Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
760 
Feldbereinigung (C. Baden — D. Hessen) 
  
beteiligten Besitzer ausgeführt worden sind, finden 
die gesetzlichen Vorschriften über die Kostenver- 
teilung und die Wirkungen der F. alsdann An- 
wendung, wenn das Bereinigungswerk der Staats- 
behörde unterbreitet worden ist und von derselben, 
als den gesetzlichen Anforderungen in materieller 
Hinsicht entsprechend, die Schlußbestätigung er- 
halten hat. Wenn auch nach Abschluß des Ver- 
fahrens ein organisiertes Gemeinschaftsverhältnis 
unter den Beteiligten nicht fortbesteht, so dauern 
doch darüber hinaus gewisse durch das Gesamt- 
unternehmen bedingte Wirkungen fort, nämlich 
insofern, als es bei Vermeiden der Nichtigkeit ver- 
boten ist, von dem Unternehmen betroffene Grund- 
stücke späterhin in einer Weise abzuteilen, daß die 
Parzellen ohne Zufahrt bleiben. 
56. Zuständigkeit der Behörden. Die gesamte 
Oberleitung der F. Unternehmen erfolgt durch die 
Oberdirektion des Wasser= und Straßenbaues 
unter Mitwirkung der Kulturinspektionen. Ins- 
besondere steht der Oberbehörde die Prüfung des 
zur Abstimmung zu bringenden Planes, die Be- 
schlußfassung über die Staatsgenehmigung, die 
Ueberwachung der Geschäftsführung der Voll- 
zugskommission, die Erledigung der gegen deren 
Beschlüsse ergriffenen Rekurse und die Schluß- 
bestätigung des Unternehmens zu. Die Kultur- 
inspektionen sind namentlich mit der Anregung der 
Unternehmungen, der Ausarbeitung der zur Ab- 
stimmung zu bringenden Plänc, der Mitwirkung 
in der Abstimmungstagfahrt und mit der unmittel- 
baren Aufsicht bei der Ausführung betraut. Auch 
das Bezirksamt wirkt bei den F. Unternehmen 
insofern mit, als dasselbe die Abstimmungs= und 
die Schlußtagfahrt zu leiten und bei der Kosten- 
verteilung und -Rückerhebung namentlich vom 
gemeindewirtschaftlichen Standpunkte einzugrei- 
fen hat. Eine verwaltungsgerichtliche Entschei- 
dung kann nur in den durch Gesetz (§ 3 Ziff. 28 
des Verwrechtspflege G) bezeichneten Fällen er- 
wirkt werden, nämlich über den Anspruch auf Be- 
freiung von Grundstücken vom Bereinigungs- 
zwang, über die Verpflichtung der Beteiligten zum 
Kostenbeitrag und über Einwendungen gegen die 
Art der Ausführung, sofern sie sich auf Verletzung 
gesetzlicher Vorschriften stützen. Zuständig ist der 
Ve#Hin einziger Instanz. Im übrigen beschließen 
die zuständigen Verw Behörden (insbes. die Ober- 
direktion) und die Vollzugskommission innerhalb 
der gesetzlichen Schranken nach freiem Ermessen, 
natürlich vorbehaltlich der Entscheidung der bür- 
gerlichen Gerichte über rein privatrechtliche Streit- 
punkte, z. B. über die bestrittene Frage, ob und 
in welchem Umfange jemand Eigentümer sei, 
Dienstbarkeitsrechte u. s. f. habe. 
Ouellen: G v. 26. 3. 522, die Vornahmec einer stück- 
weisen Vermessung sämtlicher Liegenschaften betr., a 3 
(Reg Bl 106); G v. 5. 5. 56, die Anlegung, Verlegung oder 
Abschaffung von Feldwegen, auch die Verlegung oder 
Zusammenlegung von Grundstücken betr. (RegBl 167): 
G, dic Verbesserung der Feldeinteilung betr., in der durch 
Nov. v. 21. 5. 86 bewirkten Fassung (GVBl 299); V v. 23. 
11. 36, den Vollzug des Gesetzes über die Verbesserung der 
Feldeinteilung betr. (GBBl 551); AE z. B #v. 17. 6. 99, 
a 28 und 30 (GCVBl 229), AG z. GB- v. 19. 6. 99, 4 41 
(GGBul 273). 
