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Gemeinde (III.
Organisation)
Die Gem Vertretung besitzt kein Recht der Selbst-
versammlung; in gewissen Fällen, wenn eine
Vorstellung an den Landesherrn oder die Behör-
den, oder wenn eine Beschwerde gegen die Gem-
Verwaltung vorgetragen werden, ebenso wenn
ein von Mitgliedern der Vertretung gestellter auf
die Gem Verwaltung bezüglicher Antrag von der
Gem Verwaltung abgelehnt worden ist, kann
jedoch eine genügende starke Anzahl von Mitglie-
dern verlangen, daß der Bürgerausschuß oder die
Gem Versammlung einberufen werden. Bei den
Verhandlungen über Beschwerden gegen die
Gen Verwaltung führt dann in den St OStädten
in der Regel der Obmann der Stadtverordneten,
sonst der staatliche Bezirksbeamte den Vorsitz
(GemO 5# 53; St O 5l 51). In den St OStädten
können außerdem die Stadtverordneten von sich
aus in allen Gem Angelegenheiten Vorschläge
machen, über die der Stadtrat sich dem Bürger-
ausschuß gegenüber unter Umständen äußern muß
(StO 5s 62). Er ist dazu verpflichtet, sobald der
Stadtverordnetenvorstand die Anfrage weiter
gibt oder wenn ein Drittel der Stadtverordneten
dafür gestimmt hat. Die Geschäftsordnungen der
Gen Vertretung sind durch Reg Verordnung fest-
gelegt; in den St OStädten sind die Vorlagen des
Stadtrates zunächst dem Vorstande der Stadt-
verordneten zuzustellen (Bv. 23. 12. 74, seitdem
mehrfach geändert, für die St OStädte, und V
v. 30. 3. 03 für die übrigen Gemeinden).
4. Was das Verhältnis der unmittelbaren
Gem Organe zu einander angeht, so ist
das führende Organ innerhalb der Gem der
Gem Vorstand. Die Gem Vertretung kann ihn
zwar durch Verweigerung der von ihr verlangten
Zustimmung an der Vornahme gewisser Hand-
lungen verhindern, sie vermag denselben aber
nicht dazu zu zwingen, eine von ihm nicht ge-
billigte Maßnahme auszuführen. Ein in dieser
Richtung gemachter Vorschlag der II. Kammer
wurde bei der Beratung der letzten Novelle aus-
drücklich abgelehnt. Das der Gen Vertretung ein-
geräumte Initiativrecht hat, abgesehen von dem
Falle, daß eine Vorstellung an den Landesherrn
oder die Behörden beschlossen wird, immer nur
eine rein tatsächliche Bedeutung: die Gem Ver-
tretung wird nur zur „Vernehmung“ einberufen.
Das gleiche gilt für den Fall, wenn der Bürger-
meister oder Oberbürgermeister für sich allein
ohne Zustimmung des Gem Vorstandes die Ver-
tretung einberufen hat. Innerhalb des Gem Vor-
standes ist der Bürgermeister oder Oberbürger-
meister, wie bereits oben § 3 Z. 2 hervorgehoben,
in materieller Hinsicht den Beschlüssen des Kolle-
giums unterworfen; er ist keineswegs Vorgesetz-
ter der einzelnen Mitglieder und er ist auch zu
keinem dienstpolizeilichen Einschreiten gegen die-
selben befugt; nur den beigeordneten Bürger-
meistern gegenüber besitzt er außerhalb der Sitzun-
gen die Befugnis, dieselben als seine Amtsgehilfen
zu verwenden. Eine wesentlich andere Stellung
nimmt der Bürgermeister oder Oberbürgermeister
ein, wo er als Ortsvorsteher zu selbständiger Ver-
waltungstätigkeit berusen ist. Hier ist er vom
Gem Vorstand unabhängig. Auf dem Gebiete
der Verwaltung der Ortspolizei bedürfen jedoch
die von ihm zu erlassenden Vorschriften, die eine
fortdauernd geltende Anordnung enthalten, der
Zustimmung des Gem Vorstandes, wie der letztere
auch überall dann mitzusprechen hat, wenn es sich
um die Bestreitung von polizeilichen Kosten han-
delt, für die im Gem Voranschlag keine Deckung
shsehe ist (PolStGB # #23; GemD u. StÖ
66).
