lehnen dürfen, wenn der Kaiser die Grundstücke
zu Befestigungsanlagen in Anspruch nehmen will.
RV a 66 gilt in Bavern nicht. An seiner Stelle
bestimmt der Bundes Vt mit Bayern v. 23. 11.70
(Rö#l 1871, 9) in V. &J 5 Abs 1, daß Bayern die
Anlage von neuen Befsestigungen auf bayrischem
Gebiete im Interesse der gesamtdeutschen Ver-
teidigung im Wege jeweiliger spezieller Verein-
barung zugestehen wird. Ohne eine solche Ver-
einbarung kann daher weder der Kaiser noch
Bayern neue Befestigungen auf bayrischem Ge-
biete anlegen. Endlich hat sich der König von
Preußen in der von ihm im Namen des Nordd.
Bundes mit Württemberg abgeschlossenen Mili-
tärkonvention v. 21./25. 11. 70 verpflichtet, sich
vor der Anlegung neuer Befestigungen mit dem
König von Württemberg in Vernehmen zu setzen
d. h. sein Einverständnis einzuholen.
Die Kaiserliche Willensäußerung, durch die in
Gemäßheit des a 65 die Anlegung einer Befesti-
gung angcordnet wird, muß, da sie Wirkungen
gegen Dritte haben soll, sich also nicht auf Perso-
nen, die der Kommandogewalt des Kaisers unter-
worfen sind, beschränkt, im Wege einer gegenzu-
zeichnenden Order ergehen [/X Armcebefehll. Sie
ist ein Regierungsakt, kein Kommandobefehl.
6 3.Gebietshoheit über Festungen. Eigen-
tum an Festungswerken. 1. Die Gebietshoheit
des Einzelstaats über den zu Befestigungen in
Anspruch genommenen Grund und Boden wird
durch die dem Kaiser in à 63 und 65 RV gegebe-
nen Rechte nicht berührt, also auch nicht geschmä-
lert. In der Mil. Konv. mit dem Königreich Sach-
sen wird dies noch besonders zum Ausdruck ge-
bracht (a 8). Das Reich hat also an dem F.Gelände
nur die Rechte, die jeder Eigentümer an seinem
Grund und Boden hat, und es bedarf, wenn es
Maßnahmen polizeilicher Natur mit Wirkung ge-
gen Dritte treffen will, dazu der Ermächtigung der
zuständigen einzelstaatlichen Polizeibehörde.
II. Das Eigentum an den F. Werken und ihrem
Zubehör steht, mit Ausnahme desjenigen in Bay-
ern, dem Deutschen Reiche zu, welches dieses Eigen-
tum entweder durch Gesetz (RG v. 25. 5. 73 —
RG#Bl 113 —) oder durch Rechtsgeschäft erwor-
ben hat. In Bayern steht es dem bayrischen
Staate zu, da die bayrische Militärverwaltung
verfassungsmäßig nicht aus Reichsmitteln unter-
alten wird und daher auch nicht reichsfiskalisch ist.
uf Grund des RG v. 25. 5. 73 besteht für das
Reich hinsichtlich der Grundstücke, deren Eigen-
tum es durch dieses Gesetz erworben hat, unter
gewissen Voraussetzungen die Pflicht der unent-
geltlichen Rückgabe an den Bundesstaat, in dessen
Eigentum das Grundstück früher gestanden hat
(vgl. auch RG# #v. 30. 5. 73 — RGBl 123 —).
& 4. Militärische Verwaltung der Festungen.
