Gemeindeabgaben (Steuern)
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gen, baß ein reines Zuschlagssystem den Bedürfnissen der
Gegenwart nicht voll Rechnung trägt, namentlich dann nicht,
wenn die mit Zuschlägen belegten Grund St auf alten Ka-
tastern und auf Ertragschätzungen zurückliegender Zeit-
perioden beruhen, auch die staatlichen Gewerbe St mehr auf
den Ertrag als auf Anlagekapital, Beamten- und Arbeiter-
zahl, Umfang des Geschäfts usw. aufgebaut sind. Bei dem
starken Steigen des Gem Aufwands ist die vollste Ausnutzung
der vorhandenen StQuellen unumgänglich notwendig und
in den Staaten mit reinem Zuschlagssystem wird nament-
lich in den größeren Gemeinwesen die Einschränkung in der
Gem St Autonomie recht drückend empfunden (Ehrler,
Orgamsation und Entwicklung des badischen Gem St Systems
in den Schriften f. Sozialpolitik Bd. 126 S 181 ff). Zu
große Ausdehnung der Autonomie kann freilich auch zu einer
nunerwünschten Buntscheckigkeit und Vielgestaltigkeit führen
(v. Nostiz 247 f0.
Bei den indirekten Gemt sind zwar in
den Staaten, welche dem Zuschlagssystem huldi-
gen, auch zu indirekten St, wo solche vom Staat
erhoben werden, mehrfach Zuschläge üblich
(z. B. in Hessen bei der Hunde St, bei der Besitz-
wechselabgabe — G v. 28. 3. 07, in Württemberg
und Baden bei den Umsatz t), dagegen findet
sich auch in den Zuschlagsländern auf indirektem
St Gebiete ein größeres Maß von Gem Autonomie
bei den für die der Staatsbesteuerung nicht zu-
gänglichen Verbrauchsabgaben (Oktrois) vor. Nur
bei der Bier St# findet man auch Zuschläge zur
staatlichen (Bayern: Malzaufschlag) oder Reichs-
brau St. Die Warenhaus St (NI# (u. a. in Baden), die
Lustbarkeits- und Hunde St, sowie Schankkonzes-
sions St beruhen meist auf besonderen Gem St-
Ordnungen.
s 9. Allgemeine und Zweck= oder Spezial-
stenern; Orts-, Interessenten= und Genossen-
schaftsstenern. Die Schwierigkeiten, welche bei
der Ausdehnung der Finanzwirtschaft des Staats
einer Spezialisierung der StErhebung nach den
aus dem Ertrage zu bestreitenden Ausgaben ent-
gegenstehen, sind die Hauptursache, daß Staats St
für bestimmte Zwecke, wie dies beispielsweise die
hier und da für die Fertigstellung oder Unterhaltung
des Katasters erhobenen Zuschläge zur Grund St (#
sind, nur selten vorkommen. Wenn derartige St
auch in der Finanzwirtschaft der Gem, wo die
Wechselbeziehung zwischen Mitteln und Ver-
wendungszwecken leichter aufrecht erhalten wer-
den kann, etwas mehr Berechtigung zu haben
scheinen, werden sie doch auch hier mit wachsender
Gem Tätigkeit und Vereinheitlichung des Etats--,
Kassen= und Rechnungswesens immer mehr an Be-
deutung verlieren. Nicht selten findet die Erhe-
bung der Zweck St darin eine Grundlage, daß
ein durch räumliche oder qgualitative
Merkmale abgegrenzter Kreis von GemGenos-
sen bei dem Ausgabezweck ausschließlich oder
vorwiegend interessiert ist, wodurch es sich als-
dann rechtfertigt, daß der betreffende Aufwand
ganz oder zu einem entsprechenden Teile den An-
gehörigen dieses Interessentenkreises in Gestalt
der Zweck St zur Last gelegt wird. Ein Fall dieser
Art liegt dann vor, wenn die Ausgabe lediglich
das Interesse einer zur Gem gehörigen Ort-
schaft berührt. Dic alsdann von den Einwoh-
nern der Ortschaft erhobene St ist als eine be-
sondere Art der Gem St unter der Bezeichnung
Ortssteuer von einzelnen Gesetzgebungen
audsdrücklich vorgesehen (z. B. Elsaß-Lothringen
Gv. 7. 7. 97, die bayerischen Gem O a 153 bezw.
