Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
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Gemeinde (IV. Vermögensverwaltung) 
  
Namentlich hatte die Miquelsche Kommunal= 
steuerreform die Absicht, die Erträge der Gem 
aus Beiträgen wesentlich zu steigern (§#§# 9 u. 10 
— Anliegerbeiträge —). Doch wurde hier — be- 
sonders wegen der Umständlichkeit des Verfahrens 
— die Absicht noch in wesentlich geringerem Maße 
erreicht, als bei den Gebühren. Während 1895/96 
die Beiträge (einschl. Anliegerbeiträge) in den 
Stadtgemeinden Preußens 2 842 000 Mk. 
1,5% des Finanzbedarfs ausmachten, stieg ihr 
Betrag bis 1905 allerdings auf 6 788 000 Mk., 
vermochte aber auch dann nur 1,8% des ge- 
samten Finanzbedarfs zu decken. 
Für Preußen wurden zuerst die sog. „Anliegerbei- 
träge“" (G v. 2. 7. 75 betr. Anlage und Beränderung von 
Straßen und Plätzen in Städten und ländlichen Ortschaften) 
gesetzlich fixiert. Eine generelle Regelung des Begriffs und 
Anwendungsgebietes, sowie des formalen Berfahrens traf 
sodann 1 9 des KommAbg G. Danach können Gemeinden 
behufs Deckung der Kosten der Herstellung und Unterhaltung 
von Beranstaltungen, welche durch das öffentliche Interesse 
erfordert werden, von denjenigen Grundeigentümern und 
Gewerbetreibenden, denen hierdurch besondere wirtschaft- 
liche Borteile erwachsen, Beiträge zu den Kosten der 
Veranstaltungen erheben. Die Beiträge sind nach den Bor- 
teilen zu erheben. Ihre Erhebung muß erfolgen, wenn an- 
dernfalls die Kosten, einschließlich der Ausgaben für Ber- 
zinsung und Tilgung des ausgewendeten Kapitals durch 
Steuern aufszubringen sein würden. Plan der Veran- 
staltung nebst Kostennachweis ist offenzulegen, der GemBe- 
schluß bekannt zu machen. Dagegen sind Einwendungen, 
sowie Beschwerden zulässig. Eine Zusammenstellung des 
kurzen Inhalts der oberverwaltungsgerichtl. Entscheidungen 
zu 19 s. im Preuß. BVerw. Bltt. Jahrg. XXXII S. 115. 
S. neuerdings auch G v. 18. 8. 02 wegen Vorauslei= 
stungen zum Wegebau. 
In Bayern behandelt die GemO „Beiträge“ nicht 
besonders. Man könnte sie als „börtliche Abgaben“ (a 40) 
mit Genehmigung des Ministers einführen. Beiträge fünden 
sich auch in den Bauordnungen (zur Herstellung der Straßen). 
Für Sachsen s. unter 4 4. : 
Das württembergische Gesetz betr. die Be- 
steuerungsrechte der Gem und Amtskörperschaften von 1903 
verweist wegen Erhebung von Beiträgen auf besonderes 
Gesetz (a 2), umgrenzt im übrigen den Begriff ähnlich wie 
Preußen. 
Für Baden ist maßgebend der 1 69 der GemO 
und St- in der durch die neue Gesetzgebung geäuderten und 
vervollständigten Fassung (Bek v. 19. 10. 06, GS 534). Die 
Fassung weicht mehrfach von der preußischen ab. Sie lautet 
in Abs 1 u. 2 wie folgt: (Abs 1) „Wenn durch Veranstal- 
tungen, welche von der Gemeinde im öffentlichen oder 
gemeinwirtschaftlichen Znieresse ausgeführt, un- 
terhalten oder in Betrieb genommen werden, für einzelne 
Besitzer oder Unternehmer oder für abgegrenzte 
Teile der Gemarkung besondere Vorteile darge- 
boten oder bestimmte Nachteile abgewendet 
werden, oder wenn die Nutzung von einzelnen Beteiligten 
dieser Art in besonderem Maße in Anspruch 
genommen wird, kann durch Gem Beschluß mit 
Staatsgenehmigung bestimmt werden, daß die Beteiligten 
zur gänzlichen oder teilweisen Deckung der durch die Her- 
stellung, Unterhaltung oder den Betrieb erwachsenden 
Kosten besondere Beiträge zu entrichten haben. (Abs 2) Die 
Beiträge sind nach der Größe der gebotenen Vorteile oder 
abgewendeten Nachteile oder des durch ihre besondere In- 
anspruchnahme verursachten Kostenaufwands zu bemessen, 
wobei auch die Leistungen, welche die betr. Per- 
sonen aufs Grund ihrer allgemeinen Gemein- 
  
