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Fischerei
Als tatsächliche Erscheinungsformen der F sind
Binnenfischerei und Seefischerei zu
unterscheiden; die letztere zerfällt wieder in
Küsten F und Hochsee F. Die BinnenF (preuß.
*G 4 3 Abs 2) wird in den Gewässern des
Binnenlandes, die Küsten F (preuß. FG 53 Abs 1)
in dem der staatlichen Hoheit unterworfenen sog.
Küstenmeer, die Hochsee F auf offener See außer-
halb des Küstenmeerbereichs betrieben. Alle diese
Formen der FAusübung sind von verschiedener
tatsächlicher Gestaltung und rechtlicher Regelung.
Während der SeeF die wirtschaftlich größere
Bedeutung beizumessen ist, genießt die länger
entwickelte und vielgestaltigere Probleme ber-
gende BinnenF die rechtlich eingehendere Be-
handlung.
. Geschichte des Fischereirechts. Nach rö-
mischem wie nach germanischem Recht waren die
in fließenden Gewässern schwimmenden Fische
herrenlos. Ihre Aneignung stand jedermann frei.
Im Gegensatz zum römischen bahnte aber das
altdeutsche Recht allmählich die Entwicklung eines
I an, indem es die Fische in gewisse Beziehun-
gen zu den am Gewässer nutzungsberechtigten
Personen brachte. In den größeren Strömen
(später zum Teil auch in den nichtöffentlichen
Gewässern) nahmen die Könige, in der Folgezeit
die Territorialherren das Recht des Fischfangs in
Anspruch. Sie nutzten es vorwiegend durch ent-
geltliche Vergabung an Grundherrschaften, Klö-
ster, Gemeinden oder Private. Hieran änderte
das eindringende römische Recht nichts, da das
landesherrliche Regal in der Constitutio de rega-
libus seine Bestätigung fand. Ebenso wenig ver-
mochte das römische Recht an die Stelle des für
Privatgewässer prinzipiell geltenden FKl der An-
lieger allgemein den römischen Grundsatz der
FFreiheit zu setzen. Hatte bis dahin nur die zivil-
rechtliche Seite der F Beachtung gefunden, so
führte nunmehr die Erkenntnis des wirtschaft-
lichen Wertes der Fische und die steigende Not-
wendigkeit staatlicher Fürsorge allmählich zur Aus-
bildung polizeilicher Vorschriften über die Aus-
übung des Fischfanges. Die ältesten uns be-
kannten F Ordnungen reichen in das 14. und 15.
Jahrhundert zurück. Von besonderem Interesse
ist die bayerische des Jahres 1616. Während hier
überhaupt die Pflege der Fdurch polizeiliche
Schutzvorschriften so rege entfaltet wurde, daß
eine Kodifikation des Fä erst in allerjüngster Zeit
als Bedürfnis erschien, drängte in den übrigen
Staaten der Niedergang der F schon viel früher
zum Erlaß eingehender polizeilicher Schutzvor-
schriften durch die Gesetzgebung. Den Anfang
machte Baden im Jahre 1852. Es folgten Würt-
temberg (1865), Sachsen (1868), Preußen (1874),
Sachsen-Weimar (1876), Braunschweig (1879),
Hessen (1881), Elsaß-Lothringen (1891) und schließ-
lich auch Bayern (1908). Doch ist das neue baye-
rische FG# weniger Pol Gesetz als Wirtschaftsgesetz.
Es ist zur Zeit das beste deutsche FG und dürfte
bei manchen (so in Preußen) bevorstehenden
FGReformen vorbildlich werden. Die Preußen
benachbarten Kleinstaaten sowie Hessen sind durch
eine Reihe von Staatsverträgen in den Bannkreis
des preußischen FR gekommen und haben ihre
FGesetze nach dem preuß. Vorbilde eingerichtet.
Ihnen gegenüber bilden die süddeutschen Staaten
sowie Sachsen eine selbständige Gruppe, jedoch
unter sich wieder mit manchen Verschiedenheiten.
