Gemeindevermögen
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gens zu laufenden Bedürfnissen. Im Großherzogtum
Hessen erfordert die Beräußerung von Gmd rund-
stücken staatliche Genehmigung (L v. 1873 1 47, StO
48). In Elsaß= Lothringen bedarf die Veräuße-
rung, Berpfändung von Grundstücken und Wertpapieren,
Kunstgegenständen pp. der Genehmigung durch den Be-
zirksprasidenten (Gem C für Els.-Lothringen v. 6. 6. 95 1 75).
58. Berwendung zu Gunsten Einzelner. Das
Gist, soweit es nicht unmittelbar für die Zwecke
der Verwaltung in Anspruch genommen ist, bezw.
als Bürgervermögen in der Benutzung der Gmd-
Glieder sich befindet, bestimmt, im Interesse der
Korporation finanziell nutzbar gemacht zu
werden. Hieraus folgt, daß der Ertrag in die Gmd-
Kasse fließt und eine Verwendung zum Besten der
einzelnen Mitglieder unzulässig ist. Der Konse-
quenz dieses Prinzips und der öfsentlich-rechtlichen
Aufsassung von der Gmd entspricht es, daß auch
die Verwendung der Ueberschüsse zum Vorteil der
einzelnen Mitglieder nach der Mehrzahl
der Gesetzgebungen ausgeschlossen ist.
Im Gegensatz zu dieser Auffassung haben sich in
den Landesgesetzgebungen des südlichen und west-
lichen Deutschlands, wohl in Wechselbeziehung
zu dem größeren Umfange, in dem hier ungeteiltes
(zmdEigentum sich behauptet hat, Ueberreste der
früheren, vorwiegend privatrechtlichen Auffassung
insofern erhalten, als unter gewissen Voraus-
setzungen, zu denen insbesondere die nachge-
wiesene Deckung der Sicherstel-
lung aller Gemeindebedürfnisse
gehört, eine Verteilung des Kämmecrei--
vermögens oder des Etats-Ueberschusses
an die Einzelnen stattfinden kann. Die Vor-
aussetzungen solcher Verwendung sind in den
Gesetzgebungen verschieden geregelt; die meisten
stimmen darin überein, daß die Zulassung von
einer nur auf Grund sorgsamer Prüfung durch
die Aufsichtsbehörde zu erteilenden Genehmi-
gung abhängig gemacht ist.
Eine Verwendung von Nutzungen des Kämmereivermö-
gens zum Vorteile der einzelnen Gmo lieder ist unzulässig
in Treußen alten Bestandes; dagegen gestattet die
naissauische Gem D v. 26. 7. 54 5f 44 (aufrechterhalten durch
*54 der h. nals. StO v. 1897 5 54 und der h. nass. Lo
v. 1897 1 40), die Hälfte des nach Bestreitung der Gmde-
dürfnisse und etwaiger Verwendungen zu kirchlichen Zwecken
noch verbleibenden Ueberschusses entweder zum Grundstock.
vermögen zu schlogen oder unter die Gmd Bürger zu ver-
teilen, wenn dies die Erhebung einer Gmd Steuer in den
nächsten Jahren nicht zur Folge hat und mindestens die
andere Hälfte für künftige größere Ausgaben zu Kapital zu-
rückgelegt wird. Der a 31 der Gem L für das rechterheinische
Bayern v. 29. 4. 69 bezeichnet die Verteilung von Ueber-
schüssen an die Gmd Bürger „nur dann als zulässig, wenn
alle Gmd Bedürfnisse ohnec Erhebung von Gmdumlagen und
örtlicher Verbrauchssteuer gedeckt sind und wenn größere
Ausgaben für außerordentliche Bedürinisse nicht in Auesicht
stehen“. a 27 a. a. O. läßt serner die Verteilung des Grund-
stockvermögens nur bei Gmd Gründen zur Förderung der
landwirtschaftlichen Kultur und nur gegen Auflegung eines
zum 25fachen ablösbaren Grundzinses zu, wenn / der Gmd-
Burger zustimmen und diese zugleich mehr als die Hälfte der
Grundsteuer entrichten. In Sachsen kann Bürger- und
Gmdt'sliedernutzungsrechten entsagt, auch können diese Rechte
auf die Stadt GEmd übertragen werden durch Beschluß von
St:adtrat u. Stadtverordneten (RevSt v. 1873, 18 11 u. (8.
