Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
Agrargesetzgebung (Baden) 83 
  
das Wasser G v. 26. 7. 99, das unter Aufhebung 
der früheren Bestimmungen die Rechtsverhält- 
nisse an den Gewässern neu geregelt hat, ist der 
an der Nutzung wie an der Abwehr des Wassers 
beteiligten Landwirtschaft vielseitige Rücksicht ge- 
tragen worden. Hinsichtlich der in dieser Hinsicht 
wichtigsten Gewässergattung, der nicht öffent- 
lichen natürlich fließenden Gewässer, sind die Ge- 
meinden innerhalb ihrer Gemarkung als Eigen- 
tümer und die im natürlichen Bereich des Ge- 
wässers mit Grundstücken angesessenen An= und 
Hinterlieger als in erster Linie gesetzlich nutzungs- 
berechtigt anerkannt. Durch Einräumung öffent- 
lich rechtlicher Zwangsbefugnisse ist die zweck- 
mäßige Ausnutzung der Eigenschaften und Kräfte 
des fließenden Wassers auch für die Landwirtschaft 
erleichtert. Wenn unter den mit verschiedenen 
Interessen an einem nicht öffentlichen Wasserlauf 
Beteiligten, also namentlich den Landwirten und 
Werkbesitzern, über die Wasserverteilung eine 
Einigung nicht zu Stand kommt, so erfolgt die 
Verteilung auf Grund technischen Gutachtens 
durch bezirks= oder ortspolizeiliche Vorschrift oder 
durch Verfügung der Verw Behörde nach bestimm- 
ten gesetzlichen Grundsätzen, insbesondere unter Be- 
rücksichtigung des Wasserbedarfs der Beteiligten 
und nötigenfalls unter gleichmäßiger Einschrän- 
kung, jedoch mit einem Vorzugsanspruch der un- 
mittelbaren Anlieger und derjenigen, deren Was- 
serbenutzung nach den örtlichen Verhältnissen über- 
haupt oder in der betreffenden Zeit eine über- 
wiegende wirtschaftliche Bedeutung hat. Die 
Bildung öffentlicher Wassergenossenschaften, na- 
mentlich auch zur Errichtung, Benutzung und Un- 
terhaltung gemeinsamer Be= und Entwässerungs- 
oder Schutz-Anlagen oder von gemeinsamen Stau- 
werken und Sammelbecken, ist dadurch wesentlich 
erleichtert, daß bei Zustimmung einer bestimmten, 
in der Regel nach dem Vorteilswert berechneten 
Mehrheit ein Beitrittszwang gegenüber den Ab- 
lehnenden begründet ist. Die Verpflichtung zur 
Ausführung und Unterhaltung der Vorkehrungen, 
die im öffentlichen Interesse zur Herstellung und 
Erhaltung des regelmäßigen Wasserablaufs und 
zum Schut der im Wasserbereich gelegenen Grund- 
stücke geboten sind, liegt im allgemeinen der Ge- 
meinde innerhalb ihrer Gemarkung, an künstlichen 
Gewässern und Anlagen aber den Besitzern ob; 
für die größern im Staatsflußbau-Verband 
stehenden Flüsse hat der Staat, unter Heranzie- 
hung der beteiligten Gemeinden zu bestimmten 
Kostenbeiträgen, die Besorgung des Flußbaus 
übernommen. Ueber streitige Wasserangelegen- 
heiten entscheiden, soweit nicht auf besondern 
privatrechtlichen Titeln beruhende Rechte oder 
Entschädigungsansprüche in Frage stehen, die 
Verw Behörden, vorbehaltlich der in den gesetzlich 
bezeichneten Fällen an den VG gegebenen 
Klage. Die auf Grundlage dieser wasserrechtlichen 
Vorschriften im Interesse der Landwirtschaft 
durchzuführende rationelle Benutzung und Ab- 
wehr des Wassers, insbesondere die Ausführung 
und Unterhaltung zweckmäßiger Be= und Ent- 
wässerungsunternehmungen, die dem Schutz- 
zweck dienende Korrektion und Regulierung von 
Flüssen und Bächen, die Bildung von Wasser- 
genossenschaften, wird noch dadurch gefördert, daß 
die auf Grund der V v. 26. 10. 78 errichteten, mit 
akademisch gebildeten Beamten und dem erforder- 
  
