Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
Feuerversicherung 
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allerdings eingeschränkte, Freizügigkeit gewährt. 
Für das landwirtschaftliche Inventar, die Vor- 
räte und Ernte wurde die Freizügigkeit erweitert. 
Der Vers Nehmer erhält einen Vers chein gegen 
Entrichtung der ersten Prämie und darf nach Ab- 
schluß des Vertrags eine Erhöhung der Gefahr 
ohne Einwilligung des Versicherers nicht vorneh- 
men. Bei der Landwirtschaft muß immer der 
ganze Viehstand und die Ernte versichert werden. 
Kann im Brandfall der vorhanden gewesene 
Erntevorrat nicht durch Wirtschaftsbücher ermit- 
telt werden, so wird angenommen, daß eine täg- 
liche Verminderung der Ernte und zwar an Dresch- 
frucht und Stroh vom 1. September ab um minde- 
stens 1200, an Futtergewächsen vom 1. November 
ab um mindestens ½0 stattgefunden hat. 
55. Rückversicherung. Bei der FV wird der 
Ersatz eines möglichen, durch ein zufälliges künfti- 
ges Ereignis verursachten Vermögensschadens 
einer Wirtschaft durch Verteilung auf eine An- 
zahl durch dieselbe Gefahr bedrohter Wirtschaften 
in solcher Quantität und Qualität gewährleistet, 
daß die Summe der in der Gesamtheit der betei- 
ligten Wirtschaften in einer bestimmten Zeit an- 
fallenden Schäden eine im Voraus bestimmbare 
Höhe erreicht und demzufolge der Beitrag, den 
die ein zelnen Wirtschaften als ihren Anteil am Ge- 
samtverlust zu tragen haben, ebenfalls im Voraus 
bestimmt werden kann. Wenn 1000 Hausbesitzer 
an einer Verf teilnehmen und wenn z. B. erfah- 
rungsgemäß von den versicherten 1000 Häusern 
von je 10 000 Mk. Wert in zehn jährlich Feuer 
ausbricht, so beträgt die Schadenswahrscheinlich- 
keit 1/100. Werden von diesen 10 Häusern 1 ganz, 
3 zu 8, 3 zu ½ und 3 zu 1 zerstört, dann beläuft 
sich der gesamte Schaden auf 55 000 Mk. und der 
Anteil, den jeder Hausbesitzer in Gestalt des Bei- 
trags (Prämie) zu entrichten hat, auf 55 Mk., 
wozu allerdings noch ein Betrag für Verw Kosten 
und sonstige Kosten der VersEinrichtung käme. 
Die Vers Gesellschaften suchen ihr Risiko in ein- 
zelnen Fällen dadurch zu mindern, daß sie dem 
Versicherten einen Teil des Schadens zur Selbst- 
tragung zuweisen. Dieser Teil des Schadens 
bleibt überhaupt ungedeckt und es kann daher 
strenge genommen von einer Selbst Verf in die- 
sem Falle nicht gesprochen werden. Außerdem 
werden größere Risiken von den Gesellschaften 
unter sich verteilt. Endlich aber bedienen sich die 
Gesellschaften der eigentlichen Rück Vers, indem 
sie ein Risiko direkt als Versicherer übernehmen, 
sich aber für den Schaden Deckung bei einer an- 
deren Anstalt gegen Beitrag sichern. Der große 
Gedanke, durch Verf die Schäden auf möglichst 
viele Schultern zu verteilen und hiedurch aus- 
gleichend zu wirken, wird erst durch die Rück Vers 
im weitesten Umfang verwirklicht. Die Rück Vers 
umspannt die ganze Welt. An der Tragung der 
Brandschäden in Rußland partizipiert durch Ver- 
mittlung der Rück Vers der Amerikaner und um- 
gekehrt. 
Sowohldie öffentlichen F V Anstalten in Deutsch- 
land als auch die Privatgesellschaften, diese in 
weit größerem Umfang, haben die RückVers 
organisiert. 
Die Vorschriften des Ro über den Vers Vertrag 
finden auf die Rück Vers keine Anwendung. 