Literatur: Buchenberger, Das Verwgecht 
der Landwirtschaft und die Pflege der Landwirtschaft im 
  
  
Großherzogtum Baden (1887) 386 ff; auch als Sonderab= 
druck: Buchenberger-Pfaff, Das babische Gesetz 
über die Verbesserung der Feldeinteilung (1887), 2. Aufl. 
bearbeitet von Wiener (1906); Drach, Die F. im Groß- 
herzogtum Baden (1902); Dorner-Seng, Badisches 
Landesprivotrecht (1906) 326 ff. Schenkel (Sewald). 
D. HRessen 
& 1. Geschichte. Die Frage der F. wurde im 
Großherzogtum Hessen zum erstenmal in der 
vom Min Inn und der Justiz erlassenen Instr v. 
5. 12. 1834 (Reg Bl 541 ff) geregelt. Sie be- 
trachtete im Unterschied vom älteren preuß. Rechte 
die F. nicht als Annex der Ablösung von Dienst- 
barkeiten und kulturschädlichen Nutzungsgemein- 
schaften, sondern behandelte sie (diesem Grundsatze 
ist auch die spätere hess. Gesetzgebung treu geblie- 
ben) völlig selbständig. Wie die einleitenden Worte 
der Instr v. 5. 12. 34 sagen, sollte den Grund- 
eigentümern Gelegenheit gegeben werden, „die 
großen Nachteile zu entfernen, welche eine zu 
weit getriebene Zerstückelung der Grundstücke und 
eine zu große Unregelmäßigkeit in der Form und 
gegenseitigen Lage derselben auf das Empor- 
kommen des Ackerbauers äußert“. Die Instruktion 
sollte als „Anleitung für die Zusammenlegung 
und neue Verteilung der Grundstücke durch freie 
Uebereinkunft“ gelten. Das Erfordernis der Zu- 
stimmung aller Beteiligten erwies sich jedoch in 
zahlreichen Fällen als unüberwindliches Hemm- 
nis. Wollte man weiterkommen, so konnte dies 
nur dadurch erreicht werden, daß man bereits die 
bloße Mehrheit entscheiden ließ. Eine Regelung 
der F. auf Grund von Mehrheitsbeschlüssen be- 
durfte aber der gesetzlichen Unterlage. Sie bot 
das G v. 24. 12. 67, die Zusammenlegung der 
Grundstücke, Teilbarkeit der Parzellen und Feld- 
wege-Anlagen betreff. (RegBl 1858, 5 ff). Wei- 
tere Erleichterungen im Hinblick auf die Durchfüh- 
rung der F. brachte das G v. 18. 8. 71 (Reg Bl 
309 ff mit eingehender Instr. v. 27. 11. 76, Reg Bl 
531 ff) und — da auch diese Maßnahmen die Er- 
wartungen nicht erfüllten — das G v. 28. 9. 87 
(RegBl 247 ff). Speziell das G v. 28. 9. 87 er- 
leichtert die Einleitung und Durchführung der 
Arbeiten, bestimmt Einfluß und angemessene 
Mehrheit der Beteiligten, saßt die Leitung des 
F. Wesens einheitlich zusammen, sichert die sach- 
gemäße Prüfung der Bereinigungspläne und re- 
gelt die finanzielle Unterstützung des Staates. Es 
bildet noch gegenwärtig die Grundlage des gelten- 
den Rechts und erfuhr nur durch das G v. 4. 7. 06 
(Reg Bl 219 ff) eine Reihe von Abänderungen, 
die sich aus der Einführung des BG ergaben. 
à 1 des Gv. 4. 7. 06 enthält die Abänderungen 
und Streichungen; a 2 bestimmt, daß die Vor- 
schriften des a 1, soweit sie voraussetzen, daß das 
Grundbuch als angelegt anzusehen ist, erst mit 
dem Zeitpunkt in Kraft treten, in dem die An- 
legung des Grundbuchs als erfolgt anzusehen ist. 
Eine Zeitlang werden deshalb noch die Bestim- 
mungen des unveränderten G v. 28. 9. 87 und 
das Gv. 4. 7. 06 nebeneinander in Geltung sein 
(s. u. §#4##.m Ende). Für die Neuredaktion des Gv. 
28. 9. 87 (in fortlaufender Artikelfolge) s. die Bek 
v. 7. 7. 06 (Reg Bl 232 ff). Als Ausführungs- 
verordnung gilt nach wie vor die Instr v. 7. 11. 76
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.