Frau (Berufsvertretungen; Kirchliches Wahlrecht)
der Gemeindevertretung zu geben, sprechen in der F. eine Teilnahme an der kirchlichen Ge-
noch stärkerer Weise für die Gewährung eines
Stimmrechts bei der Wahl der gesetzlichen Berufs-
vertretung. Das positive Recht hat jedoch ein sol-
ches Stimmrecht weder allgemein noch grund-
sätzlich gegeben. Das passive Wahlrecht hat es
sogar grundsätzlich den F. nicht gewährt.
a) Da die Handelskammern [J regel-
mäßig durch Wahl der beteiligten Firmen zu-
stande kommen, ergab sich die Notwendigkeit, F.,
soweit sie Inhaber einer zur Wahl berechtigenden
Firma sind, das aktive Wahlrecht zu geben. Diese
können jedoch in allen Bundesstaaten, mit Aus-
nahme von Hessen, ihr Wahlrecht nur durch einen
Vertreter ausüben
b) Die Handwerkskammern /|| wer-
den auf Grund Reichsrechts durch die Organisa-
vereine usw. gewählt. Wo die Landesgesetzge-
bung, wie in Preußen, dieses Wahlrecht den Vor-
ständen überträgt, kommt tatsächlich ein direktes
Wahlrecht der F. kaum vor; ein indirektes Wahl-
recht ist natürlich soweit gegeben, als die F. nach
der Handwerksgesetzggebung zur Wahl der Vor-
stände der betreff. Organisationen berechtigt sind.
Wo hingegen, wie in Baden, die Wahl der Hand-
werkskammer den Generalversammlungen der
Innungen usw. übertragen ist, hat die F. ein
direktes Wahlrecht, dessen Umfang sich ebenfalls
aus der Handwerksverfassung bestimmt (Näheres
ondwertstammer, Innungen, Gewerbever-
einel.
pc) Für die Landwirtschaftskammern
in Preußen ergibt sich ein indirektes Wahlrecht
der F., aus dem ihnen zustehenden Wahlrecht
zum Kreistage, der die Landwirtschaftskammern
wählt; weiter geht Württemberg (J Landwirt-
schaftliche Berufsvertretungenl.
d) In den Ortskrankenkassen steht
den F. innerhalb der Kassenverwaltung nicht nur
ein aktives, sondern auch ein passives Wahlrecht
zu (Gv. 15. 6. 83 5§.37, 34). Es ist dies die einzige
öffentlichrechtliche Interessenvertretung, zu der
die F. wählbar ist ½).
IV. Wahlrecht in der evangeli-
schen Kirchengemeinde steht den F.
regelmäßig nicht zu. Dieser gegenwärtige positiv-
rechtliche Zustand ist jedoch nicht als der Ausfluß
eines kirchenrechtlichen Grundgesetzes anzusehen,
wie es gemeinhin aus dem Grundsatze mulier
taceat in ecclesia abgeleitet wird. Ganz abge-
sehen davon, daß der apostolische Ursprung dieses
Satzes bestritten ist, kann er auch für die Frage
der Teilnahme an der Kirchenverwaltung über-
haupt nicht als anwendbar erachtet werden, da sein
Sinn lediglich der war, die F. von der in den älte-
sten gottesdienstlichen Versammlungen der Chri-
sten freien Tätigkeit des Predigens, Weissagens
und Zungenredens auszuschließen. Es muß viel-
mehr als in der Kompetenz der ordentlichen
Kirchengesetzgebung liegend angesehen werden,
1) Nach dem Entwurf der Reichsversicherungsordnung soll
das aktive Wahlrecht auf die Berufsgenossenschaften und
Invalidenversicherungsanstolten ausgedehnt werden. Der
Entw. eines Arbeitskammenrgesetzes (Reichstagdrucksache
1910 Nr. 236) sieht Wahlberechtigung und Wählbarkeit für
.Deutsche beiverlei Geschlechts“ vor (§ 11, 13).
(Herausgeber.)
