Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
Finanzverwaltung 
den, sondern von den betreffenden Behörden und 
Anstalten selbst, bezw. von dem ihnen vorgesetzten 
Ministerium administrierte Berwaltungs- 
oder Gebrauchsvermögen. Aus dem- 
selben bezieht der Staat meist keine Einkünfte von 
nennenswerter Bedeutung. Eine Ausnahme ma- 
chen z. B. die Gerichtsgebühren, welche hohe Er- 
träge liefern. Auch spielen neuerdings wieder die 
Kanal-Schiffahrtsabgaben eine größere Rolle. 
3. Die Unterscheidung des Staatsvermögens in 
Finanz= und Verw Vermögen hat zur Zeit noch 
mehr für die Theorie und Wissenschaft Bedeu- 
tung, während sie im Staatsrechte nur vereinzelt 
anerkannt ist. Die pflegliche Behandlung seitens 
der Finanz= und Ressortbehörden muß natürlich 
bei beiden Arten von Staatsvermögen gefordert 
werden. Veräußerungen dürfen nicht unentgelt- 
lich erfolgen. 
4. Die Frage, ob und inwieweit zur Veräu- 
ßerung von Staatsvermögen Genehmi- 
gung der Volksvertretung erforderlich ist, wird in 
Reichsstaats= und Einzelstaatsrecht verschieden 
beantwortet. Für das Reich sind die §#§# 5, 10 
und 11 des R. Eig. G v. 25. 5. 73 maßgebend 
(s. darüber Anschütz in d. Juristischen Wochen- 
schrift 1910 S 988 ff). Darnach hat der Reichs- 
tag hierbei ein Einnahmebewilligungsrecht und 
bei Etatsüberschreitungen ein nachträgliches Ge- 
nehmigungsrecht. In Preußen besteht ein solches 
Einnahmebewilligungsrecht dagegen — außer bei 
Eisenbahnen — nicht (Schwarz, Formelle F Ver- 
waltung 42), mehrfach ist die Genehmigung der 
Volksvertretung zur Veräußerung von FVermö- 
gen ausdrücklich vorgeschrieben (s. auch Domänen), 
z. B. in Bayern (VU Tit. III 3#8 3, 5—7, Tit. VII 
z 18), Sachsen (Vu §+ 18), Württemberg (Vu 
## 107), Baden (Vl ##58), Hessen (VU a 10). 
5. In einigen Staaten findet die alljährliche 
Aufnahme einer Vermögensbilanz statt, 
z. B. in Sachsen. In Preußen wurde eine solche 
bei der Beratung des Komptabilitätsgesetzes in 
Anregung gebracht, aber abgelehnt. 
3. Berwaltung der Einnahmen. a) Ein- 
nahmen privatrechtlicher Natur. 
Die Einnahmen aus den verschiedenen Be- 
standteilen des Staatsfinanzvermögens sind in 
der Regel privatrechtlicher Natur, d. h. sie 
werden auf Grund der von der Verwaltung 
der Domänen, Bergwerke, Eisenbahnen usw. 
abgeschlossenen Privatrechtsgeschäfte erworben. 
Das Gleiche gilt für die Einnahmen aus den 
Staatslotterien (]Lotteriel und aus her- 
renlosen Sachen und erblosen Hinterlassen- 
schaften [# Herrenlose Sachenj. Auch 
die Verpachtung von Dienstländereien, Vermie- 
tung von Dienstwohnungen gehört hierher. 
Zu den durch private Rechtsgeschäfte erwor- 
benen Einnahmen gehören ferner die Anleihen, 
welche der Staat durch das FMin unter Zustim- 
mung des Landtags aufnimmt — FSchulden 
(vgl. Laband 3 S229, 233:; Meyer 2:, S 278). 
Unter den Normen des Privatrechts steht auch 
die der Genehmigung der Volksvertretung nicht 
bedürfende Aufnahme von VerwöSchulden. 
b) Einnahmen staatsrechtlicher 
Natur. 
