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Die Bürgermeister sind die Stellvertreter und,
soweit sie nicht innerhalb des Kollegiums tätig
werden, die Amtsgehilfen des Ober= bezw. Ersten
Bürgermeisters (§24 Gem O; & 17 StO). In den
St OStädten müssen die Oberbürgermeister und
die Bürgermeister Besoldung empfangen; alle
übrigen Mitglieder des Stadtrates sind grundsätz-
lich ehrenamtlich tätig, jedoch ist auch hier die Ge-
währung gewisser Vergütungen für besondere
Mühewaltungen nicht ausgeschlossen (§30 GemO;
§# 17, 35 StO). Die Oberbürgermeister und die
Bürgermeister der St OStädte haben bei eintre-
tender Dienstunfähigkeit oder im Falle der Nicht-
wiederwahl einen gesetzlichen Pensionsanspruch,
der jedoch bezüglich der Bürgermeister durch Sta-
tut ausgeschlossen werden kann. Die Pension be-
trägt nach 8 Dienstjahren ¼, nach 16 Jahren ½
und nach 24 Jahren 2# des festen Gehaltes
(* 19 d StO). Für die übrigen Gem ist die Be-
soldung der Bürgermeister nicht vorgeschrieben,
sie ist jedoch in letzter Zeit in immer größerem
Umfang üblich geworden. Durch das G v. 26.
9. 10 ist demgemäß auch, wenigstens für die Gem
mit mehr als 4000 Seelen und für die Amtsstädte
mit mehr als 3000 Einwohner, ein gewisser Pen-
sionsbezug vorgesehen (GemO §s 26). Zum Ge-
meinde-(Stadt-)Rat gehört endlich der mit der
Führung des Ratsprotokolls betraute Ratschreiber.
Die Verhandlungsform des Gemeinde-(Stadt--)
Rates ist die kollegialische; Beschlüsse werden mit
absoluter Stimmenmehrheit gefaßt, die Stimme
des Vorsitzenden gibt bei Gleichheit der Stimmen-
zahl den Ausschlag (§§s 59 GemO §557 StO). Der
Bürgerausschuß setzt sich zusammen aus
den Mitgliedern des Gemeinde-(Stadt-MRats und
einer Zahl von weiteren Personen, die von der
wahlberechtigten Bürgerschaft direkt gewählt wer-
den;z in den St OStädten heißen dieselben Stadt-
verordnete. In den nicht der StO unter-
stehenden Gem beträgt die Zahl der zu wählen-
den Mitglieder 36 bis 84, in den St OStädten 60
bis 96; letztere Zahl gilt für alle Städte mit mehr
als 2000 Bürgern. Der Bürgerausschuß bildet
ein einheitliches Kollegium, das unter dem
Vorsitz des Bürgermeisters (Oberbürgermeisters)
steht, und das bei seinen Beschlußfassungen ein-
heitlich in alphabetischer Reihensolge seiner Mit-
glieder abstimmt. In den St OStädten ist jedoch
den Stadtverordneten eine Sonderstellung inso-
fern eingeräumt, als zu ihrer spcziellen Vertre-
tung bei der Prüfung und Beratung der stadt-
rätlichen Vorlagen eine von ihnen allein zu wäh-
lende ständige Kommission vorgesehen ist, der
„geschäftsleitende Vorstand der Stadtverordneten“,
der aus einem Obmann, einem Stellvertreter
desselben und einer durch Ortsstatut zu bestimmen-
den Zahl von Mitgliedern zusammengesetzt ist, und
dem auch gewisse Kontrollbefugnisse zukommen.
Die Sitzungen des Bürgerausschusses sind öffent-
lich (Gem= u. StO §8 51 ff; StO 8# 43 ff).
Die Gemeindeversammlung wird
aus der Gesamtheit der Gem Bürger und der
wahlberechtigten Einwohner gebildet. Zur Stimm-
gebung in derselben sind jedoch nur diejenigen
befugt, die in einer zu diesem Zweck anzulegenden
Liste der Stimmberechtigten eingetragen sind.
Den Vorsitz in der Versammlung führt der Bür-
germeister, die Verhandlung wird ebenfalls öffent-
lich geführt (Gem O # 29).