  
  
  
  
lichen Personal von Kultur-Gehilfen, -Aufsehern 
und Kulturmeistern besetzten 10 Kulturinspektio- 
nen damit betraut sind, solche der Landeskultur 
dienliche Unternehmungen anzuregen nud bei 
ihrer Vorbereitung, Ausführung und Unterhal- 
tung auf Wunsch der Beteiligten mitzuwirken, und 
daß die Staatskasse durch Uebernahme der Kosten 
für die Gehalte des Kulturpersonals und eines 
Teils ihrer Gebühren, sowie durch Gewährung 
von Zuschüssen für gemeinwirtschaftlich nützliche 
Unternehmungen auch eine wesentliche materielle 
Förderung der Wasserwirtschaft übernommen hat. 
#5. Förderung und Schutz der Tierhaltung 
md Tierzucht. 1. Verwaltungsmaß- 
nmnahmen der Förderung. Eine zur För- 
derung der Pferdezucht und Rindvieh- 
haltung dienliche Maßnahme besteht darin, 
daß durch G v. 5. 5. 84 die Befugnis zur gewerbs- 
mäßigen Ausübung des Hufbeschlags auf 
diejenigen Personen eingeschränkt wurde, welche 
auf Grund einer Prüfung hierfür den amtlichen 
Befähigungsnachweis erhalten haben. Im übri- 
gen sondern sich die Förderungsmaßnahmen für 
die Pferde und für die übrigen Tiere. a) Pferde. 
Zur Förderung der Pferdezucht ist durch G v. 
9. 4. 80 und die V. vom gleichen Tag bei Straf- 
vermeiden untersagt, zur Bedeckung von Stuten, 
welche nicht dem Eigentümer des Hengsts gehören, 
Hengste zu verwenden, die nicht gekört sind, d. h. 
deren Verwendung nicht auf Grund einer sach- 
verständigen Feststellung ihrer Zuchttauglichkeit 
von der Körkommission durch Erteilung eines 
Körscheines genehmigt ist. Im übrigen erfolgt 
die Unterstützung der Pferdezucht nicht wie ander- 
wärts derart, daß der Staat in einem Landes- 
gestüt den Beteiligten die zur Deckung erforder- 
liche Zahl von Hengsten zur Verfügung hält, son- 
dern in der Weise, daß aus Staatsmitteln die 
Hengste angekauft und alsdann in den für die 
Pferdezucht wichtigen Bezirken an Hengsthalter 
(auch Vereine oder Gemeinden) zu einem ermä- 
ßbigten Preise und unter Leistung staatlicher Un- 
terhaltungsbeiträge unter bestimmten Bedingun- 
gen, insbesondere mit der Pflicht zur ordnungs- 
mäßigen Verwendung für die Zucht, käuflich über- 
lassen werden. Außerdem wird die Pferdezucht 
noch besonders durch Unterstützung von Fohlen- 
weiden und durch Prämiierung von Stuten aus 
staatlichen Mitteln unterstützt ([1Beschäl- 
wesenl. 
b) Rindvieh, Schweine, Ziegen. 
Nachdem durch G v. 3. 8. 37 die mit dem Grund- 
besitz verbundene Last der Zuchttierhaltung als 
ablösbar erklärt und bestimmt worden war, daß 
nach erfolgter Ablösung die Last den Gemeinden 
obliege, sind erstmals durch Min V v. 16. 12. 65 
nähere Bestimmungen über die von den Gemein- 
den bei der Stierhaltung zu beachtenden Grund- 
sätze erlassen worden; die Gemeinde soll insbe- 
sondere in der Regel auf 80 weibliche Tiere des 
Rindviehgeschlechts wenigstens einen Stier hal- 
ten, die Stiere sollen von einer guten, den ört- 
lichen Verhältnissen entsprechenden Rasse ab- 
stammen; die Stierhaltung, die entweder in Selbst- 
verwaltung der Gemeinde oder durch Verpach- 
tung an bewährte Viehzüchter auf 6 bis 15 Jahre, 
nicht durch Herumhalten bei den Einzelnen, er- 
folgen soll, ist von der Verwaltungsbehörde unter 
Mitwirkung einer aus dem Bezirkstierarzt und 
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