Für Land Gmd (. & 11 der RL GT- v. 1873). Das württem-
vergische Verw.--Ed. v. 25. 9. 1819 4 42 gestattet die Ver-
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teilung von Ueberschüssen nur dann, „wenn alle Schulden
der Gmd abgetragen sind, für sämtliche Bedürfnisse derselben
hinreichend gesorgt ist und persönliche Abgaben und Dienste
von den Gmd Genossen nicht erhoben werden“. Nach a 15
Ziff. 9 G v. 21. 5. 91 ist zu einer derartigen Verteilung
die Genehmigung der Reg Bchörde erforderlich. Nach der
badischen Gem v. 1906 3 102 „sind die nach gesetzlicher
Bestreitung der Gmd Bedürfnisse noch vorhandenen Ueber-
schüsse zur Schuldentilgung zu verwenden, und wenn keine
Schulden vorhanden, zu Kapital anzulegen; die Größe der
Kapitalanlage richtet sich nach dem Werte der Gmocße-
bäude, welche durch ein Unglück zerstört werden können oder
wenigstens nach dem, was den höchsten Wert hat und nach
den wahrscheinlichen Kosten, welche Naturereignisse, denen
das Gmd Gut auggesetzt ist, außergewöhnlich veranlassen
können". Bleibt alsdann noch ein Ueberschuß, so kann die
Emd Versammlung dessen Verteilung, jedoch nur nach
Köpfen, beschließen. Eine Verteilung von Gmd Gut ist
ebenfalls nur unter ähnlichen Voraussetzungen zulässig
4## 131 ff. In beiden Fällen ist ouch hier nach 3172d Staats-
genehmigung erforderlich.
Was das Grundstock. und Stamm-
vermögen anbelangt, so ist mehrfach aus-
drücklich bestimmt, daß es nur ausnahmsweise
zu laufenden Zwecken Verwendung finden darf
(z. B. Bad. GemO v. 1906 f 66).
III. Gemeindegliedervermögen, Interessenten-
vermögen, Stiftungen
5s# 9. Abgrenzung. Das Gemeindeglie-
dervermögen (in den Städten Bürger-
vermögen genannt, sonst Allmende, Gemein-
heit usw.) ist nicht identisch mit dem G# Das
Eigentum an ihm wird zwar auch als der Gmd
zustehend betrachtet. Die Gmd Glieder aber oder
einzelne Gruppen von ihnen (z. B. Grundbe-
sitzer usw.) haben auf Grund ihrer Gmd Zugehö-
rigkeit ein Nutzungsrecht an dem Vermögen.
5s 68 der preuß. östl. LG#O definiert das Gmd-
Gliedervermögen als „diejenigen Vermögens-
gegenstände, deren Nutzungen den Gmd Angehö-
rigen oder einzelnen derselben vermöge dieser
ihrer Eigenschaften zukommen".
Die Umwandlung von Kämmereivermögen in
Gmd Gliedervermögen und umgekehrt ist nicht
grundsätzlich unmöglich. So gestattet die östl. LGO
v. 1891 & 69 in Preußen eine Umwandlung
des ersteren in letzteres, „wenn die Gmd schulden-
frei ist und durch eine solche Veränderung weder
die Einführung neuer GmdAbgaben noch auch
die Erhöhung bestehender für absehbare Zeit er-
forderlich wird“ und das umgekehrte — aber nur
mit Genehmigung des Kreisausschusses — mit
der Einschränkung, daß Nutzungerechte, welche
nicht den sämtlichen sondern nur einzelnen Gmd-
Gliedern oder Einwohnern, als solchen, zustehen,
durch Gmdheschluß den letzteren wider ihren
Willen nicht entzogen oder geschmälert werden
dürfen (anders östl. St O v. 1853 K 49).
Da der Rechtstitel des Nutzungsrechts am
Gin Gliedervermögen einöffentlich -recht-
licher ist, ist der ordentliche Rechtsweg bei
Streitigkeiten ausgeschlossen, und da, wo eine
Verwaltungsgerichtsbarkeit, wie in Preußen, be-
steht, nur das Verweschlußverfahren mit nach-
folgendem Verw Streitverfahren zugelassen. Der
ordentliche Rechtsweg ist dagegen zulässig bei
dem