Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
Forstwesen (Waldberechtigungen) 
  
829 
  
# 22. Entschädigung der Sigentümer von 
Schutzwaldungen. Durch die Erklärung eines 
Waldes zum Sch werden dem betr. Eigentümer 
teils Beschränkungen in der Benutzung seines 
Grundstückes, teils unter Umständen sogar kost- 
spielige Leistungen auferlegt, für welche er einen 
Ersatz beanspruchen könnte, sobald er in seinem 
Einkommen einen nachweisbaren Ausfall erleidet. 
Ausgeschlossen erscheint ein solcher, wenn durch die 
Beschränkung ein Schaden verhütet werden soll, 
für den der zu Beschränkende ohnehin aufkommen 
müßte. In der Gesetzgebung ist diese Angelegen- 
heit nicht gleichmäßig entschieden. In Bayern 
hat der beschränkte Waldeigentümer keinen An- 
spruch auf Entschädigung, in Oesterreich nur in 
einzelnen Fällen; in Preußen ist ganz allgemein 
dem Waldeigentümer Ersatz für alle durch die Be- 
schränkung nachweislich hervorgerufenen Vermö- 
genseinbußen zu gewähren. 
Schwierig ist ferner häufig die Entscheidung 
darüber, wer die Entschädigung zu leisten hat und 
wie diese Last unter den Interessenten verteilt 
werden soll. Die Bestimmung, welche dem be- 
drohten Grundbesitzer, sei es ein einzelner, eine 
Gemeinde, eine Landschaft oder der ganze Staat, 
den Nachweis des drohenden Schadens und die 
Antragstellung auf Sicherheitserklärung zuweist, 
ist prinzipiell richtig. Die Erfahrung, namentlich 
in Preußen, hat aber gezeigt, daß in diesem Fall 
das Gesetz nur sehr selten angerufen wird, teils 
aus Mangel an Einsicht, teils wegen der Schwie- 
rigkeit des zu erbringenden Nachweises, teils end- 
lich der Kosten wegen. Diese letzteren übersteigen 
vielfach die Kraft des einzelnen, oder aber sie 
scheinen in keinem Verhältnis zu dem erhofften 
Nutzen zu stehen. Andererseits kann man doch 
auch nicht der Gesamtheit die Kosten zuweisen, 
welche im Interesse eines Einzelnen oder doch nur 
weniger Personen erwachsen. 
Praktisch ist die Frage deshalb leichter zu lösen, 
weil man es bei den Sch vorwiegend mit absolu- 
tem Waldboden zu tun hat und die Beschränkung 
in der Benutzung vielfach mit keinem fühlbaren 
Ausfall im Ertrag verbunden ist, die Entschädi- 
gung für andere höher rentierende Kultur aber hier 
wegfällt. 
In Preußen (585 d. Gv. 1875) liegt die Pflicht 
der Entschädigung und die Aufbringung der Kosten 
für Herstellung und Unterhaltung angeordneter 
Waldkulturen und sonstiger Schutzanlagen dem 
Antragsteller ob. Es haben jedoch dazu bei Ge- 
fahren der Versandung, Abschwemmung, Ueber- 
schüttung, Ueberflutung, des Nachrutschens, dann 
des Abbruchs von Ufern an Wasserläufen und des 
Eisgangs auch andere gefährdete Interessenten 
nach Verhältnis und bis zur Werthöhe des abzu- 
wendenden Schadens, außerdem zu den Kosten 
der Schutzanlagen in allen Fällen auch die Eigen- 
tümer der Gefahr bringenden Grundstücke nach 
Verhältnis und bis zur Höhe des Mehrwertes, 
welche ihre Grundstücke durch die Anlagen erlan- 
gen, beizutragen. Bei Erlaß des Gesetzes war 
man der Ansicht, daß in den meisten Fällen der 
Staat oder die Provinz als Antragsteller auf- 
treten werden und alsdann auch die Kosten zu 
tragen hätten. 
523. Enteignnug von Schutzwaldungen. Von 
verschiedenen Seiten wird die in der Gesetzgebung 
auch verwirklichte Forderung gestellt, daß dem 
  
