Freiwillige Gerichtsbarkeit (Grundbuch)
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HGB), von Versicherungs-Vereinen auf Gegen-
seitigkeit (8 36 G v. 12. 5. 01) und von Schuld-
verschreibungs-Besitzern (§9 Go. 4. 12. 99). Die
Unterschrifts-Beglaubigung geschieht durch Ver-
merk hinter der Unterschrift (§ 183 GFG), der
Wechselprotest durch Vermerk auf dem Wechsel
(a 88a der Wechsel O). Ueber die äußere Behand-
lung der Urkunden gibt das Landesrecht Vor-
schriften, die darin übereinstimmen, daß die Ur-
schrift des Protokolls beim Gericht oder Notar
zurückbleibt, die Partei dagegen eine (die Ur-
kunde wörtlich wiedergebende, gesiegelte und
unterschriebene) Ausfertigung erhält.
Die Beweiskraft der öffentlichen Ur-
kunde besteht darin, daß sie im Prozesse
a) die Vermutung der Echtheit für sich hat
(5.437 8#8O),
b) vollen Beweis des beurkundeten Vorganges
begründet, so lange nicht der Gegenbeweis ge-
führt ist (§ 415).
Diese Beweiskraft steht jeder deutschen Urkunde
innerhalb des Reichs ohne weiteres (G v. 1. 5. 78),
im Auslande jedoch nur nach Beibringung einer
diplomatischen Legalisation zu, welche in
einer Reihe von Echtheits-Bescheinigungen be-
steht, deren erste von der Behörde der Urkund-
person (in der Regel dem Landgerichts-Präsiden-
ten) ausgestellt wird, während die übrigen durch
die Ministerien, Gesandten, Konsuln zu leisten
sind, je nach den Anforderungen, die das Ausland
stellt. Erleichterungen sind eingeführt durch
Staatsverträge mit Oesterreich-Ungarn (Röl
1881, S4 und 253) und der Schweiz (REGl 1907,
S4s1), nach denen im Verkehr mit diesen Staa-
ten öffentliche Urkunden zum Teil gar keiner,
zum Teil nur der gerichtlichen Beglaubigung be-
dürfen. Neuestens bemüht sich der ständige Aus-
schuß des Internationalen Notar-Kongresses um
Abschaffung der Legalisations-Schwierigkeiten.
Vollstreckbarkeit steht einer deutschen
gerichtlichen oder notariellen Urkunde dann zu,
wenn sie die Zahlung einer bestimmten Geld-
summe oder die Leistung einer bestimmten Menge
anderer vertretbarer Sachen oder Wertpapiere
zum Gegenstande hat und der Schuldner sich in
der Urkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung
unterworfen hat (§F 794 ZPO).
Das Dienstrecht der Urkundämter untersteht
dem Landesrechte. Die Notare sind in allen Bun-
desstaaten Beamte, in der Regel dem Landgerichts-
Präsidenten (in Elsaß-Lothringen dem Ober-
staatsanwalt), für Disziplinar-Strafsachen jedoch
Disziplinarhöfen (in Preußen Richter-Disziplinar-
gerichten) unterstellt, in welchen zuweilen (so in
Sachsen, Hessen, Bremen, Braunschweig) eine
Anzahl Notare Sitz und Stimme haben. No-
tarkammern mit (tedoch nur niederer) Dis-
ziplinar-Gerichtsbarkeit bestehen in Elsaß-Lothrin=
gen, schwerere Strafen verhängt dort das Land-
ericht. Die bayrischen und hamburgischen Notar-
ammern haben nur das Recht der Mahnung,
Rüge und Anzeige an die Aufsichtsbehörde. Eine
Zwangs-Pensionskasse besteht in Bayern, eine
freie in Rheinpreußen. Ihr Einkommen
beziehen die Notare von den Parteien in Gestalt
von Gebühren; nur in Baden und Württemberg
sind sie auf festes Gehalt gesetzt, und ihre Gebüh-
ren werden für die Staatskasse eingezogen, mit Aus-
nahme eines gewissen Anteils, der ihnen verbleibt.
