Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
Elsaß-Lothringen 
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über dem Publikum, sowie die Kassenbeamten, 
nicht aber die technischen Hilfskräfte, das Bureau- 
personal und die Angestellten in gewerblichen 
Angelegenheiten. Die Eidesformel stimmt mit 
der der unmittelbaren Landesbeamten (Gv. 20. 
9. 71 5 10 überein. 
Das Dienstverhältnis legt den Gem Beamten 
ähnlich wie den Landesbeamten eine Reihe von 
Pflichten und Beschränkungen auf. So bedürfen 
sie zum Verlassen ihres Amtes eines vom Bürger- 
meister zu erteilenden Urlaubs (§18); ohne seine Er- 
laubnis dürfen sie keine Belohnung oder Geschenk in 
Bezug auf ihr Amt annehmen (7 28). Die Diszipli- 
narstrafen, die der Bürgermeister verhängen kann, 
bestehen in Ordnungsstrafen und Entfernung aus 
dem Amt. Die Ordnungsstrafen sind Warnungen, 
Verweise und Geldstrafen, sobald besoldete Gem- 
Beamte in Betracht kommen. Die Geldstrafen (618) 
dürfen den Betrag des halbmonatlichen Dienst- 
einkommens des Beamten nicht übersteigen und 
über ihn im Laufe eines Rechnungsjahres nur bis 
zur Höhe eines Monatsgehaltes verhängt werden. 
Vor der Verhängung der Geldstrase ist der Be- 
amte zu hören: sie hat unter Angabe der Gründe 
durch schriftliche Verfügung oder zu Protokoll 
zu geschehen, während Warnungen und Verweise 
ohne Beobachtung dieser Form erteilt werden 
können. Die Verfügungen des Bürgermeisters, 
die Ordnungsstrafen zum Gegenstand haben, 
sind endgültig; sie können von der Gem Aussichts- 
behörde nur wegen Verletzung einer Gesetzesvor- 
schrift oder wegen Nichtbeobachtung von Ver- 
fahrensvorschriften aufsgehoben werden. Die Ent- 
fernung aus dem Amt ist entweder eine vorüber- 
gehende (Dienstenthebung) oder eine endgültige 
(Dienstentlassung). Bei der Dienstenthebung wird 
dic Hälfte des Diensteinkommens innebehalten. 
Dienstenthebung und -Entlassung kann nur von 
den ständigen Beamten im Beschwerdewege an- 
gefochten werden (§5 27, 28). 
Die Höhe der Dienstbezüge bestimmt der Gemein- 
derat. Ueber die Beendigung des Dienstverhältnisses 
hinaus kann durch Gewährung von Ruhegehältern, 
Errichtung von Ruhegehaltskassen gesorgt werden. 
# 4. Der Gemeinderat. Der Gemeinde- 
rat vertritt die Gem Bürger bei der Verwal- 
tung der Gem Angelegenheiten. Abgesehen von den 
nicht gerade häufigen Fällen, daß die Wahlberech= 
tigten den Gemeinderat bilden — nur in Gem 
mit zwanzig oder weniger Wahlberechtigten (I+ 29) 
— wird der Gemeinderat gewählt. Aktiv wahl- 
berechtigt sind (I5 30) die männlichen Einwohner 
der Gemeinde, die die Reichsangehörigkeit be- 
sitzen, das 25. Lebensjahr zurückgelegt haben und 
in der Gem seßhaft sind. Die letzte Voraussetzung 
ist erfüllt bei mindestens dreijährigem Wohnsitz in 
der Gem oder bei mindestens einjährigem Wohn- 
sitz, sofern der Wahlberechtigte gleichzeitig ein 
Vohnhaus besitzt oder ein stehendes Gewerbe oder 
Landwirtschaft selbständig betreibt oder ein öffent- 
liches Amt ausübt oder Religionsdiener, Lehrer 
an öffentlichen Schulen oder Rechtsanwalt ist. 