Gemeinde (III. Organisation)
Den ständigen Kommissionen, de-
ren Mitglieder vom Gemat, in den St Otädten
dagegen in einer gemeinsamen Beratung des
Stadtrates und des Stadtverordneten-Vorstan-
des ernannt werden, muß ein Mitglied des
Gemeinde-(Stadt-)Rates als Vorsitzender ange-
hören; in der Armenkommission, der Kommission
für das öffentliche Gesundheitswesen sollen die
Armenärzte, und wo die Ortspolizei von einer
Staatsstelle verwaltet wird, der Polizeibeamte,
in ersterer außerdem der Ortspfarrer jeder Kon-
fession und in letzterer am Wohnsitz des Bezirks-
arztes auch dieser Sitz und Stimme haben. In
die Kommission für Volksschulangelegenheiten ist
außer den Ortspfarrern auch eine Vertretung der
Lehrer zu berufen, und der für die St OStädte
vorgeschriebenen Kommission zur Ueberwachung
des Kassen= und Rechnungswesens muß minde-
stens ein vom geschäftsleitenden Vorstand der
Stadtverordneten ernannter Stadtverordneter als
Mitglied angehören. Im übrigen können die Mit-
glieder der Kommissionen aus dem Kreise der
aktivberechtigten Gem Genossen entnommen wer-
den; in die Armen--, Gesundheits- und Schul-
kommission müssen als Mitglieder auch Frauen
berufen werden, deren Zahl bis zu einem Viertel
der Mitgliederzahl betragen kann (GemO #28,
StO 27).
3. Die Mitglieder des Gemeinde-(Stadt-)Rates
werden mit Ausnahme des Ratschreibers in der
Regel vom Bürgerausschuß und zwar im Wege der
geheimen Wahl für eine gesetzlich festgelegte Zcit-
periode berufen. In den Gem mit weniger als
2000 Einwohnern erfolgt die Wahl aller Mitglie-
der des Gem Vorstandes in den Gem von 2000
bis 4000 Einwohnern die der Gemäte direkt
durch die Bürger und wahlberechtigten Einwoh-
ner (GemO u. StO §# 11). Die Bürgermeister
und der Oberbürgermeister werden auf 9 Jahre,
die Gem= und Stadträte auf 6 Jahre gewählt
und zwar die letzteren in der Weise, daß sich das
Kollegium alle drei Jahre zur Hälfte erneuert.
Wählbar zu einer Stelle im Gem= oder Stadtrat
ist jedes wahlfähige Gem Glied, dessen Wahlrecht
nicht ruht. Für die Erlangung des Amtes eines
Bürgermeisters oder Oberbürgermeisters ist keine
besondere wissenschaftliche oder technische Vor-
bildung verlangt; gewählt werden kann jeder nicht
im aktiven Militärdienst stehende, im Besitze der
bürgerlichen Ehrenrechte befindliche Deutsche, der
das 25. Lebensjahr zurückgelegt hat und bezüglich
dessen keine Voraussetzungen vorliegen, die bei-
den Wahlberechtigten ein Ruhen des Wahlrechtes
bewirken würden. Eine staatliche Bestätigung
greift weder hinsichtlich der Gem= und Stadträte
noch bezüglich der Bürgermeister oder der Ober-
bürgermeister platz. Die Staatsbehörde kann je-
doch, wenn in drei Tagfahrten eine gültige Wahl
nicht zustande kommt, auf ein bezw. zwei Jahre
einen Bürgermeister oder Oberbürgermeister von
sich aus ernennen (GemO § 15 ff; St O 8# 18 ff).
In allen Gem von mindestens 2000 Einwohnern
erfolgt die Wahl der Gem= und Stadträte nach den
Grundsätzen der Verhältniswahl (s. u.). Die Be-
rufung der gewählten Mitglieder des Bürgeraus-
schusses erfolgt in den St OStädten durch die
Stadtbürger, deren Bürgerrecht nicht ruht, in den
übrigen Gem durch die in gleicher Lage befind-
lichen Ortsbürger und wahlberechtigten Einwoh-