Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
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Forstwesen (C. Forstverwaltung) 
Körperschaftswaldungen im weiteren Sinne und die eigentlichen Vollzugsorgane für die forstpoli- 
auf Privatwaldungen zu erstrecken hat, so erscheint 
es im allgemeinen zweckmäßig, wenn sie eine Ab- 
teilung eines Ministeriums der inneren Verwal- 
tung bildet (z. B. in Preußen seit 1879 die 3. Ab- 
teilung des Min Landw, Domänen und Forsten). 
In den meisten deutschen Staaten ressortiert aber 
die Landesforstbehörde vom Finanz Min oder von 
der Finanzabteilung des Ministeriums, weil die 
Staatsforsten einen Teil des von letzterem ver- 
walteten Domaniums sind. Bisweilen (Baden 
und Braunschweig) ist die Oberleitung der Feld- 
domänen mit jener der Forsten zu einer Be- 
hörde verbunden. 
§i35. Inspektionsstellen. Die Aufgabe der 
Kontroll= oder Inspektionsstellen besteht in der 
technischen Beaufsichtigung aller Waldungen ihres 
Bezirks, wobei das Maß der Einwirkung auf die 
Nichtstaatswaldungen von den jeweils geltenden 
gesetzlichen Bestimmungen abhängt. 
Die Organisation dieser Behörden ist in den 
einzelnen Staaten eine sehr verschiedenartige und 
hängt namentlich ab: von der Größe des Landes 
und der Ausdehnung der ihrer Aufsicht unter- 
stehenden Waldungen, ferner von den Verkehrs- 
mitteln, der Ausbildung der VerwBeamten, so- 
wie von den politischen VerwéEinrichtungen. 
In den größeren Staaten (Preußen, Bayern, 
Elsaß-Lothringen) wird die Kontrolle der Forst- 
verwaltung von Inspektionsbeamten besorgt, 
welche zu Lokalmittelkollegien vereinigt sind (in 
Preußen und Elsaß-Lothringen Regierungsforst- 
abteilungen, in Bayern Kammern der Forsten). 
In Deutschland sind diese Instanzen mit den 
Provinzialbehörden der inneren oder der Finanz- 
verwaltung verbunden, in Oesterreich dagegen. 
bestehen die Forst= und Domänendirektionen als 
selbständige Behörden. Bei einer derartigen 
Organisation ist alsdann ebenso wie in den üb- 
rigen Zweigen der Staatsverwaltung auch auf 
forstlichem Gebiet eine gewisse Dezentralisation 
durchgeführt, indem den Provinzialforstbehör- 
den einzelne Arbeitsteile zur selbständigen Er- 
ledigung zugewiesen sind, welche in den kleine- 
ren Staaten den Direktionsstellen vorbehalten 
bleiben. 
In den Mittelstaaten bestand bis vor kurzem 
fast allgemein die Einrichtung, daß die Inspek- 
tionsbeamten in ihren Dienstbezirken wohnten 
(Kontrollforstmeister). Diese Form findet sich je- 
doch heute nur noch im Königreich Sachsen. In 
allen übrigen Mittelstaaten fehlen nunmehr ebenso 
wie in sämtlichen Kleinstaaten besondere Inspek- 
tionsstellen. Die Kontrolle wird hier durch die 
Mitglieder der Zentralstelle ausgeübt. Maß- 
gebend sind für die Wahl dieses Systems nament- 
lich die Rücksichten auf Ersparnis an Beamten und 
auf Vereinfachung des Betriebs. Infolge der mo- 
dernen Gestaltung der Verkehrsverhältnisse und 
bei der gegenwärtigen Ausbildung der äußern 
Verw Beamten hat sich diese Einrichtung als durch- 
aus zulässig und zweckmäßig erwiesen. 
