Fürsorgeerziehung
licher Verwahrlosung finanziert die
Armenhehörde.
IV. Württemberg. Das G v. 29. 12. 99,
bezw. 11. 11.05, weicht von Preußen und Bayern
wesentlich ab. Seine Ziffern 1 und 2 entsprechen
ungefähr den preußischen 2 und 3; dann heißt es
weiter: „Die FE ist in diesen Fällen, sowie in
den Fällen der Ss 1666 Abs 1 und 1838 BGB
nur anzuordnen, wenn der Minderjährige das
16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.“ Diese
Einschränkung der §8 1666 und 1838 BGB ist
nur insoweit gültig und für die Gerichte bindend,
als die öffentlich'rechtliche FE in Frage
kommt. Die Befugnis des Vormundschaftsgerichts
die §§G 1666, 1838 bis zur Volljährigkeit der Kin-
der anzuwenden, wird nicht berührt; nur öffent-
liche Mittel erhält es nicht dazu, ist also auf private
(Vereins-) Hilfe angewiesen (Löning und Lands-
berg vgl. u. Literatur). Die FE hört in der Regel
mit 18 Jahren auf, kann aber auf erneuten Be-
schluß bis 20 Jahre ausgedehnt werden.
Antragbetrieb wie in Preußen; berechtigt: El-
tern, Großeltern, Vormund, Gegenvormund,
Pfleger, Beistand und alle Behörden. Be-
schluß zuzustellen den zur sofortigen Beschwerde
Berechtigten: Eltern oder Großeltern, Inhaber
der vormundschaftlichen Gewalt, dem über 14
Jahre alten Minderjährigen, Gemeindewaisenrat
und Landarmenbehörde. Diese wirkt wie der
preußische Kommunalverband, entläßt auch auf
Probe. Endgültig entläßt das Vormundschaftsge-
richt durch wie in Preußen anfechtbaren Beschluß.
Vorläufige Unterbringung, Ersatzpflicht der Fami-
lie, Fürsorger wie in Preußen. Kosten trägt in
erster Linie Landarmenverband. Ortsarmenver-
band zahlt ½8. Die Hälfte der endgültigen Aus-
lagen des Landarmenverbandes zahlt der Staat.
V. Baden. G v. 16. 8. 00 bezw. 4. 5. 86.
Nur gegen sittliche Verwahrlosung. Sonst Vor-
aussetzungen, Beginnalter, Beschluß, Beschwerde,
Fürsorger, Antragsbetrieb, vorläufige Beendi-
ung wie Preußen. Beendigungsalter 20 Jahre.
ufhebung nur durch Vormundschaftsgericht. An-
tragsberechtigt nur das Bezirksamt, beschwerde-
berechtigt nur Bezirksamt und Sorgeberechtigte.
Vorläufige Unterbringung wie Preußen, jedoch
Beschwerde unzulässig. Ausführend das Bezirks-
amt oder in dessen Auftrag der Ortsarmenver-
band. Kosten ½ Armenverband, Rest meist vom
Staat. Gegen Entführung in diesem Gesetze
keine Strafe (vgl. oben Ziff. 1 am Ende).
VI. Hessen. G v. 17. 7. 99 bezw. 11. 6. 87.
Beginnalter für FE aus § 55 St GB 6 Jahre,
sonst Beginnalter, Dauer, Antragsbetrieb, Zu-
stellung, Beschwerde, Rechtskraft, vorläufige Un-
terbringung wie Preußen. Voraussetzungen, ab-
esehen von Altersgrenze, wie Württemberg.
ntragsrecht: Kreisamt, Bürgermeister, Orts-
polizei, Kreisschulkommission, Pfarramt, Eltern,
Großeltern, Vormund, Pfleger, und auch die
Staatsanwaltschaft. Beschwerderecht: Antrag-
steller, Minderjähriger über 14 Jahre, Eltern,
eptl. Großeltern, Vormund, Pfleger, Bürger-
meister, Staatsanwaltschaft. Ausführung: Kreis-
amt. Aufhebung nur durch Vormundschaftsge-
richt. Kosten: Armenverband evtl. Kreiskasse,
½ ersetzt der Staat. Anwendung von
Reichsrecht und Fürsorge-Erziehungs-
gesetz in freier Wahl des Richters.