desteuerpflicht oder kraft freiwilliger 
Uebernahme an die Gemeinde zu machen 
hoben, sowie die Borteile, die aus dem 
Besitz und den Unternehmungen der Bei- 
zuziehenden sonst der Gemeinde zugehen, 
in billiger Weise zu berücksichtigen sind. 
In den GemOrdnungen von Hessen und Elsaß-Loth- 
ringen werden die Beiträge nicht besonders behandelt. 
B. Gemeindestenern. 
z 6. Bedeutung und Umbildung der Gemelndesteuern. 
I. Allgemeines. 1 7. Begriff. Direkte und in- 
direkte Steuern. 1 8. Zuschläge zu den Staatssteuern 
und selbständige Steuern. 5 9. Allgemeine und Zweck- 
oder Spezialsteuern, Orts-, Interessenten= und Genossen- 
schaftssteuern. #& 10. Gebiet der Gemeinde-Autonomie. 
Steuerregulativel-ordnungen). 
II. Richt= und Grundlinien der einzel. 
staatlichen Besteuerungssysteme. 1. Der 
Herrschaftsbereich im Reichs= und Landesrecht. 
5 11. Reichsgesetzliche Beschränkungen. 1 12. Aufgabe der 
Landesgesetzgebung. 2. Die Gemeindebesteuerungs- 
systeme der einzelnen Staaten. 113—16. Preu- 
ßen. 4 17. Bayern. 4 18. Sachsen. 1 19. Württemberg. 
z 20. Baden. 1 21. Hessen. # 22. Elsaß-Lothringen. 
III. Inhalt und Umfang der Besteue- 
rungsge walt. 1 23. Begriff und Subjekt. 1 24. Be- 
grenzung der Steuergewalt: Grundsätzliches. 4 25. Einzel- 
heiten: Preußen. ## 26. Andre Gliedstaaten. # 27. Befrel- 
ungen; ermäßigte oder begrenzte Beranlagung. 
IV. Die einzelnen Stadien des Besteue- 
rungsverfahrens. 4 28. Veranlagung und Beru- 
fung. 1 29. Einziehung und Beitreibung. §s 30. Strafen 
und Nachbesteuerung. 
6. Einleitung. Wachsende Bedentung und 
aualitative Umbildung der Gemeindestenern. 
Der Gebrauch, den in früheren Jahrhunderten 
die Gem von der Besteuerung machten, war ein 
eingeschränkter; nur allmählich hat derselbe wäh- 
rend des 19. Jahrhunderts an Ausdehnung ge- 
wonnen, bis er in den letzten Jahrzehnten zu dem 
jetzigen erheblichen, noch immer wachsenden Um- 
fange emporgestiegen ist. Jene geringere Be- 
deutung der St für den Haushalt der Gem in 
der Vergangenheit beruhte einmal darauf, daß 
in der Befriedigung der administrativen Bedürf- 
nisse die unmittelbare Verwendung von Gem- 
Vermögen, sowie von Diensten und Natural- 
leistungen der Gem Angehörigen, wie dies der 
herrschenden Naturalwirtschaft entsprach, 
eine vorwaltende * Stellung einnahm, sodann 
aber auch darauf, daß die Bedürfnisse an 
sich weniger umfangreiche waren und 
der privatwirtschaftlichen Auffassun 
der Gem WVirtschaft gemäß die Ausgaben na 
den Einnahmen bemessen wurden. Eine Ver- 
änderung erfuhr das Verhältnis zuerst in den 
Städten. Das engere Zusammenwohnen 
einer zahlreichen Bevölkerung und das intensiver 
entwickelte Gemeinleben riefen hier eine Reihe 
von Aufgaben so gebieterischer Natur hervor, daß 
ihre Erfüllung von dem Maße der vorhandenen 
Mittel nicht abhängig gemacht werden lonnte, 
vielmehr Anlaß zu einer Erweiterung der 
Mittelbeschaffung wurde. Andererseits 
steigerte das Verschwinden der Naturaldienste 
und Naturalleistungen, welche mit dem städ- 
tischen Erwerbsleben sich nicht mehr vereinigen
	        
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