In der ersten Auflage dieses Wörterbuchs (1, 391)
hat v. Kirchenheim ausge führt, daß die militärische
Verwaltung der F. Ausfluß des Oberbefehls sei
und daher dem Kaiser, bezw. dem König von
Bayern zustehe. Diese Ausführung geht fehl,
weil sie übersieht, daß „Oberbefehl“ und „Ver-
waltung" einander ausschließen. Der Wirkungs-
kreis des Oberbefehls oder m. a. W. der Bereich
der Kommandogewalt liegt außerhalb des Ge-
biets der Verwaltung, so daß diese niemals Aus-
fluß des Oberbefehls sein kann. v. K. hat ferner
übersehen, daß die Rechte, die den Inhalt des
Festungen 767
Kaiserlichen „Ober“-Befehls bilden, in a 63 und
64 RV ausdrücklich aufgeführt sind, daß aber von
einer militärischen VerwBefugnis des Kaisers
hinsichtlich der F. dort nicht die Rede ist. Laband
(Staatsr. 4, 74) sucht cin militärisches Verfügungs-
recht des Kaisers über die F. aus a 4 Nr. 14, aus
seinem Inspektionsrechte (a 63 Abs 3) und seinem
Dislokationsrechte (a 63 Abs 4) herzuleiten, indem
er ausführt, daß das Recht der Inspektion und
dasjenige, die Abstellung der vorgefundenen
Mängel anzuordnen, sich nicht nur auf die Trup-
pen selbst, sondern auch auf die gesamte Aus-
rüstung und alle militärischen Anstalten, folglich
auch auf die F., ihren baulichen Zustand, ihre
Armierung, Verproviantierung usw. erstrecke.
Da der Begriff „Verfügungsrecht“ einer festen
juristischen Terminologic entbehrt, läßt sich aus
ihm auf die in ihm enthaltenen Befugnisse wenig
schließen. Daß aber das Recht des Koaisers sich
auch auf Anstalten und Bauwerke erstrecken soll,
wie Laband annimmt, kann nicht anerkannt wer-
den. a 63 gibt dem Kaiser nur das Recht für die
Vollzähligleit usw. der „Truppenteile“ zu sorgen
und sich durch Inspektionen von der Verfassung
der „Kontingente“ zu überzeugen; von militäri-
schen Anstalten und Anlagen spricht er nicht. Die
Unzulässigkeit der extensiven Auslegung Labands
ergibt sich auch aus folgender Erwägung: a 63
gibt dem Kaiser nur militärische Befehlsbefugnisse
auf dem Gebiete der Kommandogewalt, nicht
aber das Recht zu Verw Anordnungen. Würde
der Kaiser berechtigt sein, die Abstellung von
Mängeln, die er bei Besichtigung von Festungs-
bauten oder anderen militärischen Anlagen (Naser-
nen usw.) wahrnimmt, anzuordnen, so würde er
Verw Befugnisse ausüben und damit in die Rechte
der Kontingentsverwaltungen eingreifen, da die
Beschaffung und Verwendung von Ausrüstungs-
gegenständen, die Bestimmung über die Ver-
wendung von Grundstücken, die Anordnung von
Kasernen= und Befestigungsneu= und -umbauten.
wic überhaupt die Verwertung und Verwendung
fiskalischen Materials niemals ein Akt der Kom-
mandogewalt, sondern ein solcher der Verwaltung
ist. Anordnungen auf dem Gebiete der Verwal-
tung darf der Kaiser als solcher nicht erlassen und
daher ist er auch in seinen Rechten aus a 63 auf
die Erteilung militärischer Befehle beschränkt.
Die Verwaltung der F.Grundstücke und der F.An-
lagen licgt in der Hand der Kontingentsverwal-
tungen und daher steht es nur diesen zu, Anord-
nungen auf diesem Gebiete zu erlassen. Die Ver-
fügung über die Besatzungstruppen steht dagegen
dem Kaiser im Umfange seines militärischen Be-
fehlsrechts zu und um diesem Befehlsrecht Nach-
druck zu geben, ist durch àa 64 Abs 2 RV dem
Kaiser die Ernennung der F.Kommandanten
übertragen worden.
Von großer praktischer Bedeutung sind die vor-
stehenden Ausführungen allerdings nicht, da die
a 63 und 64 für Bayern nicht gelten und in den
an deren Stelle getretenen Bestimmungen des
Bündnisvertrages und des Schlußprotokolls dem
Kaiser weder das Recht eingeräumt worden ist,
zwecks Abstellung von Mängeln Anordnungen zu
treffen noch — mit Ausnahme der Festung Ulm
— die Befugnis, die F. Kommandanten zu ernen-
nen. Die Rechte des Kaisers hinsichtlich der F.
Ulm ergeben sich aus der Vereinbarung zwischen