867
VII. Elsaß-Lothringen. G v. 17. 4. 99 (AG
z. BGB). Beginnalter nur in besonderen Fällen
über 16 Jahre. Voraussetzung: §8 1666, 1838
BGB, 8 55 StchB wie Preußen, aber bei
objektiver Verwahrlosung: „Wenn die ZwangsE
zur Verhütung des völligen sittlichen Verderbens
notwendig und der Vater bezw. die Mutter
(wenn allein sorgeberechtigt) einverstanden
ist.“ Vormundschaftsgericht von Amts wegen.
Beschwerde nach FEGesetz. Ausführend: Verw-
Behörde, die auch neben dem Vormundschafts-
gericht aufheben, ferner widerruflich entlassen
kann. Kosten: Landeskasse.
VIII. Hamburg. Gv. 11. 9. 07. Voraus-
setzung Ziff. 1: „Wenn in den Fällen der 38 1666,
1838 BB die Uebernahme der Er-
ziehung durch den Staat geboten
ist, um durch Anwendung geeig-
neter Erziehungsmittel die Ver-
wahrlosung des Minderjährigen
zu verhüten.“ Ziff. 2 und 3 wie Preußen.
Obere Beginngrenze fehlt, also zulässig bis zur
Volljährigkeit. Antragsberechtigt das Waisen-
hauskollegium. Dieses auch Ermittelungs-
und Ausführungsorgan. Beschwerdeberechtigt:
Waisenhauskollegium, Eltern, Vormund, Pfleger.
Entlassung durch das Waisenhauskollegium zu be-
schließen. Dieses — zusammengesetzt ähnlich wie
anderwärts die Füusschüsse, aus 2 Senatoren,
9 gewählten Vertretern der Bürgerschaft, 1 Di-
rektor des Waisenhauses, 1 von der Oberschul-
behörde abgeordneten Mitgliede — faßt die
gesamte staatliche JugendF zusammen. Es
erzieht die armenrechtlich Hilfsbedürftigen, die
Verwahrlosten, die Gefährdeten und die krimi-
nell gewordenen Jugendlichen. Man hält es für
unnötig, daß die Armenverbände die Hilfsbedürf-
tigen, die Bezirksbehörden die Verwahrlosten, der
Staat die Kriminellen erziehen. Das vollführt
vielmehr eine dadurch für die EAufgaben allein
verantwortliche selbständige und daher mit den
befähigtesten Kräften arbeitende Stelle. Infolge-
dessen erfolgt eine Klassifikation der
Zöglinge nur nach erziehlichen Rück-
sichten. Man macht in Hamburg ausgedehntesten
Gebrauch von der Familien. Nur die An-
ordnung der FE verbleibt dem Vormund-
schaftsgericht. Bei einem Stadtstaat wie Ham-
burg macht die Verteilung der Kosten natürlich
auch nur unbedeutende Schwierigkeiten. Der
Staat trägt sie.
IX. Andere Bundesstaaten (Besonderheiten).
Während in Hamburg das FE Verfahren nur auf
Antrag des Waisenhauskollegiums möglich,
ist der Antrag in anderen Staaten unnötig und
in wieder anderen jedem zugänglich (Mecklen-
burg, Lippe, Waldeck, Koburg-Gotha usw.). Aus-
führungsorgane sind in gewissen Staaten die
Ministerien (Altenburg, Oldenburg, Schaumburg-
Lippe). In Bremen hat eine Kommission des
Senates diese Aufgabe, in Mecklenburg die Orts-
obrigkeit. Oldenburg und Rudolstadt haben kei-
nen Rückgriff gegen die Unterhaltspflichtigen.
Die Beschwerde ist nicht überall die sofortige.
Wo sie nicht befristet ist, hat sie auch keine auf-
schiebende Wirkung. Es gibt Schlußverhandlungen
mit Verkündung des Beschlusses. Anhalt und
Lippe haben nur 2 Instanzen.
#§ 6. Statistik. Für Preußen wird eine im