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Forstwesen (B. Forstpolizei; Gemeindewaldungen)
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Abhaltung von Lehrkursen und Exkursionen für
Waldbesitzer und Forstbeamte.
5. Förderung der Waldkultur
durch ganz oder fast unentgeltliche Abgabe von
Samen und Pflanzen sowie durch Gewährung
von Darlehen und Unterstützungen für Auffor-
stungen.
2. Beaufsichtigung der Gemeinde-
und Körperschafts-Waldungen.
5 18. Allgemeine Grundsätze und verschiedene
Formen der Beaufsichtigung der Gemeindewald-
wirtschaft. Die Waldungen bilden einen, oft sehr
erheblichen Teil des Vermögens der Gemeinden
und der ihnen in dieser Beziehung meist gleich ge-
stellten Körperschaften und Anstalten (Stiftungen
und Schulen). Ihre Benutzung ist daher gewissen
Beschränkungen durch den Staat unterworfen,
um einerseits das Interesse der ewig leben-
den juristischen Persönlichkeit gegenüber jenem
des augenblicklichen Nutznießers sicher zu stellen
und andererseits Konflikte zwischen dem Einzel-
interesse und dem Gesamtinteresse zu vermeiden.
Ein gut gepflegter Gemeindewald bietet außer-
dem noch politische Vorteile durch die Steigerung
der Leistungsfähigkeit der Gemeinde für die immer
mehr zunehmenden öffentlichen Anforderungen,
und dann durch Stärkung der Seßhaftigkeit der
Bevölkerung infolge der Minderung ihrer Lasten
und der ihr öfters auch direkt zukommenden Er-
träge aus dem Wald.
Um dieses Ziel zu erreichen, ist es aber nur
nötig, zu sordern, daß der Wald pfleglich behandelt
und der Vermögensstock unverkürzt erhalten werde.
Unter Anlehnung an die historische Entwicklung
hat sich die Gesetzgebung bezüglich der Gemeinde-
waldwirtschaft in Deutschland sehr mannigfaltig
gestaltet; es lassen sich aber drei Hauptformen der
Einwirkung des Staates auf die Waldwirtschaft
der Gemeinden unterscheiden.
1. Allgemeine Vermögens auf icht.
Hier ist die Gemeindewaldwirtschaft vollkommen
frei, innerhalb der die Benutzung des Gemeinde-
vermögens regelnden allgemein gesetzlichen Be-
stimmungen. Die Staatsaufsicht beschränkt sich
auf das Verbot der Devastation und das Erfor-
dernis staatlicher Genehmigung für Veräußerun-
gen und Rodungen, allenfalls auch einen Zwang
zur Wiederaufforstung (einzelne früher hanno-
verische Teile Preußens, Königreich Sachsen,
Mecklenburg-Strelitz, Lippe-Detmold, Anhalt,
beide Reuß). Diese Form besteht zur Zeit inner-
halb Deutschlands nur noch für etwa 40) aller
Gemeindewaldungen und befriedigt weniger als
die übrigen beiden Systeme.
2. Technische Betriebsaufsicht.
Diese besteht darin, daß a) die Bewirtschaftung
sich auf staatlich genehmigte Betriebspläne stützen
muß, und Abweichungen hiervon, ebenso auch
Rodungen, Veräußerungen und außerordentliche
Holzhiebe der Genehmigung bedürfen und b) die
Bewirtschaftung durch geeignete Beamte zu füh-
ren, sowie auch für den Schutz in en sprechender
Weise Vorsorge zu treffen ist. Diies System ist
gegenwärtig das verbreitetste und gilt für die Hälfte
aller Gemeindeforsten Deutschlands. Es findet
sich in den 7 östlichen Provinzen von Preußen
(G v. 14. 8. 76), Westfalen und Rheinland, sowie
einem Teil von Hannover, im rechtsrheinischen
Bayern (mit Ausnahme von Unterfranken),
Württemberg, Meiningen, Mecklenburg-Schwerin,
Weimar, Schwarzburg-Sondershausen, Koburg
und Gotha; ferner in Oesterreich mit Ausnahme
von Tirol und Vorarlberg, sowie in Ungarn. Im
einzelnen ist die Art der Durchführung dieses
Systems ziemlich verschieden.