Staate und unter Umständen auch dem Bezirke, 
der Gemeinde und Privaten das Recht der Ent- 
eignung der Sch und des zur Neubegründung von 
solchen erforderlichen Geländes verliehen werde. 
Hierdurch werde die Erreichung des Zweckes ge- 
sichert, schwer durchführbare Zwangsvorschriften 
entbehrlich, die Kosten der Aufsicht erspart und die 
Frage der Entschädigung vereinfacht. 
Die Berechtigung dieser Forderung ergibt sich 
aus der Bedeutung der Sch für das allgemeine 
Wohl. Andererseits ist dann aber auch die Bestim- 
mung notwendig, daß der Staat auf Verlangen 
des Eigentümers den Sch gegen volle Entschädi- 
gung übernehme. 
In jenen Ländern, in welchen sich bedeutende 
SchFlächen im Besitz kleiner Privaten befinden, 
welche weder den Willen noch die Mittel haben, 
die im allgemeinen Interesse notwendige gute 
Bewirtschaftung und die erforderlichen Siche- 
rungsmaßregeln durchzuführen, wird das Expro- 
priationsverfahren am sichersten zum Ziel führen, 
während ein solches nicht notwendig ist, wenn die 
Mehrzahl der betr. Flächen dem Staat, den Ge- 
meinden oder großen, fideikommissarisch gebun- 
denen Privaten gehört, oder soweit sich freihän- 
diger Ankauf durch den Staat ermöglichen läßt. 
Die Zulässigkeit der Enteignung von Sch be- 
darf meist einer besonderen gesetzlichen Erklärung, 
da sie nur aus wenigen der bestehenden Gesetze 
gefolgert werden kann (Frankreich, Schweiz, 
Oesterreich), in anderen (z. B. bayer. Enteignungs- 
G von 1837) geradezu ausgeschlossen ist. 
4. Forstberechtigungen 
(Waldgrundgerechtigkeiten, Waldservituten). 
§s 24. Begriff und Einteilung. Forstberechti- 
gungen (FB) sind die einem bestimmten Grund- 
stücke zustehenden dinglichen Rechte auf Benutzung 
eines fremden Waldgrundstücks, welche den Eigen- 
tümer des letzteren verpflichten, zum Vorteil des 
berechtigten Grundstücks etwas zu dulden oder zu 
unterlassen, was er sonst vermöge seines Eigen- 
tumsrechts untersagen oder tun könnte. Die 
FB#tragen in mehrfacher Beziehung, aber nirgends 
vollständig, den Charakter der römisch-rechtlichen. 
Servitute. 
Das Bürgerliche Gesetzbuch schließt sich hinsicht- 
lich des Begriffes und des Inhaltes der Servitu- 
ten dem römischen Rechte auf das engste an. Die 
Berichte der zweiten Kommission zur Ausarbei- 
tung des BG# B lassen keinen Zweifel darüber auf- 
kommen, daß die FB zu den Grunddienstbar- 
keiten zu rechnen und im allgemeinen wie diese 
zu beurteilen sind. 
Richtiger als die Bezeichnung „Forstberechti- 
gung" oder „Servitut“ ist „Waldgrundgerechtig- 
keit", da auch der Nießbrauch an einem fremden 
Wald eine Waldservitut ist, allein der gewöhnliche 
Sprachgebrauch wendet die drei Worte stets im 
gleichen Sinne der vorstehenden Definition an. 
Bei den FB besteht auf Seiten des Be- 
lasteten keine Verpflichtung, etwas zu tun;z hier- 
durch unterscheiden sie sich von den Reallasten; die 
bloße Beihilfe des Belasteten bei Ausübung der 
Berechtigungen, welche nicht sowohl eine Pflicht, 
als ein in forstpolizeilichen Gründen beruhendes 
Recht darstellt, beeinträchtigt den Charakter der 
Servitut nicht; ebensowenig wird durch die Fixa-
	        
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