53. II. Das Grundbuchwesen hat zum Inhalte
die Klarstellung der an Grundstücken bestehenden
Rechte. Diese geschieht durch Grundbücher, in
welchen jedes Grundstück nach Lage und Größe
beschrieben ist und Eigentum und Belastungen
ersichtlich gemacht sind. Das erfordert wieder,
daß dingliche Rechte an Grundstücken regelmäßig
nur durch Eintragung im Grundbuche entstehen
und nur durch Löschung untergehen können und
daß dem Grundbuche ein gewisses Maß von
öffentlichem Glauben beigelegt wird, dem zufolge
sich Jeder auf die Eintragungen und die aus dem
Grundbuche erteilten Zeugnisse (Hypotheken-=
briefe) verlassen kann. Ueber alles dies gibt das
B## die nötigen Vorschriften, während die for-
mellen Bestimmungen über die Einrichtung und
Führung der Grundbücher in der ReichsGBO
v. 24. 3. 97 enthalten sind. Ein zweites Reichs-
gesetz von demselben Tage ordnet die Zwangs-
versteigerung und Zwangsverwaltung der Grund-
stücke. Das Grundstücksrecht in den Schutzgebie-
ten ordnet eine Kais. V v. 21. 11.02 (RGBl 283).
Dem Landesrechte ist wesentlich nur die Aus-
führung der reichsrechtlichen Bestimmungen ver-
blieben, die in der Regel durch besondere Aus-
führungsgesetze (in Preußen v. 26. 9. 99) und im
Verw Wege geschehen ist. Hierzu gehört ein wich-
tiger Punkt: die Bestimmung der Behörde, welche
das Grundbuch zu führen hat. In Preußen und
den meisten anderen Staaten ist das Amtsgericht
dazu bestimmt; nur Baden und Württem-
berg haben besondere Grundbuchämter errichtet,
an deren Spitze die Notare stehen. Während
ferner sonst überall die Grundbücher bei dem
Grundbuchamte verwahrt werden, sind sie in
Baden und Württemberg vom Grundbuchamte
getrennt, gemeindeweise zersplittert, was wieder-
um zur Folge hat, daß in jeder Gemeinde eine
Art Unter-Grundbuch-Beamte, Ratsschrei-
ber genannt, mit beschränkter grundbuchamt-
licher Zuständigkeit arbeitet. Auch Mecklen-
burg hat neben den gerichtlichen auch städtische,
ritterschaftliche und Klosteramts-Grundbuchämter,
die aber alle das gemeinsam haben, daß ihr Vor-
steher die Befähigung zum Richteramte besitzen
muß. Dem Grundbuchrichter ist ein Grund-
buchführer beigegeben.
Das Grundbuchamt verfährt in der Regel nur
auf Antrag. Es trägt ein auf Grund
der Bewilligung des Betroffenen,
ohne Prüfung des zu Grunde liegenden Rechts-
geschäfts (sormelles Konsens-Prinzip). Die Ein-
tragungs-Bewilligung bedarf der öffentlichen (das
bedeutet in der Regel: der gerichtlichen oder no-
tariellen) Beglaubigung. Sie ersetzt jeden andern
Nachweis, selbst den der dinglichen Einigung
(s 873 BGB). Nur bei der Eigentums-Ueber-
tragung muß die erforderliche dingliche Einigung
(Auflassung) dem Grundbuchamte nachgewiesen
werden oder vor ihm selbst stattfinden (s.32 32A).
Das Grundbuch hat öffentlichen Glau-
ben in dem Sinne, daß der gutgläubige rechts-
geschäftliche Erwerb durch den Inhalt des Grund-
buchs gedeckt ist. Außerhalb des Grund-
buchs kann sich ein Rechtserwerb nur in weni-
gen Fällen gültig vollziehen; deren wichtigste
sind: Erbfolge und Hypotheken-Abtretung. Letz-
tere geschieht gültig ohne Eintragung, nur schrift-
lich unter Uebergabe des Hypothekenbriefes, der
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