Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
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Forstwesen (B. Forstpolizei) 
  
Stämme mit oder ohne Ablaß geflößt J Flö= 
ßerei, Binnenschiffahrtl. 
Die Eisenbahnen besitzen für den Holz- 
transport den großen Vorzug der Unabhängig- 
keit von Jahreszeit und Wasserstand, der größern 
Schnelligkeit und der Verbindung nach beliebiger 
Richtung. 
Wenn man von der seitens des Waldbesitzers 
selbst angelegten und nur für den Transport 
des eigenen Holzes bestimmten Bahn absieht, 
so können die Interessen der Forstwirtschaft, so- 
weit die Trasse in Betracht kommt, hauptsächlich 
beim Bau der Bahnen niederer Ord- 
nung berücksichtigt werden. Hervorzuheben ist 
jedoch, daß die schmalspurigen Bahnen für den 
Wald wegen der kostspieligen Umladung beim 
Uebergang auf die normalspurigen Strecken bei 
weitem nicht den früher erhofften Nutzen bringen. 
Für den Holztrausport auf den Eisenbahnen 
ist wegen der großen und verhältnismäßig gering- 
wertigen Massen, die bewegt werden müssen, die 
Tarifbildung von entscheidender Bedeu- 
tung. Nach den hir die deutschen Vollbahnen 
geltenden Grundsätzen wird Holz bei Aufgabe von 
Wagenladungen von mindestens 10 000 kg nach 
den sogenannten Spezialtarifen boeför- 
dert. — Holz in Balken, Blöcken und Brettern 
von Sorten, welche nicht Gegenstand des betriebs- 
gemäßen Einschlags der mitteleuropäischen Forst- 
wirtschaft sind, fsällt unter Spezialtarif 1 (4,5 Pfg. 
für 1 km und 1000 kg d. h. für 1 Tonnenkilo- 
meter etwa 120 Pfg. Abfertigungsgebühr von 
100 km aufwärts). Dieselben Hölzer, wenn sie 
Gegenstand des betriebsgemäßen Einschlages der 
mitteleuropäischen Forstwirtschaft sind, unter 
Spezialtarif 11 (3 Pfg. für das Tonnenkilometer 
und 120 Pfg. Abfertigungsgebühr von 100 km 
aufwärts, Süddeutschland hat jedoch für Rund- 
holz nur einen Streckensatz von 2,7 Pfg. und 70 
Pfg Abfertigungsgebühr). Die geringern Holz-= 
sortimente, namentlich Grubenholz, Papierholz 
und Eisenbahnschwellen, welche im Spezialtarif III 
aufgeführt sind, werden noch in Preußen nach 
dem sog. Rohstofftarif befördert (1—21 km 
2,6 Pfg., 22—360 km 2,2 Pfg., und darüber an- 
stoßend 1,4 Pfg. für das Tonnenkilometer sowie 
70 Pfg. Abfertigungsgebühr). Bayern hat den 
Rohstofftarif für Grubenholz;z für Schleifholz d. h. 
Knüppel= und Rundholz bis 3,5 m Länge und 
20 cm Durchmesser am dünnen Ende gilt ein 
Ausnahmetarif von 2 Pfg. Streckensatz und 60 
Pfg. Abfertigungsgebühr. Württemberg und 
Baden haben noch die normalen Sätze des Spe- 
zialtarifs 1II (bis 100 km 2,6 Pfg., darüber 2,2 
Pfg. und 120 Pfg. Abfertigungsgebühr). Da- 
neben bestehen für den Transport von Holz in be- 
beschränktem Umfange auch noch Staffeltarife, 
bei welchen sich der Satz von einem bestimmten 
Verhältnis bei längeren Strecken ermäßigt, so hin- 
sichtlich des Rund= und Schnittholzes (Hölzer des 
Spezialtarifs 11I) für die Provinzen Ost= und West- 
preußen, den nördlichen Teil von Posen und die 
östlichen Teile von Posen und Schlesien. 
Bei Festsetzung der Frachtsätze im internationa- 
len Verkehr ist darauf zu achten, daß fremdes Holz 
im Inlande auf den gleichen Entfernungen nicht 
billiger befördert wird, als einheimisches. Deutsch- 
land ist zur Zeit und wohl auch in Zukunft nicht 
in der Lage, den ganzen Holzbedarf seiner sich 
  