1. Der Staat erwirbt nicht bloß auf Grund 
privater Rechtsgeschäfte, sondern auch kraft 
  
  
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nahmen, indem er durch zwingendes Gebot Ab- 
gaben erhebt. Zu diesen staatsrechtlichen Ein- 
nahmen gehören insbesondere die Steuern 
(s. unter 2), ferner die Geldstrafen und Gebühren, 
die auf Grund einseitiger staatlicher Anordnung 
(Gesetz, Verordnung) für die von dem Leistungs- 
pflichtigen verlangte oder veranlaßte Ausübung 
gewisser obrigkeitlicher Befugnisse (sog. Verwal- 
tungsgebühren) oder für die Benutzung gewisser 
staatlicher Einrichtungen wie etwa der Chausseen, 
Kanäle erhoben werden. Die Stempelabgaben 
[VStempelsteuernsz stellen keine besondere 
Gattung der Staatseinnahmen, sondern nur eine 
bestimmte Form der Abgabenerhebung 
dar. Entweder sind sie Steuern, wie die dem 
Reiche gehörige Stempelabgabe der Spielkarten 
oder Gebühren, wie der Stempel gerichtlicher Ur- 
kunden u. dgl., welche in der Form des Stempels 
zur Erhebung gelangen. Auch die Einnahmen aus 
den Regalien [1] haben gegenwärtig keinen 
eigenartigen rechtlichen Charakter mehr, sondern 
stellen sich entweder als privatrechtliche Einnah= 
men oder Gebühren oder Steuern dar, welche 
ihren geschichtlichen Grund und teilweise auch noch 
ihre jetzige Begründung in den Regalien finden 
(ugl. H. Schulze, Preuß. Staatsrecht 2:2, S 463 
bis 468). Zwaongs anleihen würden auch hier- 
her gehören. Zu den staatsrechtlichen Einnahmen 
zu rechnen sind endlich auch die Dotationen [NI1, 
wie sie von übergeordneten öffentlichen Verbänden 
den nachgeordneten Verbänden gewährt werden. 
Hierhin gehören vor allem die „Ueberweisungen“ 
des Reiches an die Einzelstaaten auf Grund der 
sog. Clausula Franckenstein [UReichsfinan- 
zenl, früher auch die sog. lex Huene-Gelder. 
2. Die wichtigste der staatsrechtlichen Einnahme- 
quellen bilden ohne Zweisel die Steuern, das 
sind Abgaben, die der Staat erhebt, ohne hier- 
für eine besondere Gegenleistung zu übernehmen 
JX Abgaben, Steuerverwaltunglj. 
Die Steuerpflicht ist eine öffentlich-rechtliche 
Verbindlichkeit, deren Nichterfüllung eine durch 
die Verw Behörden vollstreckte Exekution, deren 
betrügerische Umgehung, Steuerdefraudation, eine 
öffentliche Strafe nach sich zieht. Unterworfen 
sind der Steuerpflicht im Allgemeinen alle Per- 
sonen, welche die mit einer Steuer belegte wirt- 
schaftliche Handlung im Gebiete des betreffenden 
Staates vornehmen, oder welche in diesem ihren 
Wohnsitz haben oder ihm durch Staatsangehörig- 
keit verbunden sind, oder endlich solche, in diesem 
Staate weder staatsangehörige noch domizilierte 
Personen, welche in demselben steuerpflichtige 
Vermögensgegenstände besitzen oder steuerpflich- 
tige Handlungen, wie den Betrieb eines Erwerbs- 
geschäftes, vornehmen [JI Doppelbesteue- 
rungl. 
Die mit der Steuerverwaltung betrauten Be- 
hörden haben die Steuern, welche der einzelne 
zu entrichten hat, festzustellen, zu erheben und 
eventuell zwangsweise einzutreiben. Streitig- 
keiten, welche aus der Tätigkeit der Steuerbehör- 
den hervorgehen, unterliegen der Entscheidung der 
VerwBehörden oder Verwerichte [f Steuer- 
verwaltungl. 
c) Veranschlagung der Einnahmen. 
Alle Einnahmen werden im voraus durch den 
Staatshaushaltsetat veranschlagt. Bei der Ver- 
seiner Hoheitsrechte bestimmte Ein= einnahmung ist nicht nur die FVerwaltung, son- 
v. Stengel-Fleischmann, Wörterbuch 2. Aufl. I. 
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