundstücke 
mit Mineralquellen; auf Baumstücke und Wein- 
berge erstreckt sich nur der Zwang für Feldweg- 
anlagen, nicht auch für Ver= und Zusammen- 
legung. Sofern ohne Beizug einer gesetzlich be- 
freiten Liegenschaft das Unternehmen nicht aus- 
führbar ist, kann übrigens der Besitzer durch 
Zwangsenteignung beigezogen werden. Wenn 
ferner ein dem Zwang unterworfenes Grund- 
stück von so besonderer Beschaffenheit ist, daß sein 
Wert durch andere Grundstücke nicht ausgeglichen 
werden kann und das Unternehmen auch ohne das 
betreffende Grundstück ausführbar ist, so ist das- 
selbe auf Antrag des Eigentümers auszuschließen. 
— 2. Formelle Voraussetzungen: 
a) Es muß mehr als die Hälfte der Besitzer der in 
das Unternehmen fallenden Grundstücke, welchen 
zugleich mehr als die Hälfte der betreffenden 
Liegenschaften, nach dem Steuerkapital berechnet, 
gehört, in einer amtlich geleiteten Abstimmungs-
	        
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