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meindeselbstverwaltung zu gewähren. Tatsäch-
lich haben die F. auch früher zuweilen ein Stimm-
recht in der Kirchengemeinde gehabt, z. B. bei
der Pfarrwahl die selbständigen Hausbesitzerinnen
in Osnabrück auf Grund einer Verordnung vom
Jahre 1735, die grundbesitzenden Witwen und
selbständigen F. in Ditmarschen (bis 1876), und
noch heute besteht ein solches, allerdings durch
Stellvertreter auszuübendes, Stimmrecht in den-
jenigen lutherischen und reformierten Gemeinden
Ostfrieslands, in denen das Wahlrecht am Grund-
besitz haftet, sowie in Schleswig-Holstein für die
Besitzerinnen adliger Güter, auf denen Kirchen-
lasten ruhen. Als Regel gilt jedoch heute in allen
deutschen Staaten, daß F. eine Mitwirkung in
der Verwaltung der Kirchengemeinde nicht haben.
tionen des Handwerks, Innungen, Gewerbe-
Eine am 14. 10. 09 von dem Oberkonsistorium für
die elsaß-lothringische Landeskirche beschlossene
Kirchenordnung hat eine fast vollständige Gleich-
stellung der F. mit den Männern vorgesehen
(gleiches aktives Stimmrecht; passives Wahlrecht
nur dadurch beschränkt, daß nicht mehr als ½ der
Kirchenratsmitglieder F. sein dürfen: weibliche
Kirchenratsmitglieder wählbar zum Konsistorium
und Oberkonsistorium). Diese einzige allgemeine
Gewährung eines aktiven und passiven Wahlrechts
an die F. ist jedoch bis heute noch nicht Gesetz ge-
worden 1). Vereinzelt ist hingegen eine ausnahms-
weise Gewährung des aktiven Wahlrechts neuer-
dings in verschiedenen Staaten erfolgt, und zwar
z. T. nur als Stimmrecht bei der Pfarrwahl:
so in einigen Gemeinden der Stadt Bremen
und der reformierten Gemeinde Lübecks, z. T. als
allgemeines Stimmrecht innerhalb der kirchlichen
Selbstverwaltung in demselben Umfange, wie
es den Männern zusteht: so in der reformierten
Gemeinde Hamburgs und der Bremer Land-
gemeinde Hastedt. — Einen ganz eigentümlich
gearteten Einfluß auf die Pfarrwahl haben die F.
in Lübeck und in Preußen in den älteren Provin-
zen, sowie in Schleswig-Holstein, Hannover und
Hessen-Nassau: hier steht ihnen zwar eine positive
Teilnahme an der Wahl nicht zu, wohl aber ein
Vetorecht gegen diese auf Grund der Bestimmung,
daß jedes (oder jedes konfirmierte) Gemeindemit-
glied nach erfolgter Pfarrwahl das Recht hat,
Einspruch zu erheben, wenn gegen Person, Gaben,
Lehre und Wandel des Gewählten etwas einzu-
wenden ist (z. B. für die östlichen Provinzen AE
v. 2. 12. 74 § 8 Abs 2, für Hannover G v. 22.
12. 70 7* 12, für den Konsist.-Bezirk Wiesbaden
Kr O v. 4. 7. 77 5(52 Abs 2).
Mit diesem modernen Gedanken der Teilnahme
der F. an der kirchlichen Selbstverwaltung haben
nichts zu tun diejenigen kirchenrechtlichen Befug-
nisse, die bestimmten einzelnen F. oder bestimm-
1) Die 6. preuß. Generalsynode (4. 11. 09) hat sich unter
der Zustimmung des Kal. Kommissars zugunsten einer Ein-
gliederung der F. in die verfassungsmäßige Gestaltung der
Kirche ausgesprochen: Verhandlungen 1 231 (anders die
Landessynode in Weimar 1907, der mecklenburgische Ober-
kirchenrat 1908). Als „in hohem Grade beachtsam“, nicht im
Widerspruch mit der apostolischen Ordnung und, wenn maß-
voll geleitet, wertvolle Kräfte für das evangelische Gemeinde.-
leben sichernd erklärt diese Bewegung W. Kahl in der
„Kultur der Gegenwart“, Teil „Sustematische Rechtswissen.
schaft“ 1906, S. 262. (Herausgeber).