mächtig entfaltenden Industrie zu decken. Es 
bezieht daher gewaltige Holzmassen aus dem Aus- 
lande (in der Hauptsache Ost= und Nordeuropa 
nebst Canada), während es nur verhältnismäßig 
geringe Mengen (meist nach Westeuropa) ausführt. 
(Holzstaffeltarif in Mitteil. des deutschen Forst- 
vereins, 1906.) 
Im Jahre 1907 haben sich diese Verhältnisse 
bezüglich des Nutzholzes folgendermaßen gestaltet: 
Ein- Aus- Mehr- 
fuhr fuhr einfuhr 
Mengen in 1000 Tonnen 7547 346 7201 
Wert in Millionen Mk. 347 19 328 
Die gollsätze des ZolltarifG v. 25. 12. 02 
(seit dem 1. 3. 06) haben nur geringe praktische 
Bedeutung, da sie durch Zusatzverträge zu den 
bestehenden Handels= und Zollverträgen mit eini- 
gen der wichtigsten Holzeinfuhrländer (Oester- 
reich-Ungarn, Rußland, Rumänien) und damit 
gleichzeitig auch für die übrigen „meistbegünstig- 
ten“ Länder ermäßigt worden sind. 
B. Forstpolizei 
1. Beaufsichtigung der Privat- 
waldwirtschaft. 
§ 16. Historische Entwicklung und gegenwär-= 
tiger Stand. Sorge für nachhaltige Deckung des 
Holzbedarfs und wirtschaftliche Benutzung des 
Bodens waren von jeher die Momente, welche 
neben den jagdlichen Interessen zur Begründung 
der landesherrlichen Aufsicht über die Privatforst- 
wirtschaft angeführt wurden. Diese Einwirkung 
war jedoch keineswegs in ganz Deutschland stets 
gleich intensiv. Der stärker bevölkerte und höher 
entwickelte Westen und Südwesten Deutschlands 
eilte hierin dem waldreichen und menschenarmen 
Nordosten voraus. Als daher zu Beginn des 19. 
Jahrhunderts die Ideen der Freihandelsschule auch 
in der forstpolitischen Gesetzgebung maßgebend 
wurden, erfolgte hier eine fast vollständige Be- 
freiung der Privatforstwirtschaft von jeder Staats- 
aufsicht (in Preußen hob das Landeskulturedikt 
v. 14. 9. 1811 alle Beschränkungen auf und sta- 
tuierte unbedingte Freiheit, Wälder niederzulegen, 
zu teilen und Acker in Forst zu verwandeln), wäh- 
rend sie dort in immerhin noch sehr fühlbarem 
Grad fortbestehen blieb. In Preußen, Königreich 
Sachsen, Mecklenburg (wenigstens tatsächlich!), 
Oldenburg, Anhalt, Altenburg, Schaumburg- 
Lippe, Gotha und Reuß j. L., zusammen 70,3% 
aller Privatwaldungen, ist die Wirtschaft (abge- 
sehen von den „Schutzwaldungen“ (unten §# 20) 
keinen besonderen forstgesetzlichen Beschränkungen 
unterworfen; solche bestehen nur für den kleineren 
Teil (29,7% ) der Privatwaldungen im südlichen 
und mittleren Deutschland. 
Diese sind im einzelnen: 
1. Rodungsverbot, d. h. das Verbot, 
die forstwirtschaftlich benutzte Fläche unter Ent- 
fernung des Waldbestandes einer anderen Be- 
nutzungsweise zuzuwenden. Dieses Verbot ist 
indessen selten ein unbedingtes, meist wird nur 
vorherige Anzeige verlangt, auf welche hin unter 
bestimmten Voraussetzungen die Genehmigung 
zur Rodung erteilt wird, in mehreren Forstgesetzen 
sind auch die Bedingungen genannt, unter denen 
die Erlaubnis gewährt werden soll. Das Rodungs-
	        
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