So gelten in Deutschland nicht nur formell staat-
lich abweichende Gesetze, sondern auch materiell
scheiden sich diese in 2 größere Gruppen. Auch das
BB hat die Rechtseinheit kaum gefördert
(55 958 Abs 2, 960 Abs 1), sondern das Landes-
recht unberührt gelassen (EG z. BG B a3, 55, 69).
Dies erschien mit Rücksicht auf die Verschiedenartig-
keit der örtlichen, hydrographischen und faunisti-
schen Verhältnisse angemessen. Dagegen hat die
strafrechtliche Seite der F. sowie die gesamte
Sie ihre Regelung von Reichs wegen er-
alten.
8 3. Quellen des Fischereirechts. Es sind
demgemäß für das geltende FR zwei Quellen
zu unterscheiden: Reichsrecht und Landesrecht.
Dazu tritt als Abzweigung des ersteren das Ko-
lonialrecht.
A. Reichsrecht. An Reichsgesetzen sind außer
dem B# nebst Ec nur das StGB (8588 145, 296,
296 a, 361 °, 370 ) und die reichsrechtlichen Aus-
führungsbestimmungen zu den internationalen,
die F berührenden Konventionen, nämlich die
Gesetze v. 30. 4. 84 (nebst Erkl. v. 1. 2. 89 und
Vv. 22. 3. 91) und 4. 3. 94 (nebst V v. 20. 8. 94)
zu nennen. Jenes erging zum Haager Abkommen
v. 6. 5. 82 über die polizeiliche Regelung der F
in der Nordsee außerhalb der Küstengewässer,
dieses zum Abkommen v. 16. 11. 87 bezw. 14. 2.93
zur Unterdrückung des Branntweinhandels unter
den Nordseefischern auf hoher See. Zur Hebung
der Lachs F im Stromgebiete des Rheins schlossen
das Deutsche Reich, die Niederlande und die
Schweiz am 30. 6. 85 einen Vertrag, welchem
Luxemburg später (5./15. 11. 92) beitrat; zur
Ausführung erließ das Reich das Gv. 17. 4. 95
Wieischmann, Völkerrechtsquellen S 178, 208,
8).
B. Landesrecht. Auch die landesrecht-
lichen Quellen zerfallen in Gesetze und Staats-
verträge.
1. Gesetze. Preußen: ALK 19 §8 170
bis 192, 11 15 9§ 73—78. In der Hauptsache wird
hier auf Provinzialgesetze verwiesen: G betr. die
Ausübung der F in den Landesteilen auf dem
linken Rheinufer v. 23. 6. 33; FO für die Binnen-
gewässer der Provinz Preußen v. 7. 3. 45 5 17;
FOfür das frische Haff v. 7. 3. 45; FO für das
kurische Haff v. 7. 3. 45; FO für die in der Provinz
Pommern belegenen Teile der Oder, das Haff
und dessen Ausflüsse v. 2. 7. 59 mit Novelle v.
20. 3. 63; FO für den Reg Bezirk Stralsund v.
30. 8. 65 mit Novelle v. 22. 4. 69. G über die
Benutzung der Privatflüsse v. 28. 2. 43 5K5 18.
F für den Preuß. Staat v. 30. 5. 74 mit Novelle
v. 30. 3. 80, ausgedehnt auf Lauenburg durch
Gv. 4. 4. 77. Ausführungs V z. FG# v. 23. 7. 86
für Reg Bezirk Wiesbaden, v. 12. 5. 88 für Posen,
v. 8. 8. 87 und 10. 5. 93 für Westpreußen, v.
8. 8. 87 und 4. 4. 94 für Schleswig-Holstein und
Hannover, v. 3. 5. 97 für die Rheinprovinz, v.
8. 8. 87 für die übrigen Provinzen. Zust G v.
1. 8. 83 §&§ 98—102. G betr. die F’der Ufer-
eigentümer in den Privatflüssen der Provinz
Westfalen v. 30. 6. 94; dgl. für die Rheinprovinz
v. 25. 6. 95; G betr. die F der Ufereigentümer
und die Koppel F in der Provinz Hannover v.
26. 6. 97; G betr. die Koppel F im Reg Bezirk
Cassel v. 19. 5. 08. — Bayern: Wasser G v.