Das Wahlrecht ruht für die zum aktiven Heere 
gebörigen Militärpersonen, mit Ausnahme der 
Militärbeamten. Das Wahlrecht ist ausgehoben 
für Personen, die entmündigt sind, für Personen, 
die eine Armenunterstützung aus öffentlichen oder 
Gen Mitteln beziehen oder in dem letzten der Wahl 
vorhergegangenen Jahre bezogen haben, für Per- 
  
sonen, die die Gem Abgaben für die letzten beiden 
Rechnungsjahre nicht vollständig berichtigt ha- 
ben, für Personen, die wegen bestimmter Ver- 
gehen oder Verbrechen verurteilt sind und endlich 
für Personen, über deren Vermögen der Konkurs 
eröffrnet worden sind. Jeder Wahlberechtigte 
kann nur in einer Gem sein Wahlrecht ausüben. 
Das passive Wahlrecht besitzen die wahl- 
berechtigten Einwohner der Gem, die zu einer 
der direkten Staatssteuern veranlagt sind oder 
die nicht in der Gem wohnenden Eigentümer von 
Grundstücken, sofern sie in der Gem ihres Wohn- 
sitzes wahlberechtigt sind (§ 31); „Inkomptabilitä- 
ten“ führen zu einer indirekten Beschränkung der 
Wählbarkeit (S 40). So können Gemeinderats- 
mitglieder nicht sein Beamte und Mitglieder der 
Gen Aufsichtsbehörden, der GemRechner und die 
von der Gem besoldeten Beamten, die im Amt 
befindlichen Religionsdiener und Lehrer an 
öffentlichen Elementarschulen, die Polizeibeamten 
und Gendarmen und die Militärpersonen des 
Friedensstandes. In kleinen Gem von 500 und 
mehr Einwohnern dürfen Vater und Sohn, 
Schwiegervater und Schwiegersohn, sowie Brü- 
der nicht zugleich Mitglieder des Gemeinderats 
sein. Niemand kann mehreren Gemeinderäten 
gleichzeitig angehören. Mitglieder, die nach ihrer 
Wahl die Wählbarkeit verlieren, scheiden aus dem 
Gemeinderat aus (§ 41). Wird das Recht zur 
Bekleidung der Stelle eines Mitgliedes des Ge- 
meinderats bestritten, so wird im Verwaltungs- 
streitverfahren (Bezirksrat, Kaiserlicher Rat) ent- 
schieden (§ 42). 
Die Wahl (sF 32—9) ist allgemein, direkt und 
geheim. Sie erfolgt auf Grund einer Wählerliste, 
die von dem Bürgermeister und zwei Gemeinde- 
ratsmitgliedern aufgestellt und zur Geltendmachung 
von Einwendungen eine bestimmte Zeitlang aus- 
gelegt wird. Der Bezirkspräsident kann nach An- 
hörung des Gemeinderats die Gem in Wahlbe- 
zirke einteilen. Jede Ortschaft mit eigenem Ver- 
mögen soll auf ihren Antrag hin, wenn sie minde- 
stens ein Gemeinderatsmitglied zu wählen hätte, 
einen Wahlbezirk bilden. Zum Zwecke der 
Stimmabgabe dürfen von dem Bürgermeister 
die Wahlbezirke in Stimmbezirke zerlegt 
werden. Die Ausübung der Wahl geschieht durch 
Stimmzettel, die zusammengefaltet sein müssen 
und die darauf verzeichneten Namen nicht erken- 
nen lassen dürfen. Die Ermittelung des Wahl- 
ergebnisses erfolgt in öffentlicher Verhandlung. 
Gewählt sind diejenigen, die in der Gem oder in 
dem Wahlbezirk die meisten Stimmen und zu- 
gleich mehr als die Hälfte der abgegebenen gülti- 
gen Stimmen erhalten haben. Erhalten mehrere 
Kandidaten dieselbe Anzahl von Stimmen und 
sind nicht mehr soviel Stellen im Gemeinderat zu 
besetzen, als Kandidaten mit gleicher Stimmen- 
zahl vorhanden sind, so entscheidet das vom Wahl- 
vorsteher zu ziehende Los. Ueber Einsprüche 
gegen die Gültigkeit der Wahl wird im Verwal- 
tungsstreitverfahren entschieden. 
Die Zahl der Gemeinderatsmitglieder rich- 
tet sich nach der Einwohnerzahl:; sie schwankt 
zwischen 10 und 36 Mitgliedern (T43). Die Amts- 
zeit beträgt sechs Jahre; erreicht die Zahl der er- 
ledigten Stellen ein Viertel der gesetzesmäßigen 
Zahl der Mitglieder, so sind Ersatzwahlen vorzu- 
nehmen (§ 45). 
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