IV. Gemeindeverwaltung
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v. 16. 9. 90, Pr. BBl XII, 139 (nach jetzigem
Rechte ist für die Haftung die Gesamtstellung
des Beamten entscheidend, und nicht die Art
der im Einzelfalle ausgeführten Arbeit).
Als eine den Gem doder einzelnen Organen
derselben vom Staate übertragene Auf-
gabe wird die Verwaltung der Ortspolizei auch
in den übrigen größeren Staaten Deutschlands
mit Ausnahme von Württemberg be-
zeichnet. In diesem Staate ist jedoch auf dem Ge-
biete der Sicherheits= und Gesundheitspolizei
die Aufsichtsbehörde in dringenden Fällen be-
rechtigt, an Stelle der Gemeinde die zur Wahrung
der öffentlichen Sicherheit und des allgemeinen
Wohles gebotenen Maßregeln zu treffen; ein der-
artiges Eingreifen kann indessen seitens der Gem
auf dem Verwechtswege angefochten werden
(W. GemO a 8, 194, 195). In Bayern und
Elsaß-Lothringen, wo durch Gesetz für
gewisse Städte ausnahmsweise die staatliche
Verwaltung der Ortspolizei angeordnet worden
(München, Straßburg, Metz und Mülhausen), ist
im übrigen die Zurücknahme der den Gem über-
wiesenen und von ihnen in ihrem Namen gehand-
habten Ortspolizeigewalt ebenso unzulässig wie
in Württemberg. In Baden kann die PolVer-
waltung den Gem nur in der Weise entzogen wer-
den, daß der Staat in dem betreffenden
Orte eine staatliche PolStelle einrichtet, aber
auch dann ist den Gem die Gemarkungspolizei
und die polizeiliche Vorkehr zur Sicherung der
GemAbgaben zu belassen (GemtSt)O (6; V v.
15. 6. 76 5 1). Bestellung besonderer Lokalpolizei-
beamten seitens des Staates ist auch in den hes-
sischen Städten zulässig (StO ## 55 ff), wo-
gegen in den dortigen Land Gem, wo den Gem Or-
ganen überhaupt nur einzelne wenige polizeiliche
Befugnisse zugewiesen sind, der Staatsverwaltung
weitergehende Eingriffsbefugnisse zustehen (LGO
553). In Sachsen kann den Städten die Ver-
waltung der Polizei aus Gründen des allgemeinen
Wohls oder der öffentlichen Sicherheit, ebenso
wegen ungenügender Geschäftsführung, durch
das Ministerium vorübergehend entzogen werden,
während in den Dörfern der Umfang der auch hier
grundsätzlich der Gem übertragenen Ortspolizei-
verwaltung durch die Staatsbehörde näher be-
stimmt, also auch der allgemeinen Gesetzesvor-
schrift gegenüber — und zwar dauernd — be-
schränkt werden kann. Für Leipzig und Dresden
gelten besondere staatlicherseits getroffene Ein-
richtungen (St O § 101, GemO #B74).
Die Kosten, die aus der Verwaltung der
Ortspolizei erwachsen, sind im Zweifelsfalle von
den Gem zu bestreiten. Aber auch da, wo der
Staat die Polizei selbst übernommen hat, erschei-
nen die Gem in größerem oder geringerem Um-
fange als verpflichtet zur Kostentragung (Preuß.
Gv. 11. 3. 50, § 3; V v. 20. 9. 67 und Polizei-
kosten G v. 3. 6. 08 — nach der Vorschrift dieses
Gesetzes werden die unmittelbaren Kosten der
Kgl Pol Verwaltung, deren wichtigste Gruppen
im #+2 aufgezählt sind, einschl, der Kosten für das
Nachtwachwesen, vom Staate bestritten, während
die Gem dazu ein Drittel beisteuern aber auch
zu einem Drittel an den Einnahmen teilnehmen —
bayr. GemO a 38; Sächs. StO § 101 Abs 4,
5s#103; LGO 5#75; W. GemO #145; Elf.-L. Gem-O
5s 65 Ziff. 6 und G v. 6. 7. O1; bad. GemO u. St
6 65; V v. 15. 6. 76: die bad. Gem haben von der
staatlich eingerichteten Polizeistelle /10 des Per-
sonalaufwandes und einen näher bezeichneten
sachlichen Aufwand zu bestreiten). Die vom bad.