&# 36. Verwaltungestellen. Der Schwerpunkt 
der ganzen Organisation liegt in den Betriebs- 
oder Verwaltungsstellen im engeren 
Sinne. Sic haben die Betriebsverwaltung der 
ihnen unterstellten Waldungen und die Finanz- 
verwaltungen ohne Kasse zu besorgen, ferner sind 
die staatlichen Revierverwalter fast überall auch 
  
zeilichen Aufgaben des Staates. Zweckmäßig- 
keitsgründe veranlassen bisweilen, daß ihnen auch 
noch andere, mit der forstwirtschaftlichen Tätigkeit 
nicht zusammenhängende Funktionen übertragen 
werden (östliche Provinzen von Preußen, wo der 
Oberförster Gutsvorsteher, Amtsvorsteher, Forst- 
amtsanwalt, Standesbeamter und Mitglied des 
Kreistages sein kann: ferner Verbindung der Ver- 
waltung von Felddomänen mit jener der Forsten 
in Oesterreich und Hessen). 
Die Betriebsführung kann in doppelter Weise 
organisiert sein. Es können sich nämlich hieran 
zwei Beamte in der Weise beteiligen, daß der 
höherec den Betrieb in allen wichtigen Teilen 
selbst leitet, einzelne Geschäfte sogar selbst ausführt 
und für die übrigen spezielle Anordnungen trifft, 
der untergeordnete Beamte dagegen nur Vor- 
schläge macht, welche der höhere nach Belieben 
arndert, und die Weisungen des ersteren durch- 
ührt. 
Dieses System wird gewöhnlich als „Forst- 
meister“= oder Revierförstersystem“ 
bezeichnet, weil hier häufig der höhere der beiden 
Beamten den Titel Forstmeister (Wirtschafts- 
forstmeister, im Gegensatz zu dem in 3 bespro- 
chenen Kontrollforstmeister), der niedere aber die 
Bezeichnung Revierförster führt oder doch wenig- 
stens früher führte. 
Wenn dagegen Antragstellung, Vollzug und 
Rechnungslegung in allen wesentlichen Punkten 
in den Händen eines Beamten, des Revier- 
verwalters, vereinigt sind, so spricht man vom 
Oberförstersystem, da längere Zeit hin- 
durch diese Bezeichnung für die betreffende Be- 
amtenklasse fast durch ganz Deutschland verbreitet 
war. In neuester Zeit heißen entweder alle diese 
Beamte „Forstmeister" (z. B. Bayern) oder dieser 
Titel wird den älteren Revierverwaltern ohne 
Aenderung ihrer Tätigkeit unter gleichzeitiger 
Verleihung eines höheren Ranges gewährt 
(Preußen, Elsaß-Lothringen). 
In der Praxis finden sich zwischen beiden Sy- 
stemen zahlreiche Uebergänge, und kann man nur 
bei genauer Kenntnis der Dienstvorschriften und 
tatsächlichen Verhältnisse entscheiden, ob in einem 
konkreten Fall das eine oder andere System vor- 
liegt. Für die Wirtschaft können beide Systeme 
Gutes leisten; bei jener Vorbildung der Wirtschafts- 
beamten und dem Intensitätsgrade der Wirtschaft, 
welcher gegenwärtig im weitaus größten Teil der 
deutschen Waldungen vertreten ist, muß jedoch das 
Oberförstersystem, wenigstens in den Staatswal- 
dungen, der Regel nach als allein berechtigt be- 
zeichnet werden. Nur durch dieses wird eine sach- 
gemäße Arbeitsteilung zwischen Kontrolle und 
Verwaltung herbeigeführt, und es ermöglicht 
allein die Leistungsfähigkeit eines Mannes wirk- 
sam auszunutzen, indem ihm die volle Verant- 
wortlichkeit für seine Tätigkeit übertragen wird, 
welche aber auch volle Befriedigung gewährt. 
Das Revierförstersystem hatte solange seine 
Berechtigung, als das Verw Personal seiner großen 
Mehrzahl nach nur einc empirische Schulung durch- 
gemacht hatte. Auch heute noch muß diese Ein- 
richtung da als zweckmäßig bezeichnet werden, wo 
die Erträge der Waldungen gering, die Wirtschaft 
extensiv und einförmig, sowie eine Besserung die- 
ser Verhältnisse auch durch den Uebergang zu einer
	        
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