# 4. Rechtsstellung der mittelbaren Ge-
meindeorgane.
1. Die Zuständigkeit der Kommissionen be-
stimmt sich in einzelnen Fällen nach gesetzlichen
Vorschriften, so auf dem Gebiete der Unterrichts-
und Armenverwaltung (Armen G #s§ 27, 28;
Schul G v. 7. 7. 10 585 13 ff), im übrigen richtet sie
sich nach den sie begründenden Gemßeschlüssen
oder Ortsstatuten. Die Kommissionen sind dem
Gem Vorstand untergeordnet, der über Beschwer-
den gegen dieselbe vorbehaltlich des Rekurses an
die Staatsbehörden zu entscheiden hat (GemO
*28, StO 5 27). Eine Disziplinargewalt gegen-
über den einzelnen Kommissionsmitgliedern steht
dem Gem Vorstand nicht zu.
2. Die Rechtsverhältnisse der berufsmäßig im
Dienste der Gem tätigen Beamten entbehren bis
jetzt einer umfassenden gesetzlichen Regelung.
Die GemO befaßte sich im wesentlichen nur mit
den beiden notwendigen Beamten. Dem Rat-
schreiber und dem GemRechner, denen der dauern-
de Bezug ihrer Gehälter und Gebühren garantiert
und auf die, was die Dienstpolizei angeht, die be-
züglich der Mitglieder des Gem Vorstandes gelten-
den Vorschriften angewendet werden. Beide
Beamte wurden nach dem Sprachgebrauch des
Gesetzes mit den letztgenannten Personen als
„Gem Beamte“ im speziellen Sinne zusammen-
gefaßt. In diese Kategorie rechnet auch der zur
Führung eines Gem Grundbuchamtes angestellte
Beamte (AG zur GrBO 83). Den übrigen, Be-
amten der Gem geschah nur insofern Erwähnung,
als dem Bürgermeister gegenüber ihnen ein Ord-
nungsstrafrecht eingeräumt wurde. Sie wurden.
als Gem Bedienstete bezeichnet. Die StO hat
die in der GemO enthaltenen Vorschriften alle
mitübernommen, sie hat aber die beiden Beamten-
klassen als städtische Beamte“ zu einer Einheit zu-
sammengeschlossen, indem sie allen auf Lebens-
zeit angestellten Personen der genannten Kate-
gorien einen subsidiär eintretenden Pensionsan-
spruch gewährte, im übrigen aber die nähere Aus-
gestaltung der einschlägigen Rechtsverhältnisse
der ortsstatutarischen Regelung überließ. Auf
Grund dieser letzteren Ermächtigung sind denn
auch in den Städten der St den städtischen Be-
amten ähnliche Berechtigungen zuerkannt worden,
wie solche den Staatsbeamten zustehen. Bezüglich
der nicht kraft Gesetzes der St O unterstellten Gem
wurden durch das G v. 8. 7. 96 (neue Fassung v.
3. 9. 06) über die Fürsorge der Gem und Körper-
schaftsbeamten eine Versicherung für den Fall
der Dienstunfähigkeit und eine Reliktenversor-
gung vorgesehen, die für die Ratschreiber kraft
Gesetzes eintritt, und in die neben den übrigen
GemBeamten und Bediensteten auch die berufs-
mäßig tätigen Bürgermeister eintreten können.
Durch die Novelle v. 26. 9. 10. wurde den StO-
Städten die Erlassung eines die Beamtenver-
hältnisse regelnden Ortsstatuts zur Pflicht gemacht
und zugleich allen Gem mit mehr als 4000 Ein-
wohnern die Besugnis eingeräumt, eine analoge
Vorschrift (durch Statut) zu erlassen (GemO
#Ju 31, St O f8 31). Dabei wurde die bisher. nur in