85 und das neue bayerische Umlagen G v. 14. 8.
10 a 36, 37). Bei eigentlichen Zweck St beruht
die Abgrenzung des Interessentenkreises nament-
lich auf der Gemeinsamkeit gewisser Vermö-
gensrechte, insbesondere des Grundeigen-
tums oder gewisser Arten desselben. Ist ein sol-
cher Interessentenkreis zu einer nach außen her-
vortretenden oder auch nur die Regelung der
inneren Angelegenheiten bezweckenden Gemein-
schaft organisiert, so bezeichnet man die St als
Genossenschaftssteuer, die in manchen
ihrer Anwendungen sich denen des Gebühren-
prinzips nähert. Eine feste Begriffsbestimmung
ist indessen für die meisten dieser Formen in den
Gesetzgebungen nicht zur Ausbildung gebracht
worden.
Wenn es sich nur um eine sog. Mehr- oder
Minderbelastung einzelner Teile des
Gem Bezirks oder einzelner Klassen von Gem-
Angehörigen handelt, wie sie in Preußen vor-
gesehen ist (Komm Abg G # 20), kann es zweifel-
haft sein, ob man überhaupt von einer ZweckSt
im strengen Sinne sprechen kann. Zweck St im
engeren Sinne d. h. Sonder St für spezielle Verw-
Zweige sind nach dem Preuß. Komm Abg G über-
haupt nicht mehr zulässig, § 17 Komm Abg G und
E. des O## v. 17. ö. 01 II 805, Pr. VBI 20,
474; 24, 214, Ausf. Anw. Anm. 1.7
Eine Hinweisung auf die Form der Znteressenten St
enthielt u. a. die LO für die Provinz Westfalen
v. 19. 3. 56, indem sie — 156 — bestimmte, daß, wenn das
Bedürfnis und das Interesse einzelne Klassen von Gem Glie-
dern oder einzelne für sich bestehende Abteilungen des Gem-
Bezirks betrifft, auch nur diese die zur Befriedigung des-
selben nötigen Geldbeiträge und Dienste zu leisten haben.
(Aehnlich die östl. LGO v. 1891 #& 14.) — Neuerdings regelt
* 20 Komm Abg die Materie für ganz Preußen wie
folgt: Handelt es sich um Veranstaltungen, welche in be-
sonders hervorragendem oder geringem Maße einem Teile
des Gem Bezirks oder einer Klasse von Gem Angehörigen
zustatten kommen, und werden Beiträge nach 18 9 und 10
nicht erhoben, so kann die Gem eine entsprechende
Mehr= oder Minderbelastung dieses Teils des GemBezirks
oder dieser Klasse von Gem Angehörigen beschließen. Bei
der Abmessung der Mehr- oder Minderbelastung ist nament-
lich der zur Herstellung und Unterhaltung der Beranstaltun-
gen erforderliche Bedarf nach Abzug des etwaigen Ertrags
in Betracht zu zichen. (S. aber auch Novelle v. 24. 6. 06).
Der Beschluß bedarf der Genehmigung. Aehnliche Bestim-
mungen gelten für Kreise und Provinzen.
Die Vorschrift der alten badischen Gem, wonach
die Deckung für solche von der Gem übernommene Ausga-
ben, durch welche zunächst eine Verbindlichkeit einer
Klasse von Gem Angehörigen oder Besitzern erfüllt wird, in
erster Linie durch Erhebung von Umlagen nach einem be-
sonderen, der Beteiligung an der die Ausgabe veranlassen-
den Einrichtung entsprechenden Umlagefuß zu suchen war
(1 76), ist durch den jetzigen 3 71 der Gem O v. 1906 abge-
ändert worden, wonach in solchen Fällen in erster Linie auf
Beiträge und Gebühren zurückgegrifsen werden solle. —
Besonders eingehend ist die Ortssteuer geregelt in der
bayerischen Gemd v. 29. 4. 69 1 45 Abs 2 (für die
Pfalz a 36, in Zukunft in den a 36—41 des Umlage G v.
14. 8. 10).
8 10. Gebiet der Gemeinde-Autonomie; Ge-
meindesteuer-Ordnungen, „Regulative. Im Falle
der selbständigen Gem Besteuerung handelt es sich
der Regel nach darum, mittelst von den Gem-