V05P# bestätigte Praxis geht übrigens dahin, den
Gem auch hier die Kosten aller ortspolizeilichen
Einrichtungen und Maßnahmen aufzuerlegen
(vgl. hierzu Thoma, Der Polizeibefehl nach bad.
Recht 1 #& 19). In Hessen trägt die Kosten der
staatlich angestellten Ortspolizeibeamten der Staat,
die übrigen Kosten fallen den Gem zur Last
(StO 157, LGO 54).
Vollständig von der Zuständigkeit der Gem-
Organe pflegen die Eisenbahn-, Schiffahrts-,
Forst= und Bergpolizei ausgenommen zu sein.
Hier sind auch in der untersten Instanz entweder
die allgemeinen staatlichen Polizeiorganen oder
besondere staatliche Behörden berufen.
Als gemeindliche Ortspolizeibe-
hörde fungiert in der Regel nicht der kollegiale
Gem Vorstand, sondern der Vorsitzende desselben,
der Oberbürgermeister, Bürgermeister oder Orte-
vorsteher, so in den östlichen Provinzen von Preu-
ßen (StO ##62), in Westfalen (St O #62), Schles-
wig-Holstein (StO §# 89), Hessen-Nassau (StO
8 67), Hohenzollern (Gem O # 71), in den rechtsrh.
bayr. Land Gem (GemO a 138). In der Provinz
Hannover ist der Magistrat die zuständige Orts-
polizeibehörde, die Regierung kann jedoch aus
seiner Mitte eine Person bestimmen, welche die
Polizei verwalten soll. Ebenso ist in den rechtsrh.
bayr. Städten der Bürgermeister für sich allein
nur dann zur Ausübung der Pol Gewalt befugt,
wenn Geschäfte in Frage stehen, die sich nicht zu
kollegialer Behandlung eignen (GemO a 94);
in den sächs. Städten nur, wenn es sich um die
Sicherheitspolizei handelt (StO #§#f 10l). In
Mürttemberg hat der Gemat Beschluß zu fassen:
über Verfügungen, welche für fortdauernde Gel-
tung bestimmt sind, die ständige polizciliche Ein-
richtungen oder Anstalten neu einführen oder ab-
ändern, oder die mit Kosten für die Gem ver-
knüpft sind, unbeschadet des Eingriffsrechts des
Ortsvorstehers in dringenden Fällen; eventuell
ist auch die Genehmigung des Bürgerausschusses
einzuholen. In den großen und mittleren Städten
können dic polizeilichen Befugnisse des Ortsvor-
stehers durch Gem Satzung besonderen Beamten
übertragen werden, die eine bestimmte juristische
Qualifikation nachzuweisen haben (W. GemO
à 163, 165). In Baden bedarf der Bürgermeister,
von dringenden Fällen abgesehen, der Zustimmung
des GemRates, wenn etwa nötig werdende Auf-
wendungen im Gem Voranschlage nicht vorge-
sehen sind; außerdem hat derselbe sich hier in wich-
tigeren Angelegenheiten besonders auf dem Ge-
biete der Gemarkungspolizei mit dem GemfRate
vorher zu beraten (GemO u. StO s## 66, 67).
Näheres Polizeibehörden.
Ueber die Zuständigkeit zum Erlaß ortspolizei-
licher Vorschriften Polizeiverordnung.
## 4. Die Staatsaussicht über die Gemeinde-
verwaltung. Aus der Anerkennung der rechtlichen
Selbständigkeit der Gem folgt zwar für die letzteren
die Fähigkeit, für sich allein ohne das Hinzutreten
einer staatlichen Mitwirkung rechtsgültige Verw-
Handlungen vornehmen zu dürfen. Dieses Recht
ist jedoch nicht in vollem Umfange anerkannt.
Für eine Reihe von Handlungen der Gem, beson-