§ 6. Versicherungspolizei. Daß der VersBe- 
trieb auf soliden Grundlagen beruhe, daß Ueber- 
  
Vers und Doppel Vers und damit Spekulations- 
brände vermieden werden, liegt zweifellos im 
öffentlichen Interesse. In den meisten deutschen 
Staaten war deshalb eine gewisse polizeiliche Ueber- 
wachung der FVVerträge schon vor ihrem Ab- 
schluß,.! die sog. Präventivkontrolle 
eingeführt (in Preußen durch G v. 8. 5. 37). 
Durch & 121 des R v. 12. 5. 01 ist die Präventiv- 
kontrolle nicht mehr weiter aufrecht erhalten wor- 
den, nachdem die Verf Unternehmungen ohnedies 
einer systematischen Beaufsichtigung unterliegen. 
Nach Abschluß des Vers Vertrages ist die Polizei- 
behörde befugt, Kontrolle zu üben, ob nicht 
Ueber-Versicherung vorliegt, und eine 
angemessene Herabsetzung zu hoher Vers Summen 
anzuordnen. 
Abgesehen von der eigentlichen Ueberwachung 
des VersBetriebes der Privat VersWesellschaften 
kommt in vielen deutschen Staaten den öffent- 
lichen Anstalten ein sehr erheblicher Einfluß in 
feuer= und baupolizeilicher Beziehung zu, da sie 
gesetzlich verpflichtet sind, die Entschädigung nur 
dann auszubezahlen, wenn das alte Gebäude 
auf der bisherigen Stelle bauordnungs- 
gemäß wieder errichtet wurde (vgl. a 38 des 
bahr. Brand Vers GE). Da die öffentlichen Anstal- 
ten technische gutgeschulte Organe besitzen, welche 
an Ort und Stelle Kontrolle üben, so sind sie stets 
in der Lage, auf die Abstellung von bau= oder 
feuerpolizeilichen Mißständen hin zuwirken. Außer- 
dem werden die Baupolizeibehörden bei Bau- 
gesuchen, welche umfangreiche feuergefährliche 
Anlagen u. dgl. betreffen, von den öffentlichen 
Anstalten entsprechend beraten, damit bei Ge- 
nehmigung der Baugesuche den Unternehmern 
diejenigen Auflagen gemacht werden können, 
welche im Interesse der Feuersicherheit und vom 
Standpunkte des öffentlichen Wohles nicht ent- 
behrt werden können. Vgl. § 68 der bayr. BauO 
v. 17. 2. 01. 
8 7. Bernfliche Versicherungsverbände. Im 
allgemeinen kann man sagen, daß die FV in 
Deutschland in zufriedenstellender Weise geordnet 
ist. Der Wettbewerb der Privatgesellschaften 
untereinander und mit den öffentlichen Anstalten 
führt überall dazu, daß alle Vers Bedürfnisse ohne 
Schwierigkeit befriedigt werden können. Ein An- 
laß zur Gründung von beruflichen Ver- 
sicherungsverbänden,, wie sie in letz- 
terer Zeit leider oft ohne hinreichendes Betriebs- 
kapital und ohne die absolut erforderlichen ver- 
sicherungstechnischen Grundlagen in das Leben 
gerufen worden sind, besteht nicht in dem Maße, 
wie oft von den Gründern angenommen wird. 
Bei solchen Unternehmungen kann das Gesetz 
der großen Zahlen nicht in Anwendung kommen 
und der absolut notwendige Gefahrenausgleich 
nicht eintreten. Auch wird durch solche Grün- 
dungen eine bedenkliche Zersplitterung der wirt- 
schaftlichen Kräfte herbeigeführt, die gerade auf 
dem Gebiet der Verf vermieden werden sollte. 
Auch VerfUnternehmungen, die auf allzukleine 
Territorien eingeschränkt sind, können im Falle 
größerer Schäden sehr leicht leistungsunfähig wer- 
den. Sie sind im Nachteil gegenüber den Gesell- 
schaften, die einen größeren Spielraum haben 
und es vermeiden können, auf einem Punkte 
allzu viele und zu große Risiken anzusammeln. 
Dadurch, daß mehrere große Gesellschaften neben-
	        
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