Bezüglich der Forstbeamten wird hierbei ent-
weder nur verlangt, daß für Schutz und Bewirt-
schaftung durch genügend befähigte Beamte aus-
reichend Vorsorge getroffen wird (Preußen, östl.
Prov.), in andern bestehen weitgehende Anfor-
derungen bezüglich der technischen Befähigung
und Brauchbarkeit, dann aber auch betr. Stellung
und Gehalt der Beamten. Die meisten Mißstände
treten bezüglich der Schutzbeamten hervor, weil
diese in den weitaus meisten Fällen viel zu ab-
hängig von den Gemeinden sind, um den Forst-
schutz energisch ausüben zu können. Besserung ist
nur dadurch möglich, daß entweder staatlich ge-
leitete Schutzverbände unter den Gemeinden oder
von diesen und dem Staat bestehen (württ. G#
von 1879 a 12 gestattet den Gemeinden, sich an
die Schutzvorrichtungen des Staates anzuschließen)
oder daß nicht nur die Ernennung, sondern, was
noch wichtiger ist, auch die Entlassung der Schutz-
bediensteten staatliche Genehmigung erfordert.
Die Landwirtschaftskammern übernehmen in
einigen Provinzen Preußens auf Antrag der Ge-
meinden auch die Betriebsleitung in den Ge-
meindewaldungen.
3. Beförsterung. Hier liegt der technische
Betrieb, mit oder ohne Ausschluß des Forstschutzes,
in den Händen von Staatsbeamten (ein Teil von
Hannover und Bayern, Hessen, Nassau, Baden,
Braunschweig, Waldeck, Rudolstadt, Altenburg
46% der Gemeindewaldfläche; außerhalb Deutsch-
lands in Frankreich, Ungarn und Tirol). Die
Tätigkeit der betr. Verw Beamten erstreckt sich je
nach der örtlichen Zusammenlage der Waldungen
entweder nur auf Kommunalwaldungen oder
gleichzeitig auf solche und auf Staatswaldungen.
Den Gemeinden ist indessen bei diesem System
doch stets ein mehr oder weniger weitgehendes
Recht der Mitwirkung, die Kundgebung von Wün-
schen und die Berufung gegen beabsichtigte Wirt-
schaftsmaßregeln, welche ihre Billigung nicht fin-
den, eingeräumt. Der Verkauf der Walderzeug-
nisse bleibt fast ausnahmslos den Gemeinden über-
lassen. In einigen Ländern wird die Beförsterung
als Strafe angeordnet, wenn die Gemeinde ihren
Verpflichtungen nicht nachkommt (Preußen, öftl.
Prov., Bayern, Württemberg) oder diese Maß-
regel greift Platz, wenn sie freiwillig auf Anstellung
eigener Beamten verzichtet (Württemberg,
Bayern).
5 19. Sonstige Borschriften zur Sicherung und
Pflege der Gemeindewaldungen. Die Sicherung
und Pflege des im Wald bestehenden Gemeinde-
vermögens wird auch noch durch einige andere
Maßregeln erstrebt. Veräußerungen, ebenso auf
lästigem Titel beruhende Erwerbungen und Be-
lastungen von Waldungen sind stets an höhere
Genehmigung gebunden. Verkäufe werden ge-
wöhnlich erschwert, weil man nicht wünscht, daß
ein flüssiges Kapital an die Stelle des gesicherten
Besitzes tritt. Der Erlös aus Veräußerungen ist
in der Regel zur